Noch grünere E-Autos dank Batterien aus Europa

Bisher kommen die Akkus von Elektroautos primär aus Ländern wie China und Südkorea. Deren Kohlestrom belastet die Ökobilanz der E-Autos massiv. Nun will Europa ein Gegengewicht zur asiatischen Dominanz aufbauen. Das dürfte die Stromer unter dem Strich umweltfreundlicher machen.

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Elektroautos werden weltweit immer beliebter. Mittlerweile sind gemäss Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) 3 Millionen elektrisch angetriebene Personenwagen im Verkehr. Allein im Jahr 2017 wurden mehr als 2 Millionen Stromer neu zugelassen. Mit dem schnellen Aufstieg der Elektromobilität wächst naturgemäss auch die Produktion von Lithiumionen-Batterien, die in diesen Autos als Energiespeicher dienen. Zurzeit wird die Batterieherstellung von asiatischen Firmen dominiert, vor allem aus China und Südkorea. Eine prominente Ausnahme bildet die Gigafactory des amerikanischen Herstellers Tesla in den USA. Dort baut Tesla die Batterien für seine eigenen Luxus-Stromer. Nun will auch die Europäische Union eigene Batterieproduktionskapazitäten aufbauen.

Die CO2-Intensität der Stromerzeugung in Europa ist mit rund 520 Gramm pro Kilowattstunde deutlich tiefer als in China oder Südkorea, wo jede produzierte Kilowattstunde über 800 Gramm CO2 freisetzt.

Das ist auch wenig verwunderlich, wenn man sich die Prognosen zur Entwicklung des Elektroautomarkts anschaut. Gemäss der IEA könnte sich die globale E-Auto-Flotte bis 2030 auf rund 220 Millionen belaufen. Der Batteriemarkt dürfte parallel dazu weiter rasant wachsen. Gemäss Prognosen des deutschen Beratungsunternehmens Roland Berger könnte die weltweite Batterieproduktion von 60 Gigawattstunden im Jahr 2016 auf 900 Gigawattstunden im Jahr 2026 ansteigen.

Die EU will von asiatischen Herstellern unabhängig werden

Da die Batterie von allen Komponenten den grössten Anteil an der Wertschöpfung eines Elektroautos ausmacht, will die EU von der gegenwärtigen Abhängigkeit von asiatischen Lieferanten loskommen. Mit der Europäischen Batterie-Allianz, im Oktober 2017 von der EU lanciert, soll der Aufbau einer Produktionsinfrastruktur für Autobatterien in Europa vorangetrieben werden. Der Aktionsplan umfasst den gesamten Lebenszyklus der Batterien von der Beschaffung der Rohstoffe und deren Verarbeitung, über die Herstellung der Batterien bis hin zu deren Recycling am Lebensende. Um den europäischen Bedarf an Akkus für Elektrofahrzeuge Europas abzudecken, wären circa 10 bis 20 «Gigafabriken» nötig, ähnlich in ihrer Produktionskapazität der Gigafactory von Tesla.

Auf europäischem Boden ist bisher nur eine Batteriefabrik im Betrieb. Sie befindet sich in England und produziert jährlich 2 Gigawattstunden an Lithiumionen-Batterien für die Elektroautos des japanischen Autobauers Nissan. Die Anlage wechselte letztes Jahr den Besitzer, als eine chinesische Investmentfirma die Elektromobilsparte von Nissan aufkaufte.

Gemäss den EU-Plänen sollen nun in den EU-Mitgliedsstaaten Batteriefabriken mit einer jährlichen Gesamtkapazität von 40 Gigawattstunden errichtet werden, genug um rund 2 Millionen Elektroautos mit Batterien auszustatten. Wenn die geplanten 10 bis 20 Gigafabriken tatsächlich gebaut werden, könnte die EU bis 2026 circa 15 % der globalen Batterieproduktion stellen.

Bisher sind 3 konkrete Initiativen gestartet, um die Pläne der EU zu realisieren. Sie befinden sich aber alle noch in einem Start-up-Stadium.

Schweden als Vorreiter

In Schweden entsteht Europas grösste Akku-Gigafabrik. Die schwedische Firma dahinter, Northvolt, wurde von ehemaligen Tesla-Managern gegründet. Die im Norden Schwedens angesiedelte Gigafactory von Northvolt soll rund 4 Milliarden kosten und in einer ersten Aufbauphase bis 2020 8 Gigawattstunden jährlich an Batteriepacks herstellen. Später soll die Produktion ausgebaut werden und im Jahr 2023 sogar 32 Gigawattstunden erreichen. Das finale Produktionsvolumen würde für 640’000 E-Autos mittlerer Grösse mit je einer 50-kWh-Batterie ausreichen. Als Investoren und Technologiepartner im Northvolt-Grossprojekt sind Konzerne wie ABB, Volkswagen (über seine schwedische Tochter Scania), Vattenfall und Siemens mit an Bord.

