Efficiency-Gap-Analyse am Neubau zeigt Potenzial für Optimierung auf
Wie viel Energie spart ein Ersatzneubau? Für das Kantonsspital Winterthur analysierte die EKZ-Energieberatung nebst dem Bettentrakt-Neubau das ganze Areal.
Wie viel Energie spart ein Ersatzneubau? Für das Kantonsspital Winterthur analysierte die EKZ-Energieberatung nebst dem Bettentrakt-Neubau das ganze Areal.
Verfasst von Thomas Elmiger
Das Kantonsspital Winterthur (KSW) ist das grösste Spital in der Region. Mehr als 4000 Mitarbeitende behandeln, pflegen und betreuen hier Patientinnen und Patienten. Im Jahr 2022 waren es rund 27’000 stationäre Fälle sowie mehr als 320’000 ambulante Konsultationen.
Im Spitalhochhaus aus den späten 1960er Jahren waren die Zimmer zu klein geworden für zeitgemäss effizientes Arbeiten, die Technik zu alt, und auch energietechnisch war das Gebäude nicht mehr auf einem akzeptablen Stand.
Der Rückbau des alten Gebäudes – einst das höchste Hochhaus in Winterthur – drängte sich auf, vorab musste aber ein moderner Ersatz geschaffen werden.
Nach fünfjähriger Bauzeit konnte der Neubau «Didymos» im Februar 2022 in Betrieb gehen. Der langgestreckte neue Bettentrakt erfüllt den Standard Minergie P Eco, verfügt über zehn Etagen und als Verbindung zu bestehenden Gebäuden einen Eingangstrakt mit sieben Geschossen.
Der Hauptzugang wurde von der Südseite des Spitals an die Ostseite des neuen Eingangstrakts verlegt. Der Einzelzimmer-Anteil im Neubau ist deutlich grösser als früher, die verfügbare Geschossfläche konnte der gewachsenen Nachfrage angepasst werden.
Die Verantwortlichen des KSW beauftragten die EKZ-Energieberatung mit der Analyse verschiedener energetischer Aspekte. Neben einer Efficiency-Gap-Betrachtung für den Neubau umfasste das Projekt auch einen Vorher-Nachher-Vergleich für das ganze Areal.
Der Vergleich des Spitalcampus mit dem alten Gebäude und mit dem Neubau zeigt ein erfreuliches Fazit: Sowohl die Emissionen als auch die Energieverbräuche sind heute tiefer, obwohl die Nutzfläche vergrössert und die Anzahl Betten erhöht wurden. Relevante Kennzahlen:
Eine Efficiency-Gap-Analyse sollte überprüfen, wie stark die Energieverbräuche des Neubaus «Didymos» von den Werten aus der Planung abweichen und Gründe für allfällige erhöhte Energieverbräuche aufzeigen.
Aus so einer Untersuchung können Ansätze zur Verbrauchssenkung abgeleitet werden. Massnahmenvorschläge, die eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten lassen, werden anschliessend eingeplant.
Es ist keineswegs aussergewöhnlich, wenn ein Gebäude mehr Energie verbraucht, als im Voraus errechnet worden ist. «In der Praxis finden wir immer eine Differenz zwischen den Planwerten und dem Betrieb vor», betont Ralf Aregger, Teamleiter der Energieberatung für Geschäftskunden bei EKZ. Oft sei dies auf Einstellungen zurückzuführen. Rund zwei bis drei Jahre dauert es gemäss seiner Erfahrung, bis ein Gebäude optimal eingestellt ist.
Auch im Fall des Winterthurer Spitals ergab die Efficiency-Gap-Analyse noch Verbesserungspotenzial. Überprüft wurden die haustechnischen Anlagen für Heizung, Lüftung, Klima und Elektro einschliesslich Beleuchtung, und überall zeigten sich kleinere oder grössere Chancen für Optimierungen.
Bei der Wärme für Heizung und Warmwasser war ein Bedarf von gut 1’940 MWh (thermisch) erwartet worden, was einem spezifischen Wert von 53,8 kWh pro Quadratmeter und Jahr entspricht.
