Reparatur-Index: Reparierbarkeit von Produkten wird wichtiger

Neben der Energieeffizienz gewinnt die Reparierbarkeit von Produkten an Bedeutung. Gesetzgeber, Kundschaft und immer mehr Hersteller wollen mit langlebigen Produkten Ressourcen besser nutzen. Ein Reparatur-Index weist den Weg.

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Mini-Schraubenzieher öffnet das Innenleben einer kleinen Fernbedienung

Man kennt es von allen möglichen Produkten: Plötzlich macht die Waschmaschine keinen Wank mehr, der Tumbler setzt die Waschküche unter Wasser, die Kaffeemaschine verweigert den Dienst, das Smartphone hat eine Flugstunde genommen und der Bildschirm ist zerbrochen, der Haarfön sprüht Funken und die Pendelleuchte schaltet sich regelmässig nach wenigen Minuten selbst wieder aus. Wäre es nicht toll, man könnte alle diese Dinge reparieren oder reparieren lassen?

Ökodesign: Richtlinien für bessere Produkte

Ökodesign-Richtlinien regeln in der Europäischen Union seit 2005 die Anforderungen an «energieverbrauchsrelevante» Produkte. Ursprünglich war das Ziel, die Energieeffizienz zu verbessern. Die Richtlinien wurden und werden immer wieder entsprechend dem Stand der Technik verschärft.

Produkte, für die es noch keine Ökodesign-Richtlinie gibt, werden nach einem vorgegebenen Prozess geprüft. Falls relevantes Energiesparpotenzial vorhanden ist, wird eine entsprechende Richtlinie erarbeitet.

Energie ist aber nicht der einzige Faktor für die Nachhaltigkeit von Produkten. Inzwischen liegt der Fokus zunehmend auf Materialvorschriften und Ressourcen, welche für die Herstellung notwendig sind. Mitte 2024 hat die EU eine neue «Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte» (ESPR) erlassen.

Zerlegte Spielkonsole (Nintendo Switch)
Geräte demontieren ist auch ohne Richtlinien möglich: iFixit macht das seit 20 Jahren und vergibt eigene Noten für Servicefreundlichkeit – die abgebildete Spielkonsole erhielt 7 von 10 Punkten. (Foto: iFixit)

Was bedeutet Reparierbarkeit?

Gerade bei Produkten, die im Gebrauch nur wenig Strom brauchen, wie Smartphones und Laptops, ist es umso wichtiger, die Ressourcen für die Herstellung möglichst gut zu nutzen. Produkte sollten

  • solide sein und nicht schnell kaputt gehen,
  • gut reparierbar sein, falls es doch zu einem Defekt kommt.

Was bedeutet Reparierbarkeit – oder englisch Repairability –im Detail?

Auseinandernehmbar

Produkte mit guter Reparierbarkeit sind bereits so designt, dass sie gut auseinandernehmbar sind. Das heisst, dass ein Gerät zerlegt, repariert und wieder zusammengebaut werden kann, ohne dabei Schaden zu nehmen. Idealerweise sollten das auch Menschen ohne Fachausbildung machen können. Umgekehrt bedeutet es, dass Teile nicht verklebt oder verlötet sein dürfen, weil es die Fähigkeiten gewöhnlicher Nutzender übersteigen würde, diese Verbindungen zu lösen und wiederherzustellen.

Ersatzteile

Die Reparatur eines Geräts setzt bezahlbare Ersatzteile voraus. Kostet eine Reparatur zu viel oder dauert sie zu lange, macht das eine Neuanschaffung attraktiver. Hersteller sind gefordert, ausreichend Ersatzteile zu produzieren und vorrätig zu halten. Gerade bei vielen tausenden Produkten ist es nicht einfach, über die ganze Lebensdauer eine effiziente Ersatzteilversorgung sicherzustellen.

Werkzeuge

Natürlich ist es auch wichtig, dass Werkzeuge zugänglich sind. Diese sollten ebenfalls nicht zu teuer sein, aus dem gleichen Grund wie bei Ersatzteilen: Wird es zu teuer, ist eine Reparatur nicht mehr attraktiv. Gerade für Privatpersonen lohnt es sich nicht, teure Werkzeuge zu kaufen, um eine einzelne Reparatur durchzuführen.

