Studie: Wie nachhaltig wirken Energiesparprogramme?
Gut gemachte Energieeffizienzprogramme wirken selbst Jahre später noch nach. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität Genf. Viele Haushalte setzen vorgeschlagene Sparpraktiken auch lange nach der Teilnahme weiterhin um.
Was bleibt von Programmen zur Verbesserung der Energieeffizienz in den Haushalten mittel- und langfristig hängen? Können sich die einstigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer später noch an die Initiative erinnern? Wenden sie die empfohlenen Spartipps auch nach Jahren weiter an? Setzen sie langfristig auf sparsame Haushaltsgeräte? Sinkt der Stromverbrauch im Haushalt dauerhaft?
Untersuchung zu langfristigem Einfluss des Programms Eco21
All diesen Fragen sind Forscher der Universität Genf in einer im März 2024 in der Fachzeitschrift Energy Research & Social Science publizierten Studie nachgegangen. Das Team hat in rund 2800 Haushalten im Kanton Genf eine Befragung durchgeführt und gleichzeitig deren Stromverbrauch über die Jahre ausgewertet. Die Haushalte hatten fünf bis neun Jahre zuvor am Energieeffizienzprogramm Eco21 teilgenommen, einer Initiative der Services Industriels de Genève SIG.
Der Genfer Energieversorger hatte das Programm 2007 ins Leben gerufen, um den Energieverbrauch in Haushalten, aber auch Betrieben und Gemeinden des Kantons zu senken. Die Strategien der verschiedenen Unterprogramme von Eco21 reichen von finanziellen Anreizen über den Ersatz von stromfressenden Geräten bis hin zu persönlichen Beratungen zu Hause im Programm Ecosocial.
Gewohnheiten und Haushaltsgeräte sparen Energie
Die Studie zeigt, dass sich die meisten Befragten selbst lange Zeit später noch gut an ihre Teilnahme am Programm erinnern können. Und nicht nur das.
Sparpraktiken aus dem Programm werden langfristig beibehalten
Die Mehrheit der befragten Haushalte wendet die damals vorgeschlagenen Energiespartipps auch heute noch an. Dazu gehören etwa: ungenutzte Geräte auszustecken beziehungsweise ganz auszuschalten statt im Standby-Modus zu belassen, sowie das Licht auszuschalten, wenn man einen Raum verlässt.
Energieeffizientere Haushaltsgeräte bleiben über die Jahre im Einsatz
Die Teilnahme am Energieeffizienzprogramm Eco21 wirkt sich laut den Forschern aus Genf auch langfristig positiv auf die Bereitschaft der Haushalte aus, auf sparsamere Geräte umzusteigen. So sind zum Beispiel während des Programms angeschaffte LED-Lampen oder Kühl- und Gefrierschränke der Energieklasse A+ bis A+++ auch Jahre später noch in den Haushalten anzutreffen.
Energieeffizienzprogramme können einen erheblichen und dauerhaften Einfluss auf den Energieverbrauch im Haushalt ausüben.
Dazu kommen ökologisch sinnvolle Lösungen wie elektrische Wasserkocher oder Sparaufsätze für Wasserhähne und Duschbrausen, die den Wasserverbrauch reduzieren. Gerade bei der Beleuchtung haben die Haushalte ausserdem über die Jahre auch selbst ineffiziente Lampen durch sparsamere Alternativen ersetzt.
Stromverbrauch sinkt deutlicher und dauerhafter als in anderen Haushalten
Dieser anhaltende Einsatz für mehr Energieeffizienz hat messbare Folgen: So ist der Stromverbrauch der einstigen Programmteilnehmerinnen und -teilnehmer über die Jahre deutlicher und dauerhafter gesunken als der Energiekonsum in anderen Haushalten.
Gut gemachte Programme wirken langfristig
Fazit der Studie: Energieeffizienzprogramme wie Eco21 können einen erheblichen und dauerhaften Einfluss auf den Energieverbrauch im Haushalt ausüben. Gut gemacht, würden sie Menschen lange über die eigentliche Teilnahme am Programm hinaus zu nachhaltigem Verhalten im Alltag anregen, stellen die Forscher fest.