Der effektiv gemessene Wärmebedarf von Juni 2022 bis Mai 2023 lag jedoch bei 2’223 MWh oder 61,6 kWh/m2 jährlich. Die Gründe für den Mehrverbrauch von 14,5 % seien in Einstellungen der technischen Anlagen, im Schattenwurf des benachbarten Hochhauses und den Arbeiten zur Fertigstellung der Nordseite zu suchen, so Aregger.
Die Haustechnik sollte während der ersten zwei bis drei Jahre stetig überprüft und einreguliert werden, damit die Anlagen optimal aufeinander abgestimmt sind.
Michael Meier, Leiter Gebäudetechnik am KSW, freut sich, beim Energieverbrauch noch Einsparungen anvisieren zu können. Insgesamt ist er mit dem Neubau aber sehr zufrieden: «Die Begeisterung im ganzen Haus ist gross und hält an. Wir sind froh, dass die viele Arbeit zu einem derart überzeugenden Ergebnis geführt hat.»
Ralf Aregger geht davon aus, dass mit einer mehrjährigen Betriebsoptimierung die ganze Differenz von gut 14 % behoben werden könnte. Als erste Massnahme erstellte die EKZ-Energieberatung aber vorab eine Potentialanalyse mit 26 Vorschlägen, mit denen sich rund 5 bis 7 % Verbrauchsreduktion erzielen lassen dürften.
Für Urs Holzer, Leiter Technik am KSW, ist die Haustechnik im Neubau ein Quantensprung. Die Digitalisierung erfordert eine neue Denkweise, vom «Management by Schraubenzieher» zur Systemoptimierung am Laptop. Im Filmbericht von Tele Top gibt Urs Holzer einen Einblick in die Arbeit seines Teams und weist auf wichtige Nachhaltigkeitskriterien hin.
«Die Inbetriebnahme lief mustergültig ab», kann Michael Meier zufrieden konstatieren. Auch die Unterstützung durch die EKZ-Energieberatung war für ihn sehr wertvoll: «Alleine hätten wir das nicht geschafft – nur schon zeitlich.»
Letztlich liegt die Umsetzungsverantwortung beim Auftraggeber. Am KSW sind die Voraussetzungen ausgezeichnet, ist Ralf Aregger überzeugt: «Das gesamte Team arbeitet akribisch darauf hin, die technischen Anlagen optimal einzustellen.» Dabei behalten Urs Holzer, Michael Meier und ihre Fachleute nicht nur die Energieverbräuche im Blick, sondern wandeln zielsicher auf dem schmalen Grat zwischen Nutzerbedürfnissen wie Komfort und Behaglichkeit sowie möglichst sparsam eingestellter Technik.
Um die Effizienz im Anschluss an die Massnahmen der Potentialanalyse langfristig zu optimieren, kommen künftig weitere Massnahmen in Betracht. «Die Energieverbräuche im Auge zu behalten, wird sich auszahlen», ist sich EKZ-Berater Ralf Aregger sicher. Er weiss aus Erfahrung: Bei der Umsetzung der empfohlenen Massnahmen können erneut Abweichungen entstehen, darum ist eine laufende Überprüfung unbedingt zu empfehlen. «Auch die Schulung der Mitarbeitenden ist jeweils ein Thema, das nicht nur dem ressourcenschonenden Betrieb, sondern auch der Arbeitszufriedenheit dienlich ist.»
Was schon jetzt sicher ist: Dank dem Neubau kann das Kantonsspital Winterthur die Gesundheitsversorgung in der Region auch in Zukunft mit modernster Technik und Infrastruktur effizient sicherstellen.
Titelfoto
Kantonsspital Winterthur (KSW)
KSW «Didymos»
Als Digital Projektmanager der EKZ-Energieberatung ist Thomas Elmiger verantwortlich für die Webangebote www.enex.me, www.energie-experten.ch und www.energiefranken.ch.
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