Immer mehr Hauseigentümer lassen sich auf dem Dach ihrer Immobilie eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) installieren. Nach dem Auslaufen der kostendeckenden Einspeisevergütung ist seit dem 1. Januar 2018 die Einmalvergütung (EIV) als neues Förderinstrument an deren Stelle getreten. Gesuchsteller müssen sich aufgrund der grossen Nachfrage nach Förderbeiträgen bei grossen PV-Anlagen (ab 100 Kilowatt Nennleistung) auf Wartezeiten von zwei Jahren einstellen. Mit einem Contractingvertrag eröffnet sich für Besitzer grosser Dachflächen eine neue Möglichkeit eine PV-Anlage installieren zu lassen und somit sauberen Strom direkt vom eigenen Dach zu beziehen.
Beim PV-Contracting stellt ein Gebäudeeigentümer dem Contractor eine ungenutzte Dachfläche über eine vereinbarte Laufzeit für die Installation und den Betrieb einer Photovoltaikanlage zur Verfügung. Ein Contractingvertrag hat in der Regel eine Laufzeit von 25 Jahren. Während dieser Zeit verpflichtet sich der Contractor, den Solarstrom vom Dach dem Kunden zum festgelegten Preis zu liefern. Im Gegenzug verpflichtet sich der Kunde, den vor Ort produzierten Solarstrom dem Contractor abzunehmen.
Unveränderlicher Stromtarif während der Vertragslaufzeit
«Gemeinden und Gewerbetreibenden bietet das Contracting-Modell mehrere Vorteile: Sie binden keine finanziellen Mittel in eine PV-Anlage und können sich somit auf ihre Kernaufgaben konzentrieren», sagt Werner Erismann, Leiter Anlagenbau Erneuerbare Energien bei EKZ. Der Contractor übernimmt aber nicht nur die Anfangsinvestition in die Anschaffung der Anlage, sondern auch sämtliche Betriebs- und Wartungskosten. All diese Aufwendungen (Kapital-, Amortisations- und Wartungskosten) werden entsprechend vom Contractor in den Contractingtarif eingepreist. Dabei verrechnet der Contractor die effektiv gelieferte und zeitgleich verbrauchte Elektrizität an den Vertragspartner.
Falls mehr Energie produziert als vor Ort verbraucht wird, verkauft der Contractor diesen überschüssigen Strom am Markt.
Die Frage, ob eine PV-Anlage gekauft oder im PV-Contracting umgesetzt wird, hängt stark von der Eigenkapitalstruktur des Gebäudeeigentümers sowie vom allgemeinen Zinsniveau ab. «Bei einem niedrigen Zinsniveau wird der Gebäudeeigentümer eher selbst investieren, während ein hohes Zinsniveau wahrscheinlich eher die Nachfrage nach Contracting begünstigt», erklärt Erismann.
Kunden mit einem grösseren Energiebedarf haben die Möglichkeit, das PV-Contracting mit weiteren Energieprodukten zu kombinieren. «Für Kunden mit einem Strombezug von über 100’000 Kilowattstunden pro Jahr bietet EKZ zusätzlich zum PV-Contracting einen Stromliefervertrag für den Netzbezug an», sagt Erismann. Im Fall von Liegenschaften, in denen Eigenverbrauchsgemeinschaften gegründet werden, kann EKZ laut Erismann alle Dienstleistungen für das Messen und Abrechnen übernehmen.
Welche Faktoren den Erfolg einer PV-Anlage beeinflussen
Der PV-Markt ist ein Wachstumsmarkt mit einem derzeitigen Marktvolumen von ca. 250 Megawatt Nennleistung Zubau pro Jahr. Nach einer Stagnation des Schweizer Photovoltaikmarktes 2017, geht Swissolar für 2018 wieder von einem Wachstum aus. «Die stärksten Treiber für den PV-Markt sind fallende Komponentenpreise und die versorger- und kundesegmentspezifische Stromtarifstruktur», sagt Erismann. PV-Anlagen seien, wenn sie unter guten Voraussetzungen gebaut werden, durchaus konkurrenzfähig mit Strom aus dem Netz.
Zu den Faktoren, die den wirtschaftlichen Erfolg einer PV-Anlage mitbestimmen, zählen eine günstige Dachausrichtung und eine hohe Eigenverbrauchsquote. Der Vorteil der eigenen PV-Anlage ist in Gebieten mit höheren Strompreisen stärker ausgeprägt. «Als weiteren wichtigen Treiber sehen wir das von den Kantonen erarbeitete Gesamtpaket für Gebäude, die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich MuKEn», sagt Erismann. Gemäss den Vorgaben der MuKEn soll Eigenstromproduktion einen wesentlichen Teil der Energieversorgung von Gebäuden bilden. Die im, auf oder am Gebäude installierte Elektrizitätserzeugungsanlage bei Neubauten muss mindestens 10 Watt pro Quadratmeter Energiebezugsfläche betragen, wobei nie 30 Kilowatt Nennleistung oder mehr verlangt werden. Zudem soll die Wärmeversorgung von Gebäuden in Zukunft zu mindestens 10 % mit erneuerbaren Energien abgedeckt werden. In beiden Fällen kann Photovoltaik einen Beitrag leisten.
Noch ist aber in den meisten Kantonen offen, wie sie die MuKEn tatsächlich umsetzen werden. Jenseits der MuKEn sieht Erismann auch die steigende Nachfrage nach Elektroautos und den damit einhergehenden Wunsch, selbst den Strom dafür zu produzieren, als einen weiteren Antrieb für den PV-Markt.
PV-Contracting leistet Beitrag zur Energiestrategie des Bundes
«Wenn ein Kunde dank der Möglichkeit eines Contractings eine PV-Anlage bauen kann, die er ohne Contracting nicht bauen könnte, dann ist das ein ökologischer Gewinn und ein Schritt hin zur Erfüllung der Ziele der Energiestrategie 2050. Dass PV-Anlagen ökologisch sinnvoll sind, ist mittlerweile allgemein bekannt», sagt Erismann.
Die Energy-Payback-Zeit, also die Zeit zur energetischen Amortisierung beträgt für PV-Anlagen auf der Basis kristalliner PV-Zellen derzeit 1,5 bis 2,2 Jahre. Das bedeutet also, dass diese Anlagen schon nach 18 bis maximal 27 Monaten so viel Energie erzeugt haben, wie für ihre Herstellung und Montage verbraucht wurde. Da die Lebensdauer einer PV-Anlage in der Regel 20 bis 30 Jahre beträgt, produziert sie über ihre Nutzungsdauer etwa 10- bis 15-mal so viel Energie wie ihre Herstellung und Montage gekostet haben.
Jeder Kunde, der nicht selbst investieren will oder sich nicht mit dem Betrieb der PV-Anlage beschäftigen will, leistet also einen ökologischen Beitrag, wenn er seine Dachflächen einem Contractor für den Bau und den Betrieb einer PV-Anlage zur Verfügung stellt.
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