Die Energieetikette: was sie besagt und was sie verschweigt
Geräte-Bewertungen und Deklarationen sind ein grosser Fortschritt und verbessern die Planung von Lüftungsanlagen. Die Schweiz hat dabei in den letzten Jahren Pionierarbeit geleistet. Anfang 2016 wurde nun in der EU eine Energieetikette für Wohnraumlüftungsgeräte eingeführt. Diese ist seit dem 1.8.2016 auch in der Schweiz Pflicht. Sie liefert folgende Angaben:
- Die Effizienzklasse (A bis G) bewertet den Energieverbrauch des Gerätes
- Ein Dezibel-Wert gibt an, wie viel Schall das Gehäuse beim Betrieb abstrahlt
- Der maximale Luftvolumenstrom wird in Kubikmetern pro Stunde angegeben
Stromverbrauch, Lautstärke und Leistungsfähigkeit sind tatsächlich relevante Kriterien für den Kaufentscheid. Aber reichen diese Informationen für einen Vergleich der Produkte?
Nein, sagt der Verein energie-cluster.ch und bietet auf seiner Webseite eine eigene Deklaration „Made in Switzerland“. Sie enthält folgende zusätzliche Angaben:
- Zusatzinformation zum Vereisungsschutz
- Bewertung des Schalls in sieben Schallklassen (unter Berücksichtigung der Schallleistungspegel an den Gerätestutzen zusätzlich zur Gehäuseabstrahlung)
- Bewertung der Filter-Leckage und -Konstruktion in sieben Hygieneklassen
Hilfe für die Verbraucher
Beide Bewertungssysteme erleichtern die Suche nach einem passenden, energieeffizienten Gerät, wobei die Schweizer Deklaration um einiges umfassender ist und zusätzlich wichtige Kriterien wie Hygiene und Akustik beinhaltet. Theoretisch kann ein Lüftungsgerät ohne Filter, mit hohen Schallpegeln an den Luftleitungen und mit einem ineffizienten Vereisungsschutz in der EU trotzdem eine Top-Bewertung bekommen.
Gerade beim Vereisungsschutz, der in Geräten mit Wärmerückgewinnung notwendig ist, sind die Unterschiede gross. Denn je nach Bauart verbraucht der Vereisungsschutz unterschiedlich viel Energie. Beim Schall schaut die Schweizer Deklaration löblicherweise nicht nur auf die Abstrahlung am Gehäuse, sondern auch an den Leitungsanschlüssen. Und die zusätzliche Bewertung der Filterqualität ist ebenfalls hilfreich für die Verbraucher.
Unterschiede in den Bewertungssystemen
Transparenz auf dem Markt
Die umfassende Schweizer Deklaration fördert die Transparenz auf dem Komfortlüftungsmarkt. Zudem pusht sie Geräteinnovationen, denn die Hersteller streben natürlich nach möglichst guten Bewertungen in allen Kriterien. In diesem Sinne ist das Schweizer System eine Pionierarbeit und kann als Vorbild dienen für eine Weiterentwicklung des EU-Energielabels. So wird der Weg zur Wunschlüftung für Verbraucher Stück für Stück erleichtert. Beide Bewertungssysteme sollen deshalb in Zukunft nicht miteinander konkurrieren. Die Schweizer Deklaration wird konsistent mit der EU-Etikette ausgebaut. Bis Ende des Jahres soll die Revision fertig sein und dabei sollen keine Informationen aus der bisherigen Deklaration verloren gehen.
Das Feedback aus der Branche auf die Deklaration ist gut. Einerseits finden sich Planer besser im Dschungel der angebotenen Geräte zurecht. Andererseits forcieren die Bewertungen auch technische Innovationen. Manche Geräte sind extra für die Deklaration weiterentwickelt worden, denn Klasse B lässt sich natürlich nicht so gut verkaufen wie Klasse A. Durch die Energieetikette werden zum Beispiel Technologien für eine bedarfsgerechte Lüftungssteuerung gepusht, denn sie wirken sich in der Berechnung positiv aus.
Neben CO2-Fühlern werden sich weitere Sensoren, etwa zur Feuchtemessung, etablieren. Neu sind auch Ideen, die Wohnungen in verschiedene Zonen mit unterschiedlicher Regelung aufzuteilen, zum Beispiel in Tag- und Nacht-Zonen.
Gefahren bei Komfortlüftungen
Trotz der vorbildlichen Deklaration läuft in der Praxis bei Komfortlüftungen immer noch vieles schief. Man findet verschmutzte Anlagen und unsachgemäss verlegte Luftrohre. Oft ist bei Planung und Installation kein Lüftungsexperte involviert und auch die Wartung ist nicht immer mustergültig. Leider ist die Technik nicht sehr fehlertolerant, so dass der tatsächlich erreichte Lüftungskomfort zuweilen mangelhaft ist. Wenn ein Rohr beim Installieren geknickt wird, entstehen beispielsweise später mehr Lüftungsgeräusche. Nur wenn Planung, Installation und Wartung richtig ausgeführt werden, wird die Lüftung so wie ihr Name verspricht: nämlich komfortabel. Aus diesem Grund findet das Thema Komfortlüftung zunehmend Einzug in die Ausbildung und Weiterbildung von Baufachleuten. Auch die Gerätehersteller tüfteln an Verbesserungen. So werden beispielsweise Luftverteilsysteme so konfektioniert und verpackt, dass sie bis kurz vor Inbetriebnahme vor Schmutz geschützt sind.
Komfortlüftungen können mit der Wärmerückgewinnung erheblich zur Reduktion der Energieverbräuche in Neu- und Altbauten beitragen. Laut einer Studie der Hochschule Luzern sind die Komfortlüftungen in Einfamilienhäusern in einem guten bis sehr guten hygienischen Zustand, wie Untersuchungen an 50 Einfamilienhäusern zeigten. Aufgrund der geringen Anzahl von Bauten ist die Studie jedoch nicht repräsentativ, sondern dient als Grundlage für Empfehlungen zur Hygiene der Anlagen. Die Aussenluftansaugung war hingegen häufig mangelhaft. Zum Schutz vor Schnee und Schmutz ist diese in einer entsprechenden Höhe von mindestens 70 cm ab Bodenniveau einzubringen. Eine regelmässige Wartung der Anlage ist alle drei bis sechs Jahre durch einen Experten notwendig. Der regelmässige Wechsel von Kondenswasser und Filtern wird hingegen oftmals versäumt.
Für die Deklaration von energie-cluster.ch werden die Lüftunsgeräte auf dem Prüfstand der Hochschule Luzern getestet.
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