Anleitungen

Zu guter Letzt müssen auch die Informationen verfügbar sein, wie etwas repariert werden kann. Unter anderem muss dokumentiert sein, wie sich ein Produkt auseinandernehmen lässt, wie ein Ersatzteil einzusetzen ist und welche Werkzeuge benötigt werden.

Ein zerlegtes Smartphone bestehend aus Bildschirm, Rahmen, Akku, hinterer Abdeckung, sieben Modulen sowie vier Schrauben
Wenn das Design stimmt, ist es keine Kunst, ein Smartphone auseinanderzunehmen und ein Modul auszutauschen. (Foto: Fairphone)

Software für Betrieb und Reparaturen

Für einen langen Betrieb vieler Produkte ist es wichtig, dass die Software  immer wieder aktualisiert werden kann, beispielsweise mit Sicherheitsupdates.

Gekoppelte Teile aktivieren

Zudem gibt es bei gewissen Geräten eine Teilekopplung. Wird ein bestimmtes Teil ersetzt, muss die volle Funktionalität mit zusätzlicher Software wieder hergestellt werden. Auch diese Software muss somit verfügbar sein, damit Geräte nach einer Reparatur wieder genutzt werden können.

Idealerweise ist ein Bauteil gar nicht erst gekoppelt, sondern kann einfach ausgetauscht werden und das Gerät funktioniert wieder.

Reparierbarkeit als Grundsatz

Organisationen und Unternehmen, die sich für Konsumentenschutz und für Nachhaltigkeit einsetzen, pochen schon länger auf ein Recht zur Reparatur und auf möglichst lang nutzbare Produkte. Dazu zählen unter anderen:

  • die Schweizer Stiftung Konsumentenschutz mit den Repair Cafés
  • Hersteller wie Fairphone (Smartphones) oder Framework (Laptops)
  • iFixit, das Webportal mit Anleitungen, Werkzeugen sowie eigenem Bewertungssystem und Produktelisten
  • Topten, das Schweizer Vergleichsportal für energieeffiziente Produkte mit eigener Smartphone-Liste

Wo wird Reparierbarkeit in Normen integriert?

Frankreich schreibt seit 2021 für Waschmaschinen, Geschirrspüler, Staubsauger, Hochdruckreiniger, Rasenmäher, Fernsehgeräte, Laptops und Smartphones die Angabe des indice de réparabilité vor. Dieser wird aufgrund von fünf Bewertungskategorien berechnet:

  • Dokumentation: Reparaturanleitungen müssen vorhanden sein
  • Zerlegbarkeit des Geräts (siehe «Auseinandernehmbar»)
  • Verfügbarkeit von Ersatzteilen
  • Preis der Ersatzteile
  • Produktspezifisches: weitere Kriterien pro Produktgruppe (Verfügbarkeit von Software-Updates, Hilfestellung auf der Webseite, Hotline, und anderes mehr).

Das Resultat ist eine Note auf einer Skala bis 10, je höher der Wert, umso einfacher reparierbar ist das Produkt.

Termine für die EU und Belgien

Belgien führt für die gleichen Produktkategorien mit Ausnahme der Smartphones per 2026 die Pflicht zur Angabe eines Reparierbarkeitsindex ein.

Die EU sah sich gezwungen, ebenfalls vorwärtszumachen in Sachen Reparierbarkeit. Als Vorreiterprodukte werden ab Juni 2025 Smartphones und Tablets mit der neuen, ergänzten Energieetikette ausgestattet und neue Vorschriften bezüglich Ökodesign treten in Kraft .

Diese Etikette wird nebst dem Reparatur-Index auch weitere Informationen bezüglich Batterielebensdauer, Software-Updates, Langlebigkeit, Wasser- und Staubwiderstandsfähigkeit zeigen.

Der Reparatur-Index unterscheidet sich allerdings von den existierenden nationalen Indizes in Frankreich und Belgien insofern, dass der Preis für Ersatzteile nicht Bestandteil ist. Es bleibt abzuwarten, ob es in Zukunft eine Mischung aus strengeren nationalen Bewertungen und der ergänzten EU-Energieetikette geben wird oder ob sich die Europäische Kommission für strengere Vorschriften entscheidet.