Effizient heizen im Unternehmen

Unternehmen verheizen noch zu viel Energie und Geld. Mit geeigneten Massnahmen lassen sich rasch Einsparungen von über 10 Prozent erzielen, allfällige Investitionen sind in der Regel nach zwei Heizperioden amortisiert. Wir erläutern die Fachbegriffe Heizkurve, Heizgrenze, Absenkbetrieb und wie man den Komfort und die Zufriedenheit der Menschen im Gebäude optimiert.

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Das Arbeitsklima im Unternehmen hängt auch vom Raumklima ab. Studien zeigen, dass Menschen produktiver arbeiten, wenn Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftzirkulation dazu beitragen, dass sie sich wohlfühlen. Für die Steuerung der Haustechnik gibt es einige wichtige Parameter, die im Rahmen der Vorbereitung auf die Heizsaison überprüft werden sollten, weitere sind beim Nachregeln relevant. Auf die Steuerung gehen wir im ersten Teil dieses Beitrags ein. Im zweiten Teil helfen wir Verantwortlichen im Hausdienst, im Facility Management oder in der Teamleitung dabei, Reklamationen und Forderungen zur Temperaturanpassung richtig einzuschätzen. Ob sich Menschen wohlfühlen, hängt nämlich nicht nur von der Temperatur ab. Darum wirkt das Drehen am Heizungsregler oft nur Symptomen entgegen, ohne aber die eigentlichen Ursachen zu beseitigen.

Heizung zum richtigen Zeitpunkt einschalten

Die Parameter Heizgrenze, Heizkurve, Nachtabsenkung und Wochenendabsenkung entscheiden über den Energieverbrauch und die Betriebskosten einer Heizung.

Heizgrenze einstellen

Die Heizgrenze regelt das Einschalten und das Ausschalten der Heizung in Abhängigkeit von der Aussentemperatur. Bei Gebäuden mit guter Dämmung oder grosser Speichermasse kann die Heizgrenze tendenziell tiefer eingestellt werden als in Bauten mit wenig Speichermasse oder schlechter Isolierung. Je tiefer die Heizgrenze eingestellt ist, desto kürzer die Laufzeit der Heizung und desto grösser die Einsparung in der Übergangszeit im Herbst und im Frühling. Oft kann eine Heizgrenze für den Tagbetrieb und eine separate Heizgrenze für den Nachtbetrieb eingestellt werden.

Heizkurve anpassen

Mit der Heizkurve wird die Vorlauftemperatur der Heizgruppe geregelt. Um im Winter bei tiefen Aussentemperaturen dieselbe Raumtemperatur wie im Herbst oder im Frühling zu erreichen, wird die Vorlauftemperatur erhöht, respektive in der Übergangszeit gesenkt. Mit der Heizkurve wird die Vorlauftemperatur in Abhängigkeit von der Aussentemperatur eingestellt.

Über den Vorlauf wird das warme Wasser zum Heizkörper transportiert. Über den Heizkörper wird Wärmeenergie an den Raum abgegeben, dabei kühlt sich der Energieträger Wasser ab und fliesst über den Rücklauf zurück.

  • Ist die Raumtemperatur bei warmer und kalter Witterung zu hoch sollte die Heizkurve parallel nach unten verschoben werden.
  • Ist die Rautemperatur bei warmer Witterung zu hoch, kann die Heizkurve beim Fusspunkt (Kurvenbeginn) gesenkt werden, die Heizkurve wird steiler.
  • Ist die Raumtemperatur bei kalter Witterung zu hoch, kann die Vorlauftemperatur beim Endpunkt (Kurvenende) gesenkt werden, die Heizkurve wird flacher.

Es ist zu beachten, dass je nach Heizungssystem unterschiedliche Vorlauftemperaturen eingestellt werden sollten. Neubauten mit Fussbodenheizungen haben eine maximale Vorlauftemperatur bei rund 40 °C, bei Altbauten mit Heizkörpern ist sie deutlich höher bei rund 65 °C.

Diagnose: Raumtemperatur ist zu hoch … Massnahme Anpassung Heizkurve
… bei warmer und bei kalter Witterung Normaltemperatur reduzieren. Heizkurve parallel nach unten verschieben. parallel senken
… nur bei warmer Witterung (Aussentemperatur über 5 °C) Vorlauftemperatur um 3 °C reduzieren (Faustregel). Steilheit der Heizkurve erhöhen. steiler stellen
… nur bei kalter Witterung (Aussentemperatur unter 0 °C) Vorlauftemperatur um 5 °C reduzieren. Steilheit der Heizkurve reduzieren. flacher stellen
Tabelle: Heizkurven-Anpassungen (Quelle: Der Heizkompass, Werkzeug für die Praxis; EnergieSchweiz)