Erfolgsfaktoren
Für erfolgreiche Programme gilt es laut den Forschern jedoch ein paar Dinge zu beachten:
Ökologischen Nutzen betonen
Als Beweggründe für das Aneignen von Sparpraktiken und den Kauf energieeffizienter Haushaltsgeräte verweisen die Befragten mit Abstand am häufigsten auf ökologische Motive. Das gilt selbst für Programmvarianten mit klar ökonomischen Anreizen. «Die Bedeutung finanzieller Anreize lässt sich in unserer Studie nicht eindeutig bestätigen», schreiben die Forscher denn auch. «Wer für sein Verhalten vor allem ökonomische Vorteile geltend macht, spart nicht zwingend auch am meisten Energie.» Energieeffizienzprogramme sollten darum vor allem den ökologischen Nutzen hervorheben und nicht in erster Linie finanzielle Gründe.
Allerdings gelingt es auch ökologisch orientierten Menschen nicht immer, ihre Werte in der Praxis umzusetzen: Zum Teil sind die Bedingungen im häuslichen Umfeld komplex, ausserdem können sogenannte Rebound-Effekte entstehen.
Mix aus mehreren Instrumenten statt einer einzigen Strategie
Ein Mix aus unterschiedlichen Instrumenten dürfte effektiver sein als nur ein einziger Ansatz. Dennoch hat sich der Studie zufolge aber eine Strategie besonders bewährt: Das Unterprogramm Ecosocial ist interaktiver und persönlicher gestaltet als andere Instrumente von Eco21, die etwa mehr auf finanzielle Anreize setzen.
Bei Ecosocial besuchen Botschafterinnen und Botschafter die teilnehmenden Personen zu Hause und informieren sie dort über verschiedene Sparpraktiken und sparsamere Haushaltsgeräte. Solche engen Interaktionen tragen laut den Wissenschaftlern viel dazu bei, dass sich die Teilnehmenden die vorgeschlagenen Tipps tatsächlich aneignen und auch längerfristig beibehalten.
Erfolgsversprechender als eine einmalige und kurze Aktion sind Energieeffizienzprogramme, die über längere Zeit laufen. Entscheidend für eine langfristige Energieersparnis im Haushalt ist dabei auch ein regelmässiger und persönlicher Austausch mit den Teilnehmenden.
Stromverbrauch der Haushalte um einen Achtel reduziert
Die Ergebnisse der Studie könnten problemlos ebenso auf andere Energieeffizienzprogramme für Haushalte angewendet werden, betont das Genfer Forschungsteam. Es hat die Einsparungen deshalb für die ganze Schweiz hochgerechnet: Gäbe es in allen Kantonen vergleichbare Massnahmen, könnten pro Jahr gut 2400 Gigawattstunden Energie gespart werden. Bezogen auf den Stromverbrauch privater Haushalte in der Schweiz wären das 2009 rund 13 % gewesen und 2022 immer noch gut 12 %.
Auch die EKZ-Energieberatung bietet Energieeffizienzprogramme für Haushalte an, vom Stromdetektiv bis zu Beiträgen an energieeffiziente Haushaltsgeräte in Ein- und Mehrfamilienhäusern.
Im Shop der EKZ-Energieberatung finden sich unter anderem zahlreiche Produkte zum Wasser sparen und zum Strom sparen, auch speziell bei der Beleuchtung.
Ich staune über die Linearität der Kurve. Ich hätte am Anfang eine Stufe erwartet und im besten Fall dann eine weitere leicht fallende Kurve. Der Ersatz von Geräten / Leuchtmitteln oder auch die Sensibilisierung zu einem gewissen Zeitpunkt sind nicht erkennbar: Das konsequente Ausschalten von Licht mache ich ja nicht zuerst nur in einem Zimmer um dies dann das nächste Jahr auf ein weiteres Zimmer auszudehnen.
Ausser es handelt sich um einen Durchschnitt über viele Haushalte, die über all die Jahre nach und nach in das Programm einbezogen wurden.
Gerade der Ersatz von Leuchtmitteln ist fragwürdig: Ich habe vor gut 10 bis 20 Jahren konsequent Sparlampen eingesetzt. Jetzt würde ich mit LED rund die Hälfte nochmals einsparen, doch die Sparlampen gehen einfach nicht kaputt. Auch die ersten LED-Leuchtmittel halten natürlich (na ja – es sind auch schon einige Frühausfälle zu beklagen gewesen) noch immer, wobei auch hier ein massgebender Effizienz-Fortschritt erzielt wurde. Es ist inzwischen so, dass die Beleuchtungsbedürfnisse ändern und gewisse Leuchten inkl. Leuchtmittel nicht mehr passen, aber eben noch voll funktionstüchtig sind. Was soll man da machen?
