Volltanken für zwei Franken

Elektroautos sind deutlich effizienter als benzinbetriebene Fahrzeuge. Wandelt man ein Fass Rohöl in Strom um, fährt ein Auto doppelt so weit als mit Benzin, das aus der gleichen Menge Rohöl gewonnen wurde. Immer mehr Autolenker entscheiden sich deshalb für einen Elektromotor – dennoch sind Elektroautos noch immer ein rarer Anblick auf der Strasse. Die Unsicherheiten, was das Fahren eines Elektroautos mit sich bringt, sind nach wie vor gross.

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Strom tanken

Bei Bruno Völlmin* hat die Faszination für die neue Technologie über die Unsicherheit gesiegt. Er hat vor acht Jahren sein erstes strombetriebenes Gefährt auf eBay ersteigert: einen Zweiplätzer mit spartanischer Einrichtung, der gerade mal 40 Kilometer weit kam. Heute ist er mit seinem neuen Elektroauto wesentlich komfortabler unterwegs. Der passionierte Elektroautofahrer erzählt im Interview, wie stark sich die Elektromobilität in dieser kurzen Zeitspanne verändert hat und welche Erfahrungen er im Alltag mit seinem Elektroauto macht.

Herr Völlmin, Sie fahren ein Elektroauto – warum?

Elektroautos haben mich schon immer fasziniert. Seit ich selbst Auto fahre, bin ich der Überzeugung, dass sich Elektromotoren im Nahverkehr besser eignen als Verbrennungsmotoren.

Weshalb?

Sie erzeugen keine Lärm- und Schadstoffemissionen, brauchen keine Aufwärmzeit und sind grundsätzlich sehr energieeffizient.

Wann kauften Sie Ihr erstes Elektroauto?

Das war im 2006. Ich entdeckte auf eBay ein kaputtes Elektroauto aus den 90er Jahren der Marke Microcar und ersteigerte es für 3’500 Franken. Ich habe es wieder instand gesetzt, unter anderem brauchte es eine neue Batterie. Diese holte ich in Deutschland und baute sie selbst ein. Dann habe ich den Microcar vorgeführt und bin damit gefahren. Wo ich hin kam, machten die Leute grosse Augen, als sie das Elektroauto sahen.

Haben Sie den Microcar täglich benutzt?

Ich nicht. Aber meine Frau brauchte es täglich für ihre Fahrt zur Arbeit. Für Langstrecken war das Auto nicht geeignet. Man kam mit dem Microcar nur 40 Kilometer weit, die Höchstgeschwindigkeit betrug 80 Kilometer pro Stunde. Zudem war der Zweiplätzer sehr spartanisch eingerichtet und hatte keine richtige Heizung, kein Radio und keine Klimaanlage. Das alles hätte zu viel Energie verbraucht. Nach vier Jahren streikte die Steuerung und es fehlten Ersatzteile.

Und dann?

Ich kaufte nicht sofort ein neues Elektroauto. 2010 gab es erst wenige Modelle auf dem Markt, wir behalfen uns mit einer Zwischenlösung mit Vebrennungsmotor. Vor zwei Jahren habe ich wieder ein Elektroauto gekauft: einen Renault Zoe.

Wenn Sie ihr altes Elektromobil mit den neuen vergleichen – was hat sich verändert?

Am eindrücklichsten ist die Reichweite. Mein Zoe zum Beispiel schafft 120 Kilometer. Doch es gibt heute Modelle – etwa vom US-amerikanischen Elektroauto-Hersteller Tesla –, die bis 400 Kilometer schaffen. Zudem haben heutige Elektroautos alles, was ein Verbrenner auch hat: Eine moderne Heizung, Klimaanlage, Navigationsgerät, Radio, und so weiter. Man merkt eigentlich nur am Geräusch – oder eben am fehlenden Geräusch, dass es ein Elektroauto ist.

Haben Sie nie Angst, stecken zu bleiben, weil der Akku leer ist?

Nein. Denn als Elektromobil-Lenker plant man längere Strecken. Man schaut, wo man sein Auto unterwegs aufladen könnte oder kümmert sich um eine Lademöglichkeit am Zielort. So lassen sich problemlos lange Strecken zurücklegen. Die Schweiz hat europaweit eines der dichtesten Netze an Ladestellen. Ich benutze den Zoe deshalb für fast alle meine Bewegungen.

Wo laden Sie ihr Auto?

Zuhause oder im Geschäft an einer Steckdose für Elektromobile. Mein Arbeitgeber, die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) engagieren sich stark im Bereich Elektromobilität. Soeben haben sie acht zusätzliche Ladestationen am Sitz in Dietikon in Betrieb genommen.

Wie lange dauert es, bis der Akku Ihres Autos aufgeladen ist?

Das kommt auf den Netzanschluss an. Mein Renault Zoe habe ich in minimal zweieinhalb Stunden voll geladen. Mit einer stärkeren Netzanbindung ist eine 80-Prozent-Ladung in einer halben Stunde möglich. Dann spricht man von einer Schnelladung.

Und wenn Sie Ihr Auto länger nicht benutzen, entlädt sich die Batterie dann?

Nein. Man kann das Auto problemlos 14 Tage stehen lassen ohne merklichen Energieverlust.

Sind Elektroautos in der Anschaffung teurer als herkömmliche?

Ja, es muss ja auch die Batterie mitgekauft werden. Diese wird bei meinem Fahrzeug separat über ein Leasing verrechnet und kostet 95 Franken im Monat. Dafür kostet einmal Volltanken nur ungefähr zwei Franken!

Haben Sie noch ein Auto mit Verbrennungsmotor?

Ja, denn wir müssen ab und zu einen Anhänger ziehen, das schafft ein Elektroauto nicht. Es gibt bestimmte Anwendungen, bei denen Elektroautos noch nicht sinnvoll sind.

Wird sich die Elektromobilität trotzdem durchsetzen?

Bestimmt. In der Elektromobilität liegt auf jeden Fall die Zukunft. Sicher wird es nicht in allen Bereichen der individuellen Mobilität gleich schnell voran gehen. Bei Nutzfahrzeugen etwa wird es bestimmt noch länger dauern, bis sich elektrische Motoren durchsetzen werden.

Was braucht es aus Ihrer Sicht, damit Elektroautos zur Normalität werden?

Es braucht auf jeden Fall noch Verbesserungen im Bereich der öffentlichen Ladestationen. Es geht nicht nur um die Anzahl. Sondern es sind vermehrt universell bedienbare Zugänge nötig. Heute braucht man für die Systeme verschiedene Schlüssel oder Chips, um laden zu können. Zudem sollte es möglich sein, die Ladestationen zu reservieren. Das ist heute zum Teil schon möglich. Die Ausnützung einer Ladestation wird dann für den Betreiber und Kunden effizienter.

Bruno Voellmin EKZ
* Bruno Völlmin ist Leiter Netzqualität bei den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ). In dieser Funktion betreut er auch das Projekt Energiespeicher. Es handelt sich dabei um den grössten Batteriespeicher der Schweiz. Die EKZ haben diesen zusammen mit ABB geplant und sammeln nun Erfahrungen beim Betreiben des Speichers.