Mit Sonnenenergie ins Skigebiet

Skifahren ist gut für Körper und Geist. Doch der Energieverbrauch, um auf den Berg zu kommen, ist enorm. Wie lässt sich Schneesport nachhaltiger machen? Eine gute Möglichkeit ist das Ausrüsten der Infrastruktur wie Ski- oder Sessellift sowie von Berg- und Talstationen mit Photovoltaik.

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Gondel in der Bergstation Klein Matterhorn, wo Photovoltaik-Module an der teiltransparenten Fassade Solarstrom produzieren

Die Sportferien sind jedes Jahr für viele Menschen in der Schweiz das Aufbruchsignal: Skiausrüstung packen und ab in die Berge. Jeden Winter locken die Skigebiete mit beinahe 2500 Bergbahnen Millionen von Schneesportbegeisterten an. Denn was gibt es Schöneres, als die in der Sonne glitzernden Schneehänge runterzufahren, statt im hochnebelgeplagten Unterland vergeblich auf einen blauen Fleck am Himmel zu hoffen?

Skifahren braucht viel Energie

Zweifellos sorgt der Wintersport für Erholung von Geist und Körper. Doch er hat auch seine Schattenseiten. Um die vielen Sportbegeisterten auf den Berg zu bringen, braucht es grosse Mengen an Energie. Deshalb wird auch in den Tourismusgebieten der Ruf nach einem nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen immer lauter. Schliesslich will man den Spass im Schnee auch mit gutem Gewissen geniessen können. Doch wie können Bergbahnen und alpine Skidestinationen nachhaltiger werden?

Den Betrieb auf Effizienz trimmen

Laut den Zahlen des Verbands Seilbahnen Schweiz liegt der Stromverbrauch der Schweizer Seilbahnen bei rund 183 GWh pro Jahr. Das ist etwa gleich viel, wie eine mittelgrosse Stadt wie Thun oder Baden jährlich verbraucht. Rund 55 % des Stroms werden von den Transportanlagen, 32 % von der technischen Beschneiung und rund 13 % für weitere Dienstleistungen inklusive Gastronomie im Gebiet benötigt.

Energie ist ein Kostenfaktor

Nach den Personalkosten stehen die Energieausgaben an zweiter Stelle der Ausgaben. Und künftig dürften diese aufgrund der immer gefragteren künstlichen Beschneiung weiter steigen. Die Betreiber von Bergbahnen sind mehr denn je darauf bedacht, ihre Anlagen durch ein umfassendes Energiemanagement auf maximale Effizienz zu trimmen. Dazu gehören unter anderem Massnahmen wie eine Optimierung des Lastspitzenmanagements und der Energierückgewinnung sowie die Nutzung alternativer Energiequellen.

Photovoltaikpanels in winterlicher Berglandschaft unter stahlblauem Himmel
In Tenna sind «Solarwings» auf den Tragseilen des Skilifts befestigt. Für einen möglichst hohen Solarertrag richten sie sich alle 10 Minuten nach dem Sonnenstand aus. (Foto: Solarskilift Tenna)

Bergbahnen: Stromproduzenten statt Stromfresser

Insbesondere in alpinen Lagen ist es äusserst attraktiv, erneuerbaren Solarstrom zu produzieren. Das zeigt auch eine Versuchsanlage auf der Totalp oberhalb Davos, die von einer Forschungsgruppe der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, der ETH Lausanne, dem Schweizerischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF und EKZ untersucht wird. Dank der Reflexion an der Schneeoberfläche, weniger Nebel und niedriger Lufttemperatur lassen sich im Winter mit bifazialen PV-Modulen sehr hohe Erträge an Solarstrom erzielen. Mehrere Bergbahnen machen sich die idealen Voraussetzungen zunutze und haben in den vergangenen Jahren in die Infrastruktur zur Produktion von Solarstrom investiert.

