Spezielle Anforderungen im modernen Holzbau

Im Holzbau ist die differenzierte Betrachtung der Bauaufgabe essentiell. Schon in den frühen Planungsphasen sollte man die Ziele und Projekthintergründe richtig definieren und den ganzen Gebäudelebenszyklus im Blick haben.

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Fabrikation von grossen Holzbau-Elementen: Ein Mann bedient einen Kran, zwei weitere besprechen einen Plan

Bauen mit Holz bedingt grosse Disziplin und einen hohen Detaillierungsgrad in der Ausführungsplanung. Und es braucht Fachleute, die sich mit dem Material sehr gut auskennen. Nebst vielen spezifischen Anforderungen ist der Schutz vor Feuchte eine oft unterschätzte Aufgabe, nicht nur auf der Baustelle, sondern schon am Zeichenbrett. Die etwas aufwendigere Planungsarbeit zahlt sich aber in der Realisierung aus. Wenn alles richtig konzipiert und durchgeführt wird, erlaubt Holz einen hohen Vorfertigungsgrad mit Einsatz neuer Technologien, kürzere Prozesse auf dem Bau mit weniger grauer Energie, ein langes Gebäudeleben und gute Weiterverwendungsmöglichkeiten – also Recycling und Kreislaufwirtschaft statt Rückbau und Entsorgung.

Clever Bauen mit Holz

Im Holzbau ist das Bausystem ein Leitgedanke nicht nur für das Tragwerk sondern auch für den ganzen Bau. Durch eine filigrane Tragstruktur und einen integrierten Innenausbau und die ebenfalls integrierte Wärmedämmung können im Vergleich zu einem Massivbau bis zu 50 % an Wandstärke gespart werden, ohne das energetische Verhalten des Gebäudes zu verschlechtern.

Einige typische Holzbausysteme

Es gibt mehrere Holzbausysteme, die je nach Projekt eine gute Möglichkeit darstellen.

  • Hybridbauweise
  • Holzrahmenbau
  • Skelettbau
  • Massivholzbau
  • Blockbau
Halle mit Flugzeugen, Decke mit Holzbalken-Konstruktion
Elegante Konstruktionen und grosse Spannweiten sind für Holzbau kein Tabu. (Pilatus Flugzeugwerke, Stans / Holzpreis Schweiz – Prix Lignum 2009)

In den Vordergrund der Holzbau-Szene tritt immer mehr ein optimierter Planungsprozess, wo alle Baubeteiligten früh genug ihre Rolle übernehmen. Ziel ist eine integrale Planung, die den ganzen Lebenszyklus des Gebäudes umfasst, komplexe Abhängigkeiten transparent macht und behandelt. Alle Nachhaltigkeitskriterien werden von Anfang an als Schwerpunkte in die Planung miteinbezogen.

Dabei sind die neuen digitalen Planungsmethoden wie BIM immer häufiger eine bevorzugte Lösung. Das Gebäude wird als digitaler Zwilling komplett dreidimensional aufgebaut und während der Planung regelmässig aktualisiert. Diverse Schnittstellen und Datenbanken erlauben die effiziente Zusammenarbeit aller Beteiligten. Planungsfehler können rechtzeitig erkannt und behoben werden. Für den Holzbau bringen die neuen Methoden viele Entwicklungsmöglichkeiten.

Hybridbauweise: Holz und mehr

Die Hybridbauweise ist für die Baubranche und für viele Forschungsinstitute ein Thema mit Potential.

Oft ist es vorteilhaft, statt auf nur einem Baustoff zu beharren, eine Kombination von Materialien anzuwenden, um die unterschiedlichen Anforderungen am Gebäude optimal zu erfüllen. Um nachhaltig zu bauen, müssen  Beton und Stahl nicht zwingend verschwinden, sondern lassen sich mit Holz in Form einer Hybridbauweise intelligent kombinieren. Ferner gibt es andere nachwachsende Rohstoffe nebst Holz, die beim Bauen eine Zukunft haben können, wie Flachs, Hanf oder Bambus. Immer häufiger fällt dabei der Schwerpunkt auf eine experimentierfreudige Denkweise und noch anzupassende Baunormen, die neue Horizonte für den Holzbau eröffnen.

Mit Stroh gefüllte Holzrahmen bilden eine Wand, weitere Hybridelemente stehen zur Montage bereit
Wie gut sich Holz mit anderen Baustoffen kombinieren lässt, ist ein breites Forschungsthema für die Zukunft. (Foto: Shutterstock/Natalia Nosova)

Vorfabrizieren ist sinnvoll und effizient

Eine der grössten Stärken des Holzbaus besteht im so genannten modularen Bauen, das die Vorfertigung von Bauelementen, Bauteilen, Moduleinheiten und sogar ganzen Wohneinheiten einschliesst. In Sachen digitaler Planungs- und Ausführungsprozesse ist damit schon ein grosser Schritt gemacht. Statt auf der Baustelle werden die Elemente im Werk unter präziser Kontrolle hergestellt.

Kürzere Bauzeit wirkt höheren Kosten entgegen

Der hohe Vorfertigungsgrad erlaubt kürzere und termingerechte Bauzeiten und hohe Genauigkeit. Darüber hinaus können ganze Holzmodule mit bereits verlegten Leitungen, ausgesparten Anschlüssen und integrierter Wärmedämmung auf der Baustelle schnell und passgenau zusammengesetzt werden. Unterschiedliche Kombinationen im Zusammenbau und spätere Erweiterungen mit neuen Einheiten erlauben zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten und zukünftige Nutzungsanpassungen.

