Wie man Gebäude umweltschonend kühlen kann

Erreicht eine Hitzewelle die Schweiz, beginnt jeweils der Run auf Klimageräte. Wer bei angenehmen Bedingungen leben und arbeiten möchte, sollte sich aber nach einer besseren Lösung umsehen – Gebäude lassen sich wesentlich effizienter kühlen.

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Ein Mann schläft auf dem Küchenboden vor dem offenen Kühlschrank

Dass die Klimaerwärmung vor der Schweiz nicht Halt macht, haben uns verschiedene Entwicklungen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten vor Augen geführt. Die Winter werden tendenziell milder und schneeärmer, die Sommer dagegen heisser und trockener. Diese Trends setzen sich fort und verstärken sich in Zukunft sogar noch, prognostizieren die «Klimaszenarien», die der Bund regelmässig publiziert. Sie zeigen, dass wir uns künftig im Sommer auf mehr Hitzetage und längere Hitzewellen einstellen müssen.

Dies ist wahrscheinlich der kühlste Sommer – für den Rest deines Lebens.

Internet-Sommer-Meme seit mindestens 2022

Wie sich solche Witterungsverhältnisse auf die Temperaturen in Gebäuden auswirken, hat sich 2025 schon im Juni gezeigt, als es vielerorts über mehrere Tage hinweg über 30 °C heiss wurde und nachts nur wenig abkühlte. Selbst in gut gedämmten Bauten, die tagsüber mit Storen vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt und nachts respektive am frühen Morgen über offene Fenster gekühlt werden, wird es im Verlauf einer Hitzewelle irgendwann ungemütlich. Kommen Tropennächte dazu, bei denen die Temperaturen nachts über 20 °C verharren, kriegt man die Hitze ohne Kühlmöglichkeit nicht mehr aus dem Haus.

Was bedeutet das für die Planung von Neubauten und die Erneuerung bestehender Gebäude? Welche Möglichkeiten gibt es, Bauten zu kühlen, ohne auf energieintensive Klimageräte zurückgreifen zu müssen? Und wer ist überhaupt betroffen?

Wie sich der Klimawandel auf Gebäude auswirkt

MeteoSchweiz hat 2022 in Zusammenarbeit mit verschiedenen Schweizer Institutionen den Fachbericht «Klimaszenarien fürs zukünftige Innenraumklima» publiziert. Dafür wurde geprüft, was die Prognosen aus den Klimaszenarien für die Raumtemperaturen im Schweizer Gebäudepark bedeuten. Je nach Nutzungskategorie und Standort sind die Auswirkungen unterschiedlich, wie die folgende Übersicht zeigt.

Kühlbedarf von Wohnbauten

Heute sind die wenigsten Wohnungen in der Schweiz mit einem Kühlsystem ausgerüstet. Das dürfte sich in Zukunft vor allem an urbanen Standorten ändern. Durch den sogenannten Hitzeinseleffekt – die geringere nächtliche Abkühlung in Städten im Vergleich zum Umland – wird die Nachtauskühlung (siehe unten) teilweise wirkungslos und es braucht eine Kühlmöglichkeit, um den Wohnkomfort sicherzustellen. Gleiches gilt für Wohnimmobilien auf der Alpensüdseite, wo noch höhere Temperaturen zu erwarten sind. An ländlichen Standorten im Mittelland sollten dagegen eine gute Dämmung, ein zuverlässig bedienter Sonnenschutz und eine konsequente Nachtauskühlung ausreichen – ausser während überdurchschnittlich heissen Sommern. Keine Sorgen braucht man sich an alpinen Standorten zu machen: Dort sollten Wohnbauten auch langfristig ohne Kühlsystem ausreichend komfortabel bleiben.

Kühlbedarf von Bürobauten

Ein Büro- oder Verwaltungsgebäude ist typischerweise anfälliger für Überhitzung als ein Wohnungsbau: Es gibt mehr Menschen und technische Infrastruktur, die Abwärme abgeben, sowie oft auch grosse Fensterfronten, die mehr Sonnenwärme durchlassen als eine gut gedämmte Fassade. Diese Faktoren führen dazu, dass schon heute die meisten Bürogebäude im Mittelland ein Kühlsystem benötigen, um im Sommer behagliche Raumtemperaturen zu gewährleisten. Die Erkenntnisse aus dem MeteoSchweiz-Bericht sind deshalb keine Überraschung: Künftig werden solche Bauten selbst in durchschnittlich warmen Sommern eine Kühlmöglichkeit benötigen. Für Gewerbe- und Industriegebäude dürfte je nach Bauweise und Nutzung dieselbe Prognose zutreffen.

