Sono Motors: E-Auto-Hersteller mit neuer Mobilitätsvision

Elektroautos sind gefragt. Eine Armada von Startups treibt die Branche vor sich her, ganz weit vorne natürlich Tesla. Besonders nachhaltig unterwegs ist Sono Motors. Der neue Deutsche Hersteller entwickelt mit dem Sono Sion das erste serienmässige Solar-Elektroauto und folgt dabei einer einzigartigen Vision.

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Auto liefert Strom für Elektrosäge

Die Zahl der angebotenen Elektrofahrzeuge wächst von Jahr zu Jahr. Mit dem Sono Sion soll Anfang 2022 ein ganz besonderes Auto auf die Strasse kommen, und zwar das erste serienmässige «Solar Electric Vehicle». Wie die Bezeichnung verrät, handelt es sich beim Sion um das erste Elektroauto der Welt, das nicht nur über das Stromnetz, sondern auch über integrierte Solarpanels geladen werden kann. Möglich machen das rund 250 Photovoltaikzellen in der Karosserie. Die Sonnenstrahlung soll dem Hersteller zufolge bei wolkenlosem Himmel gut 30 Kilometer Fahrt pro Tag ermöglichen (April bis Juli in Mitteleuropa), im Dezember und Januar immerhin noch 10 bis 12 Kilometer.

Die Philosophie der Sono-Motors-Gründer

Sono Motors will die Aspekte Umweltschutz und Nachhaltigkeit maximieren. Das Unternehmen hat den Anspruch, die Elektromobilität nicht nur alltagstauglich und erschwinglich zu machen, sondern gibt dem Umweltschutz bei allen Entscheidungen höchste Priorität. Im Nachhaltigkeitsbericht des Elektroauto-Herstellers von 2018 stand zu lesen:

Wir möchten der klimafreundlichste, ressourcenschonendste und fairste Anbieter von Automobilen und individueller Mobilität weltweit sein.

Das Gründer-Trio von Sono Motors hält entschlossen an seiner Nachhaltigkeits-Vision fest: Laurin Hahn, Jona Christians und Navina Pernsteiner. (Foto: Sono Motors GmbH)

Nicht zuletzt beim Verkauf von Fahrzeugen vertritt das Management eine andere Vision als die etablierten Autokonzerne. Die Maxime ist nicht, möglichst viele Fahrzeuge zu verkaufen, sondern ein System anzubieten, das Menschen mit den effizientesten Verkehrsmitteln von A nach B bringt.

2018 kündigte das Unternehmen an, sämtliche bei der Produktion des Sion entstehenden CO2-Emissionen kompensieren zu wollen. Sono Motors war wohl das erste Unternehmen, das ankündigte, ein serienmässiges Fahrzeug herstellen zu wollen, dessen CO2-Fussabdruck bei der Produktion vollständig kompensiert wird. Die Kompensation soll durch Investitionen in zertifizierte Klimaschutzprojekte in aller Welt erfolgen. Inzwischen will das auch Volkswagen für den ID.3 ähnlich handhaben.

Wer genau hinschaut, erkennt die Solarzellen auf der Oberfläche der Karosserie. (Foto: Sono Motors GmbH)

Das macht den Sono Sion einzigartig

Der Sono Sion wird das erste serienmässige Elektroauto sein, das seine Batterie nicht nur über ein Stromkabel, sondern auch direkt von der Sonne laden kann. Der Sion definiert damit die neue Fahrzeugklasse der sogenannten SEV – «Solar Electric Vehicles».

Das Dach, die Motorhaube und grosse Teile der Karosserie des E-Autos sind mit monokristallinen Siliziumzellen verkleidet, die durch eine Schicht aus Polymer geschützt sind. Die Siliziumzellen sollen bei diffusem Licht besonders effizient sein. Selbst bei Einstrahlwinkeln von 70 Grad sollen sie noch 100 Prozent ihres Ertrags erreichen. Sono gibt die maximale Gesamtleistung der Photovoltaikzellen mit 1200 Watt an. Zusätzlicher Vorteil dieser Bauweise: Die Karosserie muss nicht lackiert werden. Das ist auch der Grund für die minimalistische Farbauswahl:

Über die Farbgebung des Autos hat die Community entschieden. Fazit: Die Kunden können den Sono Sion in jeder gewünschten Farbe bestellen, solange sie Schwarz ist.