Auch wir haben Freude an der Auseinandersetzung mit dieser Grafik über die Entwicklung der Stromverbräuche. Der Erfolg der Sensibilisierung scheint uns gerade am Anfang der Kurve deutlich – der Verbrauch der Nicht-Teilnehmenden folgt dem Trend der Vorjahre und steigt weiter, während der Verbrauch der Teilnehmenden abflacht und ab dem Folgejahr steil sinkt.
Es handelt sich tatsächlich um Durchschnittswerte von Haushalten, die in verschiedenen Jahren am Programm teilgenommen haben, fünf bis sieben Jahre vor der Befragung. Wie dem Beitrag zu entnehmen ist, haben die Haushalte zum Teil auch nach der Teilnahme weitere Empfehlungen umgesetzt, z.B. zusätzliche stromsparende Lampen angeschafft. In dem Zeitraum gabe es aber auch technische Fortschritte und strengere Vorgaben. Das wirkte sich sicher auf den Stromverbrauch von ersetzten Geräten aus, aber speziell auch beim Licht: Immer mehr Halogenlampen wurden verboten, speziell ab 2018, wo bei den Nicht-Teilnehmenden ein starker Knick zu verzeichnen ist. Wie die Vergleichsgruppe bestätigt, ist ein Teil der Einsparungen also unabhängig von den Sparprogrammen.
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Kommentare: Was denken Sie?
Stefan B.
Vor 2 Tagen
Ich staune über die Linearität der Kurve. Ich hätte am Anfang eine Stufe erwartet und im besten Fall dann eine weitere leicht fallende Kurve. Der Ersatz von Geräten / Leuchtmitteln oder auch die Sensibilisierung zu einem gewissen Zeitpunkt sind nicht erkennbar: Das konsequente Ausschalten von Licht mache ich ja nicht zuerst nur in einem Zimmer um dies dann das nächste Jahr auf ein weiteres Zimmer auszudehnen.
Ausser es handelt sich um einen Durchschnitt über viele Haushalte, die über all die Jahre nach und nach in das Programm einbezogen wurden.
Gerade der Ersatz von Leuchtmitteln ist fragwürdig: Ich habe vor gut 10 bis 20 Jahren konsequent Sparlampen eingesetzt. Jetzt würde ich mit LED rund die Hälfte nochmals einsparen, doch die Sparlampen gehen einfach nicht kaputt. Auch die ersten LED-Leuchtmittel halten natürlich (na ja – es sind auch schon einige Frühausfälle zu beklagen gewesen) noch immer, wobei auch hier ein massgebender Effizienz-Fortschritt erzielt wurde. Es ist inzwischen so, dass die Beleuchtungsbedürfnisse ändern und gewisse Leuchten inkl. Leuchtmittel nicht mehr passen, aber eben noch voll funktionstüchtig sind. Was soll man da machen?
Thomas Elmiger
Vor 2 Tagen
Auch wir haben Freude an der Auseinandersetzung mit dieser Grafik über die Entwicklung der Stromverbräuche. Der Erfolg der Sensibilisierung scheint uns gerade am Anfang der Kurve deutlich – der Verbrauch der Nicht-Teilnehmenden folgt dem Trend der Vorjahre und steigt weiter, während der Verbrauch der Teilnehmenden abflacht und ab dem Folgejahr steil sinkt.
Es handelt sich tatsächlich um Durchschnittswerte von Haushalten, die in verschiedenen Jahren am Programm teilgenommen haben, fünf bis sieben Jahre vor der Befragung. Wie dem Beitrag zu entnehmen ist, haben die Haushalte zum Teil auch nach der Teilnahme weitere Empfehlungen umgesetzt, z.B. zusätzliche stromsparende Lampen angeschafft. In dem Zeitraum gabe es aber auch technische Fortschritte und strengere Vorgaben. Das wirkte sich sicher auf den Stromverbrauch von ersetzten Geräten aus, aber speziell auch beim Licht: Immer mehr Halogenlampen wurden verboten, speziell ab 2018, wo bei den Nicht-Teilnehmenden ein starker Knick zu verzeichnen ist. Wie die Vergleichsgruppe bestätigt, ist ein Teil der Einsparungen also unabhängig von den Sparprogrammen.