Die Sonne spiegelt sich in einem grossflächig verglasten Bürogebäude
Bürobauten sind aufgrund der hohen Belegung und der vielen Fensterflächen oft besonders anfällig für Überhitzung. In Zukunft müssen sie auch hierzulande mehrheitlich gekühlt werden können, um den Komfort sicherzustellen. (Foto: Pixabay/ThomasJ)

Kühlbedarf von Bildungsbauten

Lehrinnen und Lehrer sowie ihre Schützlinge waren vor den Sommerferien nicht zu beneiden: Die frühsommerliche Hitze führte in vielen Klassenzimmern zu hohen Temperaturen. Wie Bürobauten haben auch Schulhäuser einen hohen Fensteranteil und eine hohe Belegung. Gemäss Bericht wäre es theoretisch auch in Zukunft möglich, Bildungsbauten ohne Kühlsysteme zu betreiben – allerdings nur, wenn die begleitenden Massnahmen (Sonnenschutz, Nachtauskühlung) konsequent umgesetzt werden und wenn Temperaturen akzeptiert werden, die über den Komfortansprüchen liegen. Mit Blick auf den Lernerfolg scheint das allerdings keine sinnvolle Idee zu sein. Zudem weiss man, dass die nötigen betrieblichen Massnahmen nur selten zuverlässig ausgeführt werden. Ein funktionierender Betrieb dürfte in Zukunft also nur mit einem Kühlsystem erreichbar sein.

Passive Kühlsysteme

Um ein erhitztes Gebäude abzukühlen, kommen passive und aktive Systeme infrage. Als aktive Kühlung bezeichnet man technische Lösungen, die mit einem Kältemittelkreislauf funktionieren, während passive Kühlsysteme mit einer natürlichen Kältequelle auskommen. Damit sind sie in der Regel deutlich energieeffizienter, allerdings ist oft auch die Kühlleistung begrenzt.

Bevor man kühlt, sollte man möglichst alle anderen Massnahmen für den sommerlichen Wärmeschutz umsetzen.

Vor dem Blick auf die verschiedenen Systeme ein wichtiger Hinweis: Bevor man kühlt, sollte man möglichst alle anderen Massnahmen für den sommerlichen Wärmeschutz umsetzen. Dazu gehören etwa eine gute Dämmung, moderne Fenster, ein aussenliegender Sonnenschutz oder auch das richtige Lüften an heissen Tagen. Damit lässt sich das Erhitzen eines Gebäudes vermeiden oder zumindest vermindern, sodass keine oder weniger Kühlung nötig ist.

Die Nachtauskühlung

Eine einfache passive Kühlvariante ist das nächtliche Lüften über die Fenster oder Lüftungsklappen, die sogenannte Nachtauskühlung. Dabei wird die warme Luft im Gebäudeinneren durch kühlere von draussen ersetzt. Zudem nimmt der konstante Luftstrom die in massiven Bauteilen wie Decken, Wänden und Böden gespeicherte Wärme auf und führt sie ab, sodass diese Bauteile ebenfalls abkühlen.

Eine Frau öffnet ein Fenster mit Blick auf eine Altstadt
Für eine effiziente Nachtauskühlung sollten wenn möglich gegenüberliegende Fenster nachts und am frühen Morgen über eine längere Zeit geöffnet sein. So entsteht ein Luftzug, der die gespeicherte Wärme abtransportieren kann. (Foto: Olezzo/Shutterstock)

Die Nachtauskühlung funktioniert jedoch nur, wenn es eine ausreichende Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Aussenluft gibt. Bei Tropennächten beispielsweise ist die Wirkung stark eingeschränkt. Zudem ist es wichtig, dass die Nachtauskühlung ausreichend lange stattfindet und ein Luftzug entstehen kann. Wer nur für zehn Minuten ein Fenster öffnet, wird den Raum nicht ausreichend abkühlen können.

Freecooling und Geocooling

Neuere Gebäude, die im Winter von einer Wärmepumpe mit einem Flächenheizsystem – zum Beispiel einer Fussbodenheizung – versorgt werden, können diese in vielen Fällen im Sommer auch zum Kühlen verwenden. Dazu lässt man kühles Wasser durch die Leitungen des Verteilsystems fliessen, das dabei Wärme aufnimmt und den Raum so leicht abkühlt. Beim sogenannten Freecooling wird die Wärme entweder an Grund-, Fluss- oder Seewasser oder ans Erdreich abgegeben.