Im Idealfall entsteht eine effiziente, kosten- und energiesparende Lösung, die eine Skalierung der Herstellung ermöglicht. Wird die Wiederverwendungsstrategie gleich mitentwickelt und in Serie produziert, bleibt der Wert über den initialen Bau hinaus erhalten.

Baustelle eines Bürogebäudes in Berlin: Der Kran hebt ein Bauelement aus Holz an seine Position in der Struktur. (Foto: Shutterstock/Jarama)

Bezahlbarer Wohnraum und Flexibilität

Eine wichtige Leistung des modularen Holzbaus, die oft nicht genügend zur Geltung kommt, ist die Herstellung von ganzen Wohneinheiten.

Lange Zeit wurden Modulhäuser als architektonisch weniger wertvoll und langweilig angesehen. Es mag tatsächlich sein, dass die Vorfertigung von Wohneinheiten über Jahrzehnte keine grossen ästhetischen Anforderungen erfüllte und mit einer gewissen Anonymität verbunden war. Doch das hat sich geändert. Modulhäuser haben sich von simplen Baukasten zu einer individuell gestaltbaren, hochwertigen Option für den Traum vom Eigenheim entwickelt.

Modulhäuser haben sich von simplen Baukasten zu einer individuell gestaltbaren, hochwertigen Option für den Traum vom Eigenheim entwickelt.

Modulare Wohneinheiten aus Holz zeichnen sich aus durch kurze Bauzeiten, CO2-optimierte Bauweise und vielfältige Anpassungsmöglichkeiten. In einer hochentwickelten Gesellschaft, in der Wohnpreise immer mehr steigen, stellen Holzmodulhäuser eine bezahlbare und ökologische Möglichkeit dar, die nicht zu unterschätzen ist.

Nebenbei werden auch neue flexible Wohnformen erforscht, die Lösungen für den Mangel am Wohnraum in den Grossstädten und für die städtische Verdichtung anbieten.

Last but not least: Wenn Architektur wirklich gut ist, gibt es keinen Grund, immer wieder bei Null anzufangen.

Elegantes zweistöckiges Mini-Gebäude aus Holz mit Glasfront und einzelnen bunten Elementen
Holz hat in neuen alternativen Wohnformen eine breite Anwendung (NRS-Team, Cham/Lignum)

Wiederverwenden nach einem längeren Lebenszyklus

Während seines Lebens speichert ein Baum Kohlenstoff, der bei einer Nutzung als Schnittholz in der Holzsubstanz verbleibt. Nur die Abfälle werden zu Holzpellets verarbeitet und thermisch verwertet. Im Ofen wird der im Holz enthaltene Kohlenstoff wieder freigesetzt. Der Prozess gilt nur dann als neutral, wenn neues Holz nachwächst. Das dauert aber 20 bis 40 Jahre. Aus diesem Grund ist es anzustreben, Holz in einem Gebäude für 50 oder sogar mehr Jahre einzubauen. Auch danach sollte das Verbrennen von Holz erst als letzter Schritt kommen. Denn wie wir im vorangehenden Beitrag aufgezeigt haben, geben alle Wälder der Welt nicht genug Holz her, dass wir sämtliche Bauwerke damit erstellen könnten.

Ziel jeder Nachnutzung von Holz und Holzwerkstoffen muss sein, die Kohlenstoff-Bindung im Material zu erhalten und den Bedarf an neuen Rohstoffen zu reduzieren.

Aktuell ist die Wiederverwendung von Holz mit Verlust an Qualität verbunden. Es fehlt auch die Erfahrung im Recycling von grösseren Bauten. Um das ganze Rückgewinnungskonzept greifbarer zu gestalten, sollte die werterhaltende Nachnutzung vom Holz und seine Anwendung im Sinne des zirkulären Bauens früh in der Planung anfangen. Ein Gebäude ist so zu planen, dass während des Rückbaus alle Materialien leicht wieder getrennt werden können.

Das Gebäude als Rohstofflager der Zukunft

Die Baumart, das Wachstum und die Verarbeitung beeinflussen erheblich die Möglichkeiten für den Einsatz und die Wiederverwendung von Holzmaterialien. Die leichte Trennbarkeit der Holzelemente sollte mittels lösbarer Fügungen gewährleistet werden.

Nicht alle Holzprodukte sind zu bevorzugen, nur weil sie Holz enthalten. Reine Holzquerschnitte können zerspant, zerfasert oder gemahlen wieder gebraucht werden. Holzwerkstoffe bieten in dieser Hinsicht deutlich weniger Möglichkeiten. Viele enthalten problematische Bindemittel und Beschichtungen. Holzkomposita mit PVC-Anteil sind nicht wiederverwendbar und werden zu kontaminiertem Abfall. Einzusetzen sind Systeme ohne Klebstoffe oder solche mit optimiertem Klebstoffeinsatz und weitere biozidfreie Materialien, die sich im Brandfall neutral verhalten.

Auf dem Markt gibt es schon Produkte wie Lasuren und Holzöle auf Basis von Leimdotter, die keine schädliche Wirkung für die Menschen haben, der Umwelt nicht schaden und zur zirkulären Bauwirtschaft positiv beitragen.

Durch ein gesamtheitliches Materialkonzept und eine umweltbewusste Materialwahl ist es möglich, einen sortenreinen Rückbau zu gewährleisten und Gebäude in Rohstofflager für die Zukunft zu verwandeln. Eine Planungsphilosophie, welche die nachhaltige Nutzung von Holz erleichtert und den Weg frei macht für ein energiearmes und natürliche Ressourcen schonendes Bauen.