In Frankreich setzt man auf möglichen Nachfolger von Lithiumionen-Batterien

Siemens beteiligt sich ebenfalls an einer zweiten Initiative unter Federführung des französischen Batterieherstellers Saft. Die französische Firma will sich allerdings vor allem im Bereich der Erforschung, Entwicklung und Industrialisierung von Festkörper-Batterien engagieren. Diese als zukünftige Alternative zu den Lithiumionen-Batterien propagierte Technologie kommt ohne Flüssigkeiten aus und soll eine höhere Energiedichte (mehr Energie pro Kilogramm Batterie) sowie eine schnellere Aufladung der Akkus ermöglichen. Die Festkörper-Batterie befindet sich aber erst im frühen Entwicklungsstadium. Experten schätzen, dass ihr Markteintritt erst in 5 bis 10 Jahren gelingen dürfte.

Batterieproduktion nach Mass in Deutschland

Eine deutsche Gigafactory ist auch im Entstehen begriffen. Im Mai 2017 gründeten 6 mittelständische deutsche Unternehmen die TerraE Holding GmbH, um eine Gross-Serienfertigung von Litiumionen-Zellen aufzubauen. Geplant sind Fabriken an zunächst zwei Standorten in Deutschland mit einer Kapazität von insgesamt 34 Gigawattstunden (oder 680’000 mittelgrosse Akkus) bis 2028. Die Fabriken sollen gemäss Angaben des Konsortiums als «Foundry» betrieben werden. Das bedeutet, dass die TerraE Holding GmbH die Fabriken baut und betreibt, und Kunden Lithiumionen-Zellen gemäss ihrer individuellen Spezifikation dort fertigen lassen können. Zudem will TerraE auch eigene Standard-Zellprodukte anbieten. Mit dem Start der TerraE-Produktion wird Medienberichten zufolge auf Ende 2019 gerechnet. Der Aufbau der Produktionsanlagen selbst dürfte rund 4 Milliarden Euro kosten.

Auswirkungen auf die graue Energie

Noch ist allerdings nicht klar, ob der Aktionsplan der EU seine Ziele erreichen wird, europäischen Herstellern einen grösseren Teil des weltweiten «Batteriekuchens» zu verschaffen. Denn gleichzeitig ziehen die asiatischen Batterieproduzenten nach Europa und bauen hier in Zusammenarbeit mit europäischen Autobauern neue Produktionskapazitäten auf. Die südkoreanische Firma LG Chem will etwa dieses Jahr in Polen eine Fabrik eröffnen, in der 100’000 Autobatterien pro Jahr hergestellt werden sollen.

Mit einer jährlichen Produktionskapazität von 50’000 Akkus entsteht in Ungarn eine weitere Fabrik von der Batteriesparte von Samsung. Auch in Ungarn will ein weiterer südkoreanischer Batteriehersteller, SK Innovation, ab 2020 ein Produktionsvolumen von 7,5 Gigawattstunden erreichen (entsprechend 150’000 Batterien à 50 kWh).

Die Ausbaupläne der asiatischen Hersteller werden von EU-Politikern kritisch beäugt – zumal sie diese Gegenoffensive in Zusammenarbeit mit europäischen Autobauern ausführen. Aber die europäische Automobilindustrie wehrt die Kritik mit dem Argument ab, dass sie schon heute auf eine wettbewerbsfähige Akkuproduktion angewiesen ist und daher nicht warten kann, bis diese von europäischen Herstellern aufgebaut wird.

Jenseits wirtschaftspolitischer Aspekte ist die Entwicklung aus der Umweltperspektive positiv zu bewerten. Die Batterieherstellung in Ländern wie China und Südkorea, die einen grossen Kohleanteil in ihrem Strommix haben, belastet die Ökobilanz von Elektroautos massiv.

Europa ist zwar nicht gleich Europa: Eine Autobatterie heute mit dem von Kohle dominierten Strommix Polens herzustellen, belastet die Umwelt viel stärker, als wenn die Akkus etwa in den skandinavischen Ländern entstehen, wo Wasser- und Windkraft grössere Anteile zur Stromerzeugung beisteuern. Eines steht fest: Im Durchschnitt ist die CO2-Intensität der Stromerzeugung in Europa mit rund 520 Gramm pro Kilowattstunde deutlich tiefer als in China oder Südkorea, wo jede produzierte Kilowattstunde über 800 Gramm CO2 freisetzt. Eine Verlagerung der Batterieproduktion nach Europa könnte also wesentlich dazu beitragen, Elektroautos noch klimafreundlicher zu machen.