Ein Haus ohne Stromanschluss

Das erste energieautarke Haus der Welt steht in Brütten. Es hat keinen Anschluss ans öffentliche Stromnetz und braucht weder Öl noch Gas. Der gesamte Energiebedarf wird alleine durch die Kraft der Sonne gedeckt.

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offene Küche unter Dachschräge

Das Mehrfamilienhaus mit neun Wohnungen ist ein Leuchtturmprojekt der Energiestrategie 2050 und wurde anfangs Juni 2016 im Beisein von Bundesrätin Doris Leuthard eingeweiht.

«Die Speicher sind voll»

Übervater des Projekts ist Walter Schmid, Kompogas-Erfinder, Unternehmer und ein ausgesprochener Macher. «Wir haben mit diesem Projekt nur gemacht, wovon die Fachwelt schon seit bald 20 Jahren redet», sagt er. Nämlich die im Überfluss vorhandene Energie aus der Sonne kurz-, mittel-, und langfristig zu speichern. Dazu hat die Bauherrschaft verschiedenste Technologien angewendet, sodass den Bewohnern die Energie immer genau dann zur Verfügung steht, wenn sie benötigt wird. Und es funktioniert: «Bis jetzt sind die Speicher voll, es gibt immer Strom, obwohl es zurzeit viel regnet», so Schmid.

Bruetten Aussenansicht

Nach knapp anderthalb Jahren Bauphase sind die Pläne nun also Wirklichkeit geworden. Doch von Erleichterung oder Euphorie ist bei Walter Schmid nicht viel zu spüren. «Ich hatte nie Bedenken, dass es nicht funktionieren würde», sagt er. «Es ist alles positiv über die Bühne gegangen und mehr oder weniger nach Plan gelaufen», so Schmid weiter. Die einzige Überraschung sei gewesen, dass es keine Überraschung gab. Von grösseren Problemen wurde der Bauherr verschont. Nur bei den Solarzellen aus China erwies sich der lange Transportweg als nachteilig. Einige Zellen gingen bereits während des Transports kaputt. «Die Nachbestellung war keine einfache Sache, es dauerte sehr lange, bis die neue Ware kam», so Schmid. Deshalb werde man zukünftig auf einen Hersteller aus Europa setzen.

Bruetten Fassade
Die Hausfassade besteht aus Photovoltaikelementen mit Dünnschichtzellen.

Erdsonden weniger tief als geplant

Eine grössere Planänderung betraf den Bereich Erdsonden. Aufgrund einer Auflage der Gemeinde durfte nicht wie geplant 800 Meter tief gebohrt werden, sondern nur 360 Meter. Deshalb wurde nun doch eine Wärmepumpe nötig.

Bis Ende Monat werden die letzten Mieter eingezogen sein. Eine Musterwohnung wird bis auf Weiteres aufgrund des grossen Interesses für Führungen noch frei gehalten. Walter Schmid indes ist schon beim nächsten Projekt: Ein Energiezukunfts-Haus in Leimbach. Dieser Tage hat der Aushub dafür begonnen. Es ist nicht ganz so revolutionär wie das Mehrfamilienhaus in Brütten, es wird einen Stromanschluss haben. Dies, weil man in Leimbach beim Speichern der Sonnenenergie auf die Brennstoffzellentechnologie verzichtet. Schmid: «Ich bin überzeugt, dass Brennstoffzellen die Zukunft sind. Doch zurzeit ist die Technologie einfach noch zu wenig wirtschaftlich.»

Innenansichten einer Wohnung im autarken Mehrfamilienhaus

Bruetten Essraum
Essplatz.
Bruetten Kueche
Die offene Küche mit grosszügiger Insel.
Bruetten Wohnbereich
Wohnbereich mit Aussicht.
Bruetten Kuechen Wohnen
Dachfenster für noch mehr Licht im Raum.

In einem separanten Beitrag: Was sagen die Bewohner?
Leben ohne Stromanschluss