Notvorrat bei Stromausfall oder Blackout: Das gehört in jeden Haushalt
Der Notvorrat wird gerne als Relikt aus Zeiten des Kalten Krieges belächelt. Dabei geht es längst nicht mehr darum, im Keller kiloweise Konserven zu lagern. Zweck ist vielmehr, ein paar Tage ohne Strom, Supermarkt und Wasser aus dem Hahn zu überbrücken.
Dem Notvorrat haftet noch heute hartnäckig dieses Bild an: bis zur Decke gefüllte Kellerregale mit Lebensmitteln, die man im Normalfall kaum je anrühren würde. Davon könnten die aktuellen Vorratsempfehlungen des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) aber nicht weiter entfernt sein. Die Idee ist längst nicht mehr, dass sich die Bevölkerung im Ernstfall über Wochen oder Monate selbst versorgen müsste. Vielmehr geht es darum, ein paar Tage ohne Strom und Supermarkt, ohne trinkbares Leitungswasser und Take-Away über die Runden zu kommen.
Warum überhaupt ein Notvorrat?
Notwendig könnte das aus verschiedenen Gründen sein: etwa, weil extreme Unwetter die Transportwege blockieren, ein Rohrbruch dazu führt, dass das Trinkwasser verunreinigt ist, oder ein Blackout den Alltag lahmlegt, wie im April dieses Jahres in Spanien und Portugal geschehen. Gerade bei einem grossflächigen Stromausfall muss bedacht werden: Nicht nur Licht und Herd fallen für unbestimmte Zeit aus, sondern auch Internet und Kassensysteme, Geldautomaten und Tankstellen. Die Empfehlung des Bundes: Trinkwasser für drei Tage und lagerfähige Lebensmittel für eine Woche stets vorrätig halten. Wie viel das für den eigenen Haushalt konkret ist, lässt sich mit dem Notvorratsrechner des BWL leicht ermitteln.
Viele Haushalte sind kaum auf einen Versorgungsengpass vorbereitet
Doch selbst für einen solchen vorübergehenden Versorgungsengpass sind längst nicht alle Schweizer Haushalte gerüstet. Das zeigt eine Umfrage der Forschungsanstalt Agroscope aus dem Jahr 2018. So hatten ganze 70 Prozent der befragten Personen nicht genügend Trinkwasser zu Hause, um ein paar Tage ohne Wasser vom Hahn auszukommen. Und ebenso wenig ausreichend Essen, das nicht unbedingt gekocht werden muss und ohne Kühlschrank haltbar bleibt.
Während ältere Menschen mit eher tieferem Bildungsstand oft sehr gut für den Krisenfall vorbereitet sind, schneiden jüngere und gut ausgebildete Städterinnen und Städter eher schlecht ab. Es dürfte jedoch kein bewusster Entscheid sein, dass diese keinen Notvorrat anlegten, glaubt Thomas Grünwald, Mediensprecher beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung. Neben der Tatsache, dass die jüngere Generation meist noch nie eine Mangellage erlebt hätte, dürfte hier auch mitspielen: Man muss in der Stadt grundsätzlich weniger vorausplanen bei der Lebensmittelbeschaffung: Schliesslich bieten sich auch abends oder sonntags stets genügend Möglichkeiten, um sich spontan zu verpflegen.
Trinkwasser: 3 Liter Wasser pro Person und Tag
Die Schweiz verfügt über das Privileg fast unbegrenzter Mengen an Trinkwasser. Wird die Versorgung aber unterbrochen, sind auch wir auf Reserven angewiesen. Die Notvorrat-Empfehlung des Bundes lautet deshalb: 9 Liter Wasser pro Person im Haushalt.
Die Notvorrat-Empfehlung des Bundes: 9 Liter Wasser pro Person.
Eine solche Reserve entspricht einem handelsüblichen Pack mit sechs 1,5-Liter-Flaschen pro Person und reicht für drei Tage. Einberechnet ist dabei nur das Trink- und Kochwasser, kein Brauchwasser für persönliche Hygiene oder Geschirrspülen. Ab dem vierten Tag eines Unterbruchs sind die Wasserversorger in der Schweiz gesetzlich verpflichtet, die Bevölkerung mit einer Mindestmenge an Trinkwasser zu versorgen.
