Wie auch Mieterinnen und Mieter mehr in Photovoltaik investieren können
Photovoltaikanlagen leisten einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und geniessen hohe gesellschaftliche Akzeptanz. Mieterinnen und Mieter bleiben heute aber oft aussen vor. Das muss nicht sein.
Jede neue Photovoltaikanlage beschleunigt den Ersatz fossiler Energieträger durch erneuerbare Energiequellen. Installationen auf bestehender Infrastruktur sind auch weitgehend unbestritten und bieten noch viel Ausbaupotential. Es sind heute aber fast ausschliesslich Hauseigentümer und Firmen, die in Solarenergie investieren. Mieter bleiben sowohl als Solarstromkonsumierende als auch Solarstromproduzierende aussen vor. Gerade in der Schweiz liegt damit viel Potential brach.
Bürgerfinanzierte Photovoltaik als Investitionsgelegenheit für Mietende
Wie also könnten Mietende stärker einbezogen werden, wenn es um Solarenergie geht? Ein mögliche Antwort lautet: bürgerfinanzierte Photovoltaik-Projekte oder «CiFi PV», vom englischen citizen-financed photovoltaics. Das sind von Einzelpersonen kofinanzierte oder via Crowdfunding realisierte, meist grössere Projekte, oft auf öffentlichen oder kommerziell genutzten Flächen.
Wie müssen PV-Projekte ausgestaltet sein, dass sie für Mieterinnen und Mieter attraktiv sind?
Die Forschung hat sich bisher jedoch kaum mit den Gründen befasst, die Mieterinnen und Mieter dazu bringen oder davon abhalten, in Solarenergieprojekte zu investieren; ebenso sind bürgerfinanzierte Photovoltaikanlagen bis anhin wenig bekannt. Es sind also einige Fragen offen: Wie müssen solche Projekte ausgestaltet sein, dass sie für Mieterinnen und Mieter eine attraktive Investitionsoption darstellen? Wovon hängt die gesellschaftliche Akzeptanz ab? Welche Rolle spielen persönliche Motive und politische Orientierung dabei?
Gracia Brückmann, Sophie Ruprecht und Isabelle Stadelmann-Steffen von der Universität Bern sind genau diesen Fragen auf den Grund gegangen. In einem Experiment liessen sie ihre Versuchspersonen unterschiedlich gestaltete (hypothetische) Angebote für PV-Anlagen beurteilen; zudem legten sie ihnen Projektinformationen vor, in denen variierende Aspekte hervorgehoben wurden. Die Idee: Nicht nur die Ausgestaltung des Projekts dürfte Einfluss auf die gesellschaftliche Akzeptanz und die Investitionsbereitschaft haben. Eine wesentliche Rolle spielt vermutlich auch, inwiefern dieses den individuellen Beweggründen und Werten der Menschen entspricht.
Als Standorte bevorzugten die Teilnehmenden der Studie bestehende Infrastrukturen wie hier die Autobahnüberdachung von Stansstad. (Foto: Plan E AG)
Anlagen öffentlicher Anbieter und an bestehender Infrastruktur beliebter
In ihrer im Dezember 2024 im Fachjournal Energy Research & Social Science erschienenen Studie sind die Forscherinnen zu interessanten Ergebnissen gekommen.
Bürgerfinanzierte PV-Projekte geniessen grössere Akzeptanz, wenn öffentliche Anbieter dahinterstehen. Das können die Gemeinden sein, aber auch lokale Stromversorger, die meist ebenfalls in öffentlicher Hand sind. Auch Projekte von Solaranlagengemeinschaften werden normalerweise begrüsst. Weniger gut kommen Anlagen privater Unternehmen oder Start-ups an.
Verkehrsinfrastruktur und kommerzielle Gebäude als Standort bevorzugt
Als Standort für bürgerfinanzierte Photovoltaikprojekte werden von den Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmern bestehende Infrastrukturen wie Verkehrsbauten oder kommerzielle Gebäude vorgezogen. Anlagen in der eigenen Gemeinde wurden gegenüber solchen in Skigebieten oder auf landwirtschaftlichen Betrieben präferiert.
Finanzielle Vergütung statt Solarvignette
Materielle beziehungsweise finanzielle Vergütungen kommen besser an als ein immaterieller Nutzen. Gutschriften sind die beliebteste Form der Kompensation für die Beteiligung an PV-Projekten. Sie werden weniger greifbaren Arten der Vergütung – Solarvignetten oder Investitionen in Solarprojekte in Entwicklungsländern – klar vorgezogen. Eine direkte Gewinnauszahlung stand im Experiment nicht zur Wahl.