Also genau wie zu Henry Fords Zeiten beim Modell T, das von 1914 bis 1925 ebenfalls nur in Schwarz zu haben war. Um die Kosten tief zu halten, wird Sono den Sion im ersten Produktionszyklus nur in einer einzigen Ausführung herstellen.

Bidirektionales Laden

Ein weiteres technisches Feature, das den Sion zu einem einzigartigen Fahrzeug macht, ist die Funktion des bidirektionalen Ladens. Damit kann das Auto den im Akku gespeicherten Strom auch wieder abgeben, um elektrische Geräte über eine Schuko-Steckdose (Standard für Deutschland) anzuschliessen oder ein zweites Elektrofahrzeug über eine Typ-2-Ladebuchse zu laden. Zudem strebt Sono eine Rückspeisung ins Stromnetz an (Vehicle to Grid).

Einfach reparierbar

Aussergewöhnlich ist auch das Reparatur- und Instandhaltungskonzept von Sono. Für möglichst tiefe Reparatur- und Wartungskosten wird der E-Autohersteller preiswerte Ersatzteile anbieten. Anhand von Erklärvideos sollen Sion-Besitzer ohne technisches Vorwissen in der Lage sein, viele Teile im Auto selbständig auszutauschen.

Wer kein Talent als Mechaniker besitzt und lieber Fachleute aufsucht, kann den Sion in so gut wie jeder Werkstatt reparieren lassen. Dafür wird Sono Motors das Werkstatthandbuch online veröffentlichen. Für Reparaturen in den Bereichen Karosserie und Hochspannung ist die Zusammenarbeit mit einem professionellen Serviceanbieter aus Europa geplant.

Strom, Auto und Fahrten teilen

Nicht zuletzt wird die Sono-App den Sion zu einem einzigartigen Mobilitätssystem machen. Sie bündelt drei besondere Funktionen:

  • Mit dem bidirektionalen Laden können Besitzerinnen anderen E-Mobil-Fahrern ihr Auto als Ladestation für Powersharing anbieten.
  • Über die Carsharing-Funktion der App können Besitzer des Sion ihr Auto an andere Menschen vermieten.
  • Das Ridesharing vermittelt Mitfahrgelegenheiten im Sion. Die App informiert Interessierte über Standort, Zielort und den Preis.

Natürlicher Luftfilter

Das Design-Highlight im Innenraum des solar-elektrischen Fahrzeugs ist ein organischer Luftfilter aus Islandmoos, über den die Luftfeuchtigkeit reguliert und Feinstaub gefiltert wird. In Tests konnte die Effizienz des Naturprodukts bei der Filterung von Feinstaub nachgewiesen werden. Das Islandmoos bedarf keiner speziellen Pflege. Im Zuge eines regulären Filterwechsels kann es ganz einfach ausgetauscht werden.

Im funktionalen Innenraum dominieren der Touchscreen, über den jede Funktion mit drei Mal tippen erreichbar sein wird, und der grüne Moosfilter. (Foto: Sono Motors GmbH)

Was wird der Sono Sion kosten?

Ursprünglich sollte der Sion für 20’000 Euro auf den Markt kommen. 16’000 Euro für das Fahrzeug und 4000 Euro für den Akku. Aufgrund des weltweit grossen Akku-Bedarfs für Elektrofahrzeuge konnte das Startup diesen Preis nicht halten, der Preis für den Akku musste auf 9500 Euro angehoben werden. Der Sono Sion wird somit für einen Gesamtpreis von 25’500 Euro verkauft. Alternativ soll man den Akku auch mieten können.

Wie konkurrenzfähig der Preis letztlich sein wird, muss die Zukunft weisen. Ein Volkswagen ID.3, quasi die Elektro-Variante des Bestsellers Golf, kostet in Deutschland in der 1st Edition etwas über 30’000 Euro – dank Subventionen von 9570 Euro. Bei Sono wird man sich zu gegebener Zeit nochmals Gedanken machen müssen, wie die vom deutschen Staat konzipierte, vom Hersteller zu finanzierende Elektroautoprämie von aktuell 3000 Euro gestemmt werden kann. Da beim Sion gar nie so viel Marge einkalkuliert war, könnte eine Preiserhöhung notwendig werden, damit die Kunden auch von der staatlichen Förderung und somit der Gesamtsubvention von über 9000 Euro profitieren können, wie CEO Laurin Hahn bei Golem.de erwähnte.