Schon ein Rohrbruch kann ausreichen, um die Trinkwasserversorgung für einige Tage zu unterbrechen. Deshalb ist es ratsam, neun Liter Wasser pro Person im Vorrat zu haben. (Foto: Sandsun/Shutterstock)
Lagerfähige Lebensmittel: Für eine Woche muss es reichen
Ein Notvorrat muss weder den Keller füllen, noch ist er ein unantastbares Warenlager mit Produkten, die man eigentlich nicht mag. «Wenn man stets ein wenig mehr zu Hause lagert, als für die normale Alltagsplanung notwendig ist, ist man schon gut aufgestellt», sagt BWL-Sprecher Grünwald. «Das benötigt nicht viel Platz und gibt dennoch Sicherheit.» So formuliert denn auch die aktualisierte Kampagne «Guter Rat – Notvorrat» klar:
Der Notvorrat sollte den persönlichen Vorlieben, Bedürfnissen und Gewohnheiten entsprechen.
Die vorrätigen Lebensmittel sollten in den Kochalltag integriert und fortlaufend konsumiert und ersetzt werden.
Aber: In den Notvorrat gehören neben Grundnahrungsmitteln wie Reis, Teigwaren oder Fleisch, Eier oder Hülsenfrüchte natürlich unbedingt auch Güter, die ohne Kochen oder Kühlen konsumierbar sind.
Reiswaffeln oder Brot, Zwieback oder Knäckebrot, Nüsse und Trockenfrüchte, Schokolade, Guetzli, Cracker, Müslimischung
Konserven mit Früchten, Gemüse und Hülsenfrüchten,
Fertigrösti und Fertigsuppen, Trockenfleisch, Schmelzkäse
Öl, Mayonnaise, Ketchup, Tomatensauce, Pesto
Kaffeepulver, Tee, Honig, UHT-Milch/Milchersatz
Als Notvorrat zählen übrigens auch tiefgekühlte Produkte. Gekühlte Lebensmittel bleiben auch bei einem Stromausfall mehrere Stunden oder länger haltbar, solange Gefrier- und Kühlschrank möglichst geschlossen bleiben.
Taschenlampe und Radio, Campingkocher und Bargeld
Zum Notvorrat gehören neben Trinkwasser und Lebensmitteln aber auch noch weitere wichtige Güter und Artikel:
Medikamente, Hygienemasken und Notfallapotheke (Fieberthermometer, Verbandsmaterial, Schmerzmittel)
Taschenlampe mit Ersatzbatterien, Kerzen, Zündhölzer und Feuerzeug – aufbewahrt an einem gut erreichbaren Ort, wo sie auch im Dunkeln zu finden sind
Gaskocher oder Fondueset (inklusive Brennpaste oder -sprit)
batteriebetriebenes Radio inklusive Ersatzbatterien (Informationen und Handlungsanweisungen von Behörden werden in einem Krisenfall stets via Radio verbreitet)
Abfallsäcke
(solarbetriebene) Powerbank für Handy und Laptop
Hygieneartikel wie WC-Papier, Seife, Windeln etc.
Bargeld in kleinen Scheinen und Münzen
Was tun: zu Beginn eines Stromausfalls – und danach
Fällt der Strom aus, sollten alle elektrischen Geräte ausgeschaltet oder ausgesteckt werden. Kochherd, Backofen oder Bügeleisen schalten sich sonst womöglich automatisch wieder ein, wenn der Strom wieder geht. Neben Sicherheitsbedenken geht es hier auch um die Reduktion der Spitzenlast, wenn die Stromzufuhr wieder anläuft. Zudem können Spannungsschwankungen bei den Geräten vermieden werden.
Kühl- und Gefrierschrank können allenfalls auch an eine Batterie beziehungsweise ans Auto angeschlossen werden, damit die Lebensmittel nicht verderben. So bieten immer mehr Fahrzeuge eine Vehicle-to-Load-Funktion (V2L, mehr dazu im Faktenblatt «Bidirektionales Laden» als PDF). Batterien von Photovoltaikanlagen verfügen teilweise über Notstrom-Steckdosen.