Schlepplift Tenna: der Solarpionier

Pionier ist der Wintersportort Tenna im bündnerischen Safiental. Bereits seit 2011 transportiert der 450 Meter lange und 135 Höhenmeter überwindende Lift nicht nur Skifahrer und Snowboarder, die darauf installierte Solaranlage produziert auch Strom. Die 82 Solarwings mit je drei Panels sind auf den Tragseilen befestigt und richten sich alle 10 Minuten nach dem Sonnenstand aus, um einen maximalen Ertrag zu erzielen. Ein Windmesser steuert die Segel so, dass die Windlast minimiert wird und ein Schneesensor kann sie bei Schneefall senkrecht stellen. Die Jahresproduktion lag in den vergangenen Jahren bei rund 100’000 kWh. Das ist viel mehr, als der Skilift verbraucht. Der Überschuss wird an das Elektrizitätswerk Tenna verkauft und reicht aus, um 25 der 40 Haushalte der Dorfgemeinde mit Solarstrom zu versorgen. Der aktuelle Stand der Stromproduktion lässt sich in Echtzeit auf der Website verfolgen.

Aktuelle Daten: 25 kW Solarstrom-Produktion, 7 kW Verbrauch
Die Website solar-skilift.ch zeigt die aktuellen Daten zu Stromproduktion und Stromverbrauch. (Screenshot Website)

Alp Gamplüt

Die Gondelbahn von Wildhaus auf die Alp Gamplüt fährt seit 2008 ausschliesslich mit Solarenergie. Die auf dem Dach des Bergrestaurants und der Maschinenhalle installierten Photovoltaikmodule liefern etwa so viel Strom, wie die Bahn verbraucht. Falls die Sonne einmal nicht scheint, kommt Unterstützung von einer Windturbine. Für das Warmwasser im Bergrestaurant sind thermische Kollektoren installiert und auch das Warmluftcheminée trägt einen Teil zur Wassererwärmung bei. Jährlich lassen sich auf der Alp Gamplüt rund 12’000 Liter Heizöl und etwa 34 Tonnen CO2 einsparen.

Seilbahn Staubern

Ein weiteres Beispiel in der Ostschweiz ist die Seilbahn Staubern, die von Frümsen im Rheintal auf die Staubern im Alpstein führt. Seit 2018 wird sie energetisch unabhängig und umweltneutral mit Solarstrom und Akkus betrieben. Die Photovoltaikanlage versorgt auch das Berggasthaus mit emissionsarmem Strom. Damit konnten die Betreiber den Dieselgenerator ersetzen, der jährlich 15 Tonnen Diesel verbrannte.

Zermatt: Vier Photovoltaikanlagen im Skigebiet

Zusammen mit der Talstation (Bild unten) erzeugt die 3S-Seilbahn des Matterhorn Glacier Ride I jährlich insgesamt rund 270’000 kWh Ertrag. (Foto: Zermatt Bergbahnen AG)

Solarstrom wird seit 2009 auch im Skigebiet Zermatt produziert. Den Auftakt machte das Restaurant Matterhorn Glacier Paradise, 3883 Meter über Meer, mit 108 in die Südfassade integrierten Solarmodulen und einem durchschnittlichen Jahresertrag von 35’000 kWh. Damit kann der gesamte Energiebedarf für Heizung, Lüftung und Beleuchtung abgedeckt werden. Das Gebäude verfügt über ein Minergie-P-Zertifikat und wurde 2010 mit dem Schweizerischen sowie dem Europäischen Solarpreis ausgezeichnet.

Seit 2010 betreibt die Zermatt Bergbahnen AG zudem eine Photovoltaikanlage an der Station Trockener Steg des Matterhorn Express, die mit 99 Modulen und einer Leistung von fast 22 kWp einen Jahresertrag von rund 20’000 kWh erzielt. Auch beim Matterhorn Glacier Ride I zur 3821 Meter über Meer gelegenen Bergstation am Klein Matterhorn wird seit 2018 Sonnenstrom produziert. Sowohl die Tal- wie die Bergstation der 3S-Bahn (3S steht für Dreiseil-Umlaufbahn) sind mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet.