Eine Gutschrift auf der eigenen Stromrechnung war in der Umfrage die beliebteste Form der Kompensation für die Beteiligung an PV-Projekten. (Foto: Shutterstock / Irene Miller)
Fokus auf Energiesicherheit bewirkt breitere Zustimmung
Die Akzeptanz hängt aber, wie von den Autorinnen erwartet, nicht nur von der Ausgestaltung des Angebots ab, sondern auch von persönlichen Faktoren. So zeigt sich – wenig überraschend: Wer sich sowieso um den Klimawandel sorgt und sich politisch links oder in der Mitte positioniert, beurteilt bürgerfinanzierte PV-Projekte generell wohlwollender, als wer der Energiewende keine grosse Bedeutung beimisst und politisch eher rechts steht.
Hier kommt nun auch ins Spiel, welche Aspekte in der Projektkommunikation im Vordergrund stehen. So variierten Brückmann, Ruprecht und Stadelmann-Steffen für ihr Experiment zwei Themenfelder: Zum einen wurde je nach Variante entweder der Klimawandel oder die Energiesicherheit und Energieunabhängigkeit als thematischer Rahmen in den Vordergrund gestellt. Zum anderen betonten die Forscherinnen einmal die individuelle und einmal die kollektive Dimension bürgerfinanzierter PV-Projekte.
Energiesicherheit spricht mehr Menschen an als Klimawandel
Es zeigte sich: Wird in einem Projektbeschrieb vor allem der Klimawandel betont, erreicht man damit vorwiegend Personen, für die das Thema Energiewende sowieso schon Priorität hat. Weist man dagegen bewusst darauf hin, dass bürgerfinanzierte PV-Projekte auch einen Beitrag an die Energiesicherheit und Energieunabhängigkeit leisten, kommt eine Investition auch eher für jene in Frage, denen die Förderung erneuerbarer Energie nicht besonders wichtig ist. Das gilt vor allem für Menschen, die sich politisch rechts einordnen.
Bürgerfinanzierte PV-Anlagen als kollektives Vorhaben
Was die Wissenschaftlerinnen überraschte: Entgegen ihrer Erwartung ist es nicht etwa die Betonung der individuellen Dimension, die unter politisch rechts Denkenden die Bereitschaft erhöht, in bürgerfinanzierte PV-Anlagen zu investieren. Nein, es ist im Gegenteil die Darstellung solcher Projekte als kollektives Vorhaben.
Das erstaunliche Ergebnis erklären sich die Wissenschaftlerinnen so: Als kollektives Vorhaben definiert, würden bürgerfinanzierte PV-Projekte möglicherweise als Weg gesehen, um anstehende Energieprobleme als Gesellschaft möglichst autonom anzugehen – ohne Hilfe des Staates also. Ein solches Verständnis entspräche denn auch den Werten rechter Parteien in der Schweiz.
Für politisch links oder in der Mitte stehende Personen dagegen mache es keinen Unterschied, ob die individuelle oder kollektive Dimension bürgerfinanzierter PV-Projekte betont werde, so die Forscherinnen. Dass die Abkehr von fossilen Energieträgern vorangetrieben werden müsse, stehe für diese ausser Frage. Sie seien sowohl bereit, ihren individuellen Beitrag zu einem übergeordneten Ziel zu leisten als auch Teil eines kollektiven Vorhabens zu sein.
Mieterinnen und Mieter können nicht selbst entscheiden, ob ihr Zuhause mit Photovoltaik ausgestattet wird. (Foto: 3S Swiss Solar Solutions AG)
Bürgerfinanzierte Photovoltaik: niederschwellig zur Solarenergie
«Das Hervorheben der kollektiven Dimension bürgerfinanzierter PV-Projekte und deren Beitrag zur Energiesicherheit dürfte der vielversprechendste Weg sein, um möglichst viele Menschen mit ins Boot zu holen», resümieren die Autorinnen in ihrer Arbeit.
Bürgerfinanzierte Photovoltaikprojekte sind aber natürlich nicht nur für Mieterinnen und Mieter ein niederschwelliger Weg, um in erneuerbare Energien zu investieren. So will und kann auch nicht jede Immobilieneigentümerin auf dem eigenen Grundstück oder Hausdach eine Photovoltaikanlage installieren. Bürgerfinanzierte Anlagen bieten darum allen die Möglichkeit, auch mit wenig Geld und mit geringem Aufwand einen Beitrag zu leisten an die Eindämmung der Folgen des Klimawandels und für mehr Energieunabhängigkeit der Schweiz.
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