Wenn die Stromzufuhr wieder funktioniert, empfiehlt sich zudem ein Kontrollrundgang: Sind alle Geräte ausgeschaltet, die man nicht braucht? Funktionieren Heizung, Kühlschrank und Alarmanlage wieder?
Pflichtlager sichern Versorgung der Bevölkerung
Und falls es doch einmal zu einer gravierenden und länger anhaltenden Krise kommen sollte? Dann stellen Pflichtlager die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern für mehrere Monate sicher. Produzenten und Importeure aus der Privatwirtschaft sind vertraglich verpflichtet, einen gewissen Anteil des nationalen Bedarfs an ihren Produkten immer vorrätig zu halten. Entsprechend hat die Schweiz über 720’000 Tonnen an Waren für den Ernstfall bereit. Dazu gehören Grundnahrungsmittel, aber auch Produktionsgrundlagen wie Stickstoffdünger oder Saatgut.
Doch auch wenn die Schweiz den Bedarf der Bevölkerung an lebenswichtigen Gütern für mehrere Monate sicherstellen kann: Bis solch staatliche Massnahmen im Ernstfall anlaufen, dürften ein paar Tage vergehen – und auch in diesen fährt besser, wer zu Hause die wichtigsten Lebensmittel und Artikel vorrätig hat.
Stromausfall, Blackout und Strommangellage: Was ist was?
Stromausfälle können verschiedene Ursachen haben. Sie unterscheiden sich auch in Bezug auf Dauer, räumliche Ausdehnung und Intensität (wie in diesem Beitrag zur Stromversorgungssicherheit in der Schweiz ausgeführt). Grundsätzlich lassen sich drei Szenarien definieren:
Zu einem regionalen Stromausfall kann es zum Beispiel durch ein extremes Wetterereignis kommen, oder wenn bei Bauarbeiten ein Erdkabel zerstört wird. Meist sind solche Ausfälle von kurzer Dauer, oder es kann eine provisorische Versorgung organisiert werden.
Ein Blackout ist ein grossflächiger Stromausfall, von dem sehr viele Menschen betroffen sind. Ein aktuelles Beispiel dafür war der massive Stromausfall Ende April auf der Iberischen Halbinsel. Weite Teile von Spanien und Portugal waren damals für einen Tag vollkommen von der Stromversorgung abgetrennt, der Alltag kam weitgehend zum Erliegen. Der Grund für den Blackout war eine zu hohe Spannung im spanischen Stromnetz, die mehrere Schutzabschaltungen zur Folge hatte.
Die Quarks Science Cops erklären in einem unterhaltsamen Podcast nicht nur die Blackout-Gefahr für Deutschland, sondern auch gleich noch das Stromnetz.
Eine lang andauernde Strommangellage stellt heute die grösste Gefährdung für die Schweiz dar, wie die Risikoanalyse des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz zeigt. Bei einer Strommangellage ist Elektrizität zwar verfügbar – allerdings nicht in der nachgefragten Menge. Produktions- oder Importkapazitäten sind eingeschränkt. In einem solchen Fall ist die Stromversorgung für Wochen oder sogar Monate begrenzt.
EKZ bietet zwar eine Netzverfügbarkeit von 99,998 Prozent. EKZ-Kundinnen und -Kunden müssen also im Schnitt nur gerade 12 Minuten im Jahr auf Strom verzichten, was deutlich unter dem landesweiten Durchschnitt von 18 Minuten liegt. Dennoch zeigen die verschiedenen Szenarien: Es lohnt sich immer, lebenswichtige Güter für einige Tage zu Hause vorrätig zu haben – für den Fall der Fälle.
Ich bin heute zufälligerweise auf ihr Schreiben gestoßen. Früher hatte ich im Keller einen großen Vorrat. ( bin 79.J) Jetzt weiß ich genau, was wir für 2 Personen brauchen. Das sollten alle wiedermal lesen. Für mich war es beruhigend. Danke
Kommentare: Was denken Sie?
Strüby Hedy
Vor 3 Monaten
Ich bin heute zufälligerweise auf ihr Schreiben gestoßen. Früher hatte ich im Keller einen großen Vorrat. ( bin 79.J) Jetzt weiß ich genau, was wir für 2 Personen brauchen. Das sollten alle wiedermal lesen. Für mich war es beruhigend. Danke