Letzteres bezeichnet man auch als Geocooling und hat den zusätzlichen Vorteil, dass sich damit die Sonden regenerieren lassen. Das bedeutet, dass das umgebende Erdreich im Sommer wieder erwärmt wird, nachdem ihm im Winter für den Heizbetrieb Wärme entzogen wurde. So lässt sich verhindern, dass das Erdreich langfristig auskühlt. Freecooling benötigt vergleichsweise wenig Energie, weil lediglich die Umwälzpumpe der Wärmepumpe im Einsatz steht, nicht aber der Kältemittelkreislauf. Zudem ist kaum zusätzliche Gebäudetechnik nötig.

Aktive Kühlsysteme

Bei einem aktiven Kühlsystem wird meist der Kältemittelkreislauf genutzt, wie wir ihn von einem Kühlschrank her kennen. Diese Systeme benötigen mehr Energie als passive Systeme, es gibt aber auch hier noch grosse Unterschiede beim Strombedarf. Nachfolgend zwei verbreitete Lösungen.

Reversible Wärmepumpe

Viele Wärmepumpen, die primär im Winter für das Heizen genutzt werden, können auch mit umgekehrtem Kältemittelkreislauf betrieben werden. Bei diesem reversiblen Betrieb erwärmen sie das im Verteilsystem zirkulierende Wasser nicht, sondern kühlen es ab. So lässt sich Wärme aus überhitzten Räumen entfernen. Diese Kühlvariante ist zwar stromintensiver als ein Freecooling oder Geocooling, dafür kann aber immerhin die Installation einer zusätzlichen Klimaanlage entfallen.

Klimagerät/Klimaanlage

Zumindest im Wohnbereich sind Klimageräte – auch unter dem Begriff «Klimaanlage» bekannt – hierzulande noch wenig verbreitet. Es gibt einerseits fest installierte Split-Klimageräte mit einer Innen- und einer Ausseneinheit, die über eine Leitung miteinander verbunden sind. Sie kühlen die Raumluft und führen die Wärme nach draussen.

Eine Hand hält eine Fernbedienung, deren Display 25 °C anzeigt, im Hintergrund ein Klimagerät an der Wand
Von Klimageräten wird aus verschiedenen Gründen oft abgeraten: Sie verbrauchen viel Strom, sind visuell nicht immer ansprechend und erwärmen die Umgebung zusätzlich. (Foto: Pixabay/u_ssfofehsaj)

Anderseits gibt es mobile Klimageräte mit einem kompakten Monoblock, der die Raumluft abkühlt und die Wärme über einen Schlauch nach draussen führt. Solche Geräte sind flexibel platzierbar, aber oft lauter, weniger effizient und weniger leistungsstark als Split-Geräte.

Beide Typen verbrauchen viel Strom und sind aus ästhetischer Sicht oft nicht erwünscht. Zudem wirkt sich die Abgabe der Wärme an die Aussenluft vor allem in dicht besiedelten Gebieten negativ auf das Stadtklima aus – es wird noch heisser. Klimageräte sollten deshalb nur dann installiert werden, wenn keine anderen Lösungen möglich und der Leidensdruck durch die Hitze hoch ist. Auch die rechtlichen Vorgaben sind bei Einbaugeräten zu beachten.

Fazit: Kühlung einplanen

Wer in den kommenden Jahren ein Gebäude neu errichten oder ein bestehendes sanieren lässt, sollte sich unbedingt damit auseinandersetzen, wie die Immobilie im Sommer der Zukunft funktioniert. Priorität sollten stets die baulichen Massnahmen für den sommerlichen Wärmeschutz haben, um sicherzustellen, dass die Raumtemperaturen möglichst lange im angenehmen Bereich bleiben. In einem zweiten Schritt lohnt es sich, eine passive oder aktive Kühlmöglichkeit zu prüfen, um für längere Hitzeperioden gewappnet zu sein.

Je früher in einem Projekt man diese Themen diskutiert, desto einfacher lassen sich energieeffiziente und umweltschonende Kühllösungen entwickeln. Aktuelle Baustandards wie Minergie setzen diese Aspekte voraus und können ebenfalls als Orientierungshilfe dienen. So ist man für das Klima der Zukunft gerüstet, ohne das Budget und die Umwelt gross zusätzlich zu belasten.