Als die Schweizer Traditionsbrauerei Feldschlösschen Ende 2013 einen Lastwagen mit reinem Elektroantrieb in den Testbetrieb nahm, sprach die Fachwelt von einer Neuheit. Tatsächlich war der 18-Tonner nach einer Umrüstung von Diesel auf Strom ein Novum, jedenfalls auf Schweizer Strassen. Und die Neuigkeit hatte einen weiteren Schweizer Bezug: Auch der Hersteller des Fahrzeugs, E-Force One genannt, kam aus der Schweiz.
Seit dem Debut ist die gesamte E-Force-Flotte rund eine halbe Million Kilometer auf europäischen Strassen gefahren. Seine Stärken: der lokal emissionsfreie und leise Betrieb sowie die hohe Energieeffizienz haben dem Elektrobrummi mehrere Auszeichnungen eingebracht. An weiteren Tests haben sich in der Zwischenzeit etwa grosse Detailhändler wie Lidl beteiligt, die das neuartige Fahrzeug aufgrund seiner vergleichsweise noch begrenzten Reichweite vor allem für den Einsatz auf der letzten Meile im Warentransport – also von den Warenlagern der Agglomerationen in die Verkaufsstätten – ins Visier genommen haben.
Wartungsarm, falls nichts schief geht
Im direkten Vergleich mit den heute üblichen Lastwagen mit Verbrennungsmotor und Diesel als Treibstoff ist ein elektrisch angetriebener Lkw deutlich energieeffizienter. Das liegt am hohen Wirkungsgrad der Elektromotoren selbst, aber auch an der Tatsache, dass der Elektroantrieb während des Bremsens einen Teil der mechanischen Energie zurückgewinnt. Diese sogenannte Rekuperation macht einen E-Lkw gerade beim Stop-and-Go-Betrieb in städtischen Umgebungen sehr attraktiv. Sie schützt zudem vor dem Verschleiss, der beim Bremsen entsteht und unterstreicht einen weiteren wichtigen Vorteil des Stromers: seine geringe Wartungsintensität. Weil der elektrische Antriebsstrang mit viel weniger beweglichen Teilen und in der Regel mit einem schalt- und kupplungsfreien Getriebe auskommt, sind Ausfallzeiten in der Garage rar. Dies hat allerdings einen Haken: Dadurch, dass elektrische Nutzfahrzeuge noch nicht weit verbreitet sind, kann eine Panne sehr teuer werden. Denn oft fehlen die Ersatzteile und –noch schlimmer - die Spezialisten, die das nötige Fachwissen für die Reparaturen mitbringen.
Das bisherige Fehlen von grossen Playern, die für elektrische Nutzfahrzeuge auch eine gut ausgebaute Infrastruktur für die Nutzungsphase bereitstellen, könnte aber bald ein Ende haben. Kürzlich hat Daimler angekündigt, an einer eigenen Version eines batteriebetriebenen E-Lkw zu arbeiten, die möglicherwiese im Jahr 2018 auf den Markt kommen könnte. Sollte das Daimler-Modell Erfolg haben, könnte das auch die noch schlummernden Zweifel der potenziellen Abnehmer der Technik beseitigen.
Denn der Elektro-Lastwagen muss seine langfristigen Potenziale bezüglich Wirtschaftlichkeit noch in der Praxis unter Beweis stellen. Momentan scheuen die Spediteure vor einer Adoption der Technik zurück. Und zwar aus nachvollziehbaren Gründen: Zum einen ist die Reichweite immer noch ein Problem. Die Distanz, die das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt noch zurücklegen kann, ist beim Dieselantrieb leicht aus dem Füllstand des Tanks abzuleiten. Nicht so beim E-LkW. Bei ihm ist der Verbrauch noch stärker von der Fahrweise abhängig. Für Speditionen ist dies ein kritischer Unsicherheitsfaktor, der die gesamte Logistik-Planung über Bord wirft. Ein weiteres Risiko stammt von der schwer vorhersagbaren Lebensdauer der Akkus. Bei Tests haben die Batterien auch mal nach nur einem Jahr ausgewechselt werden müssen.
Kommentare
Rolf bärtsch
04.04.2017 09:15:54Danke für den aufschlussreichen Beitrag zur elektrischen Mobilität.
Thomas
10.05.2017 16:20:23Es ist schön zu sehen, dass die Elektromobiliät im Schwerlastbereich zunimmt. Eine frage stellt sich mir jedoch.Es gibt drei Firmen in der Schweiz welche eLkw anbieten (Ceekon, E-FORCE ONE und Futuricum) wesshalb fördert der Bund das Futuricum Projekt mit 1.5Mio und benachteiligt dadurch die anderen Firmen. Das sieht für mich wie ein Leuchtturmprojekt aus welches nicht wirklich einen leuchtenden Effekt erziehlen kann.
Viele Grüsse Thomas
Gretl Hendricks
20.09.2019 12:57:36Interessant, das noch nicht viele Spediteure die Elektro-Lastwagen nutzen. Mein Onkel betreibt einen Nutzfahrzeug Reparatur Service. Er sagt ebenfalls dass er solche Modelle kaum sieht.