Nachtabsenkung

Um Energie einzusparen in Gebäuden, die in der Nacht nicht genutzt werden, wie zum Beispiel in Büroräumlichkeiten, ist es sinnvoll über die sogenannte Nachtabsenkung die Raumtemperatur zu reduzieren. Je nach Nutzung und Art des Gebäudes sollte mit der Absenkung früher oder später begonnen werden. Damit am nächsten Arbeitstag wieder die optimale Raumtemperatur herrscht, muss beachtet werden, dass der Aufheizbetrieb rechtzeitig stattfindet. Für die Nachtabsenkung wird meist eine zweite, tiefere Heizkurve hinterlegt, die über ein Zeitschaltprogramm aktiviert wird. Das macht vor allem bei Gebäuden Sinn, die tagsüber anders genutzt werden als in der Nacht. Bei träger Bauweise mit viel Speichermasse und guter Isolation, aber auch bei Fussbodenheizungen mit grosser Fläche und tiefer Vorlauftemperatur ist es oft effizienter, die Temperatur konstant zu halten und weniger dynamisch zu steuern.

Wochenendabsenkung

Gleiches wie bei der Nachtabsenkung gilt auch bei der Wochenendabsenkung. Auch hier lassen sich mit der optimalen Absenkung über ein Zeitschaltprogramm oft Energie und Heizkosten sparen.

Auch Bekleidung, Aktivität und persönliche Vorlieben haben einen Einfluss darauf, was wir als angenehm empfinden. (Foto: GaudiLab/Shutterstock)

Komfort und Behaglichkeit: Der Mensch im Raum

Für wen heizen wir eigentlich ein Gebäude? Natürlich gibt es Waren, die bei einer bestimmten Temperatur gelagert werden müssen, wie zum Beispiel Medikamente oder Nahrungsmittel. Doch zum grössten Teil werden die Gebäude für Menschen beheizt. Wir sind also der wichtigste Indikator in Bezug auf Komfort und Behaglichkeit. Da jeder Mensch als Individuum sein eigenes Empfinden in Bezug auf Temperaturen hat, mag es der eine «heiss und schwül», ein anderer lieber ein bisschen kühler und trockener. Oft wird die Temperatur mit dem Thermometer überprüft und beurteilt, ob es nun zu warm oder zu kalt sei. Wenn das Thermometer zu tiefe oder zu hohe Temperaturen anzeigt, wird schnell einmal reklamiert.

Bei Reklamationen über die Raumtemperatur hilft Menschenkenntnis mehr als das Arbeitsrecht.

Für das Empfinden der Behaglichkeit in Räumen ist aber nicht nur die Raumtemperatur massgeblich. Entscheidenden Einfluss auf die Behaglichkeit haben ebenfalls

  • der Unterschied zwischen Luft- und Oberflächentemperaturen
  • die Luftbewegung in Hautnähe
  • die Strahlungswärme
  • die relative Luftfeuchtigkeit.

So kann zum Beispiel ein Mitarbeiter, der in direkter Nähe zu einem kühlen Fenster arbeitet, durch die Strahlungsverluste sich unbehaglicher fühlen, als eine Kollegin, die im selben Raum in der Nähe einer warmen Innenwand ihren Arbeitsplatz hat. Und das, obwohl die Raumtemperatur dieselbe ist.

Befindet sich ein Arbeitsplatz in der Nähe eines Lüftungsauslasses, kann es sein, dass dort wegen der Luftbewegung in Hautnähe der Raum als zu kühl empfunden wird, obwohl die Raumtemperatur angenehm wäre.

Aus diesen zwei Beispielen ist zu erkennen, dass bei Reklamationen über zu tiefe Temperaturen nicht nur die Regulierung der Raumtemperatur im Fokus stehen sollte. Es ist empfehlenswert zu überprüfen, was genau die Ursache für die Unbehaglichkeit ist. Vielleicht bringt bereits eine leichte Verschiebung des Arbeitsplatzes eine Verbesserung, weil nicht mehr in direkter Nähe des Fensters oder des Luftauslasses gearbeitet werden muss.

Bei Reklamationen über die Raumtemperatur sind also mehrere Faktoren ausschlaggebend. Neben den bereits genannten Gründen spielen auch die Bekleidung und die Aktivität eine grosse Rolle. Und letztlich gibt es individuell verschiedene Vorlieben: Untersuchungen zeigen, dass bei einer sitzenden oder stehenden Tätigkeit (Büro, Wohnung, Schule) mit einer festen Bekleidung (Lange Hose, Hemd oder Pullover) bei einer Raumtemperatur von 21 °C, 50 % Luftfeuchtigkeit und 0,15 m/s Luftgeschwindigkeit ein Anteil unzufriedener Personen von rund 10 % eigentlich immer zu erwarten ist.