Die Talstation der 3S-Seilbahn des Matterhorn Glacier Ride I zum Klein Matterhorn ist mit 485 Solarmodulen ausgestattet. (Foto: Zermatt Bergbahnen AG)

Der grösste Teil der Stromproduktion fällt bei der 3S-Talstation Trockener Steg an: Hier sind 485 Solarmodule mit einer Fläche von über 780 m2 installiert (138 kWp), während es in der Bergstation 280 Module mit 77 kWp Anlageleistung sind. Die Module mit einer Fläche von insgesamt gut 1260 m2 generieren einen Jahresertrag von rund 270’000 kWh, womit sich fast 38 Tonnen CO2 einsparen lassen. Um den extremen Wetterbedingungen in der Höhe mit Eis oder Hagel zu trotzen, sind die Module etwas dicker als herkömmliche Konstruktionen. Laut Auskunft von Marc Lagger, Communication & Media Manager bei der Zermatt Bergbahnen AG, wird bei jeder sich bietenden Möglichkeit, sei es bei neuen Projekten, aber auch bei Um- und Erweiterungsbauten, mit einer Machbarkeitsstudie geprüft, ob sich der Bau einer Photovoltaikanlage lohnt.

Feldiser Bergbahnen auf dem Weg zur Energieautarkie

An der eingerüsteten Talstation wird eine Photovoltaikanlage installiert
Die Photovoltaikanlage auf der Talstation der Sesselbahn ist der erste Schritt auf dem Weg zur Energieautarkie der Feldiser Bergbahnen. (Foto: Bergbahnen Feldis)

Auch die Bergbahnen in Feldis haben sich zum Ziel gesetzt, den für den Bahnbetrieb nötigen Strom selbst zu produzieren, und erste Schritte dafür in die Tat umgesetzt. «Die Solaranlage mit einer maximalen Leistung von 27,5 kWp bei der Talstation konnte im Dezember 2021 ans Netz angeschlossen werden», sagt Andreas Fotsch, Präsident der Feldiser Bergbahnen. Der Strom wird für den Betrieb der Sesselbahn verwendet.

«Über die effektive Leistung lässt sich allerdings nach den wenigen Betriebstagen noch nichts Aussagekräftiges sagen», erklärt Fotsch. Auch die Projektierung einer grossen Anlage auf einem benachbarten Stalldach macht Fortschritte: «Wir planen eine Photovoltaikanlage mit einer maximalen Leistung von 40 kWp. Der Stall ist allerdings für den Eigenverbrauch zu weit von der Talstation entfernt und die gesetzlichen Vorgaben lassen eine Eigennutzung nicht zu. Daher werden wir den Strom ins ewz-Netz einspeisen.»

Mit der Bahn statt mit dem Auto zum Skifahren

Ein wichtiger Aspekt beim nachhaltigen Skifahren ist die Anreise. Viele Destinationen fördern deshalb mit Spezialangeboten die Anfahrt mit der Bahn. Um auch vor Ort aufs Auto verzichten zu können, befördert beispielsweise Andermatt die Gäste im Winter mit dem kostenlosen Ortsbus vom Bahnhof zu verschiedenen Dorfteilen, zu den Talstationen der Bergbahnen sowie zur Loipe. Überdies bedienen mit Ökostrom betriebene Elektroautos auf Abruf die Orte in der Nachbarschaft.

Die Liste mit guten Beispielen liesse sich problemlos erweitern. So gibt es auch Wintersportdestinationen wie St. Moritz oder Saas Fee, die für ihre überdurchschnittlichen Anstrengungen im Bereich der kommunalen Energie- und Klimapolitik mit dem Energiestadt-Label Gold ausgezeichnet wurden. Ein Teil der Schweizer Wintersportorte ist also auf gutem Weg, ökologischer zu werden. Die realisierten Projekte zeigen, dass sich auch andernorts mit Innovationsgeist noch viel brachliegendes Potenzial nutzen lässt, um den für zahlreiche Berggebiete überlebenswichtigen Tourismus künftig umweltverträglicher zu gestalten.

Und apropos ÖV: Die SBB haben mit Snow’n’Rail ebenfalls viele Kombiangebote für Schlittler, Snowboarderinnen, Winterwanderer und Skifahrerinnen im Angebot.