Generell versucht Sono, die Kosten des Sion mit der Ein-Produkt-Strategie möglichst gering zu halten. Da der Sion nur in einer Version angeboten wird, reduziert sich die produktionstechnische und logistische Komplexität. Weiter setzt das Unternehmen auf eine Übernahmeteile-Strategie. Das bedeutet, dass im Sion viele Autoteile verbaut sind, die bereits in anderen Fahrzeugen auf Sicherheit und Qualität getestet wurden. Sono konzentriert sich in Entwicklung und Produktion ausschliesslich auf Teile, die dem Sion ein Alleinstellungsmerkmal verleihen.

Technische Daten des Sion

Mit fünf Sitzplätzen, fünf Türen und einem grossen Kofferraum von 650 Liter ist der Sion als familienfreundlicher Allrounder ausgelegt. Das Fahrzeug misst 4,29 Meter in der Länge sowie 1,83 Meter in der Breite und hat eine Höhe von 1,67 Meter. Ein Dreiphasen-Synchronmotor mit einer Leistung von 120 kW beschleunigt den Sion in rund neun Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die Spitzengeschwindigkeit des Solar-Elektroautos ist auf 140 km/h begrenzt. Als eines der wenigen Elektromobile kann der Sion dank Anhängerkupplung – als Zubehör für jeden Sion erhältlich – einen bis zu 750 Kilogramm schweren Anhänger ziehen.

Der Sion hat nach dem WLTP-Standard 255 Kilometer Reichweite. Dazu kommt die Solar-Reichweite, die der Hersteller mit maximal 34 Kilometer pro Tag angibt. Dank Schnellladesystem kann er auch weitere Strecken problemlos zurücklegen. An einer Schnellladesäule soll sich der 35-kWh-Akku in 30 Minuten auf 80 Prozent aufladen lassen. Zuhause kann der Sion über eine Wallbox oder einen normalen Haushaltsstecker geladen werden.

Grösste Crowdfunding-Kampagne Europas

Sono Motors hat für ein Startup eine aussergewöhnliche Finanzierungsgeschichte. Bereits nach der Unternehmensgründung im Jahr 2016 gelang dem E-Auto-Unternehmen eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne. Ende 2019 und Anfang 2020 nahm das Unternehmen in einer zweiten Kampagne innerhalb weniger Wochen nochmals mehr als 50 Millionen Euro ein.

Diese zweite Community-Kampagne war ursprünglich nicht vorgesehen. Um die Serienfertigung des Sion im ehemaligen Saab-Werk in Trollhättan in Schweden zu finanzieren, wollte das Unternehmen Finanzinvestoren an Bord holen. Nach Unternehmensangaben scheiterten die Verhandlungen mit den Investoren jedoch an unterschiedlichen Vorstellungen in Bezug auf die Nachhaltigkeit der Finanzierung und der Technologie. Das Management verzichtete auf die Zusammenarbeit mit Finanzinvestoren, die auf schnelle Gewinnmaximierung fokussieren und Schlüsseltechnologien ins Ausland transferieren wollten. Diese Punkte waren nicht mit dem Selbstverständnis und der Vision der Firmengründer von Sono Motors zu vereinbaren.

Mit der zweiten Kampagne schaffte es erstmalig ein Startup in Europa, in so kurzer Zeit so viele Mittel über Crowdfunding zu akquirieren. Mehr als 10’000 Menschen beteiligten sich laut Sono an der Finanzierung. Die Gründer sehen diese Art der öffentlichen Finanzierung auch als Gegenmodell zu den etablierten Autoherstellern.

Mit dem Geld aus der Crowdfunding-Kampagne ist der Bau von Serien-Prototypen, die Herstellung von Werkzeugen für die Produktion und die Erprobung der Fahrzeuge gesichert. Der gesamte Produktionsanlauf im ehemaligen Saab-Werk in Schweden soll nochmals über 250 Millionen Euro kosten. Wie diese Summe finanziert wird, ist derzeit noch offen. Eine Option könnte der Verkauf von CO2-Zertifikaten sein – auch für Tesla ist dies ein lukratives Geschäft.