Die Zukunft der Elektromobilität in der Schweiz

Im Jahr 2019 sind gemäss Bundesamt für Statistik hierzulande knapp 40’000 Elektroautos und Hybridfahrzeuge neu zugelassen worden. Damit beträgt ihr Anteil bei den neu immatrikulierten Fahrzeugen etwa 13 Prozent. Eine aktuelle Studie zeigt, wie sich diese Entwicklung fortsetzen könnte und welche Trends zu erwarten sind.

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Elektroauto an einer Ladestation

Stellt man sich an einem beliebigen Tag auf eine beliebige grössere Schweizer Strassenkreuzung, zeigt sich schnell, dass Elektrofahrzeuge das Bild des Verkehrs verändert haben. Fast im Minutentakt sausen Flyers, Teslas und andere E-Mobile vorbei. Wo liegen die Gründe für den starken Aufschwung, den die Elektromobilität seit einigen Jahren erlebt?

Die Entwicklung der E-Autos in der Schweiz

Wichtige Aspekte sind sicherlich die angestrebte Verringerung der CO2-Emissionen und die technologischen Fortschritte, insbesondere bei den Batterien. Aber auch die Tatsache, dass immer mehr grosse Hersteller attraktive alltagstaugliche Elektrofahrzeuge anbieten, dürfte zur starken Zunahme beigetragen haben. Eine aktuelle Studie vom März 2020, die vom Beratungsunternehmen Ernst Basler + Partner (EBP) durchgeführt wurde, identifiziert aber auch den Ausbau der Ladeinfrastuktur und die Auslieferung des Tesla Model 3 als wesentliche Treiber des Anstiegs.

Der Tesla Model 3 hat im Jahr 2019 wesentlich dazu beigetragen, dass mehr E-Autos immatrikuliert wurden. (Foto: Pixabay)

Neue Zielwerte für Importeure als Beschleuniger

Auch in Zukunft dürften die Modellpalette und der weitere Ausbau der Infrastruktur einen direkten Einfluss auf die Zunahme der Elektromobilität haben. Ab 2021 – oder 2022, falls das Parlament hier nachträglich Zugeständnisse macht – kommt gemäss der Untersuchung aber ein weiterer Aspekt dazu: die Verschärfung der Emissionsvorschriften für Neufahrzeuge. Diese dürfen dann im Durchschnitt nur noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstossen. Bisher lag der Zielwert bei 130 Gramm CO2 pro Kilometer. Wenn die Fahrzeugimporteure den Zielwert nicht erreichen, drohen ihnen hohe Sanktionszahlungen. Die Autobranche versucht daher sehr aktiv, mehr Elektrofahrzeuge auf den Markt zu bringen, denn nur sie können den CO2-Schnitt ausreichend senken. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass die Preise für E-Autos deshalb deutlich sinken werden, was wiederum die Verbreitung der Elektromobilität beschleunigen wird.

Trends bei der Elektromobilität

Die Studie von EBP hat auch die Entwicklung bei den Batterien genauer unter die Lupe genommen. Die Kosten sind in den letzten zehn Jahren um fast zwei Drittel gesunken und dürften sich bis 2035 nochmals halbieren. Gleichzeitig steigt aufgrund des technologischen Fortschritts die Energiedichte der Fahrzeugbatterien weiter an, diese können also in Zukunft bei gleichem Volumen mehr Energie speichern. Die Reichweite von Elektroautos wird sich gemäss Prognosen deshalb weiter erhöhen.

Attraktive Plugin-Hybride

Gemäss der EBP-Studie werden Plugin-Hybride in der Schweiz in Zukunft besonders gefragt sein. Gegenüber reinen E-Autos haben sie den Vorteil, dass sie eine höhere Reichweite besitzen und daher auch für eine Zielgruppe interessant sind, die diese Reichweite erwartet. Für die Importeure wiederum sind sie wichtig, weil sie mit einem theoretischen CO2-Austoss von weniger als 50 Gramm pro Kilometer wesentlich mithelfen, den neuen Zielwert von 95 Gramm pro Kilometer anzustreben. Entsprechend dürften die Autoimporteure die Plugin-Hybride pushen und für eine weitere Verbreitung dieses Typs sorgen.

Mehr Ladestationen im öffentlichen Raum machen E-Autos auch für Personen interessant, die zu Hause nicht aufladen können.

Ladestationen

Auch bei der Ladeinfrastuktur wird sich den Studienautoren zufolge einiges ändern. Heute erfolgen ungefähr 90 Prozent der Ladevorgänge an privaten Stationen – auch weil im öffentlichen Raum noch zu wenig Lademöglichkeiten vorhanden sind. Dieses Verhältnis dürfte sich in Zukunft verschieben, denn mit der zunehmenden Reichweite der Batterien wird ein Ladevorgang pro Woche ausreichen. Damit werden E-Autos auch für Personen interessant, die zu Hause keine Ladestation haben. Für die weitere Verbreitung der Elektromobilität ist das ein wichtiger Schritt, denn der Ausbau der Ladeinfrastruktur an Wohnorten und Arbeitsplätzen kommt nur schleppend voran.

Auswirkungen auf das Stromnetz

Die Elektromobilität ist heute für lediglich 0.2 Prozent des hiesigen Gesamtenergieverbrauchs verantwortlich, ungefähr 140 GWh pro Jahr. Dieser Anteil wird steigen, je mehr sich E-Fahrzeuge in der Schweiz durchsetzen. Die Untersuchung von EBP geht davon aus, dass der Bedarf schon 2025 rund siebenmal höher ist. Fünf Jahre später könnten bereits 2.5 TWh nachgefragt werden. Ein Szenario für das Jahr 2040 geht davon aus, dass dannzumal 60 Prozent des Personenverkehrs elektrifiziert sind. Das wäre gleichbedeutend mit einem Stromverbrauch von 6.5 TWh, was etwa elf Prozent des heutigen Stromverbrauchs der Schweiz entspricht.

Die Zunahme der Elektromobilität wird das Stromnetz vor einige Herausforderungen stellen. (Foto: Pixabay)

Dieser höhere Bedarf kann gemäss den Studienautoren mit einem Ausbau der erneuerbaren Energien sowie einer besseren europäischen Vernetzung abgedeckt werden. Herausfordernder wird indes sein, die benötigte Leistung für die Aufladungen sicherzustellen. Wer sein E-Auto unterwegs an einer öffentlichen Station auflädt, hat in der Regel nicht viel Zeit. Das dadurch nötige Schnellladen generiert kurzzeitig einen sehr hohen Leistungsbedarf, der das Verteilnetz stark belastet. Es ist also absehbar, dass die Elektrifizierung des Individualverkehrs beim Stromnetz neue Lösungen erfordert.