Saisonale Wärmespeicher

Die langfristige Speicherung von erneuerbarer Energie zählt zu den zentralen Herausforderungen der künftigen Energieversorgung. Eine Möglichkeit, überschüssige erneuerbare Energie zu speichern, sind Wärmespeicher. Wir zeigen, welche Speichertypen es gibt und was ihre Vorteile und Nachteile sind.

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Rund 40 % des Energieverbrauchs in der Schweiz entfallen auf die Gebäude. Drei Viertel davon werden für die Raumwärme (Heizung) und das Warmwasser eingesetzt. Ein Grossteil der dafür bereitgestellten Energie stammt aus fossilen Quellen, nämlich knapp zwei Drittel. Nun soll in Zukunft statt mit Öl und Gas mit erneuerbarer Energie geheizt werden, um die CO2-Emissionen zu senken.

Das Problem: Im Winter, wenn wir am meisten Wärme benötigen, wird am wenigsten Solarenergie produziert. Im Sommer ist es umgekehrt: Viel Sonne, aber wenig Bedarf für Heizwärme.

Hier setzt die Idee des saisonalen Wärmespeichers an: Er nimmt im Sommer Energie in Form von Wärme auf und gibt diese im Winter wieder ab. So kann der winterliche Wärmebedarf mit Sommerenergie gedeckt werden.

Wasser als Speichermedium

Bei den meisten Wärmespeichern kommt Wasser als Speichermittel zum Einsatz. Das ist keine neue Idee – seit Jahrzehnten dient es bei Zentralheizungen zur Verteilung der Wärme im Gebäude. Grund für die verbreitete Nutzung von Wasser ist seine hohe spezifische Wärmekapazität, die etwa 4,2 kJ/(kg*K) beträgt. Für die Erwärmung von einem Kilogramm Wasser um ein Kelvin sind also 4,2 kJ nötig. Auch in Form von Eis (2,06) oder Dampf (2,08) kann Wasser deutlich mehr Wärme speichern als viele andere Materialien. Daneben verfügt Wasser aber noch über einige weitere Eigenschaften, die es zu einem idealen Trägermedium machen:

  • Wasser ist (zumindest bei uns) kostengünstig und überall erhältlich.
  • Wasser kann Wärme schnell und beliebig oft aufnehmen und wieder abgeben.
  • Wasser ist ungiftig und stabil, es altert also nicht und geht nicht kaputt.
  • Wasser lässt sich einfach transportieren (z. B. durch Rohre).
  • Wasser ist ein schlechter Wärmeleiter, solange es nicht gestört (aufgewirbelt) wird.

Niedertemperaturspeicher

Wärmespeicher können danach unterschieden werden, auf welchem Temperaturniveau sie die Wärme speichern. Niedertemperaturspeicher verwenden namensgemäss tiefere Temperaturen. Zwar muss das Wasser zuerst über Wärmepumpen auf das erforderliche Temperaturniveau gebracht werden, was mit zusätzlichem Energieeinsatz verbunden ist. Dafür sind während der Speicherung die Wärmeverluste deutlich geringer, weil die Temperatur des gespeicherten Wassers nicht viel höher ist als die der Umgebung. Dadurch lassen sich auch Kosten einsparen, da der Speicher nicht gedämmt werden muss.

Erdspeicher

Erdsonden und ähnliche Technologien nutzen das thermische Potenzial des Erdreichs. Sie können aber nicht nur als Energiequelle dienen, sondern auch zur Speicherung von Energie. Im Sommer werden sie mit überschüssiger Wärme «beladen», die im Winter für Heizzwecke genutzt wird, während die Kälteenergie im Sommer zur Kühlung des Gebäudes eingesetzt werden kann. Ein Beispiel für diese Art der Doppelnutzung ist das Suurstoffi-Areal in Rotkreuz. Die Erdsonden sind dort über ein Anergie-Netz verbunden und werden sowohl für die Wärme- als auch für die Kältenutzung eingesetzt.

Eine der Energiezentralen des Suurstoffi-Areals, das Erdsonden-Speicher zum Heizen und Kühlen nutzt. (Foto: Zug Estates AG)

Aquiferspeicher

Ein eine andere Möglichkeit der Niedertemperaturspeicherung bieten Aquifere bzw. Grundwasserleiter. Damit das Grundwasser als thermischer Speicher genutzt werden kann, müssen gewisse geologische Bedingungen wie die Undurchlässigkeit der umgebenden Schichten gegeben sein. Im Sommer wird Wasser aus einem sogenannten «kalten Brunnen» gepumpt, erwärmt und über einen «warmen Brunnen» wieder in den Aquifer zurückgeführt. Im Winter kann dieses warme Wasser dann für die Beheizung von Gebäuden verwendet werden. Aquiferspeicher sind insbesondere in Holland weit verbreitet, weil dort günstige geologische Bedingungen vorherrschen. In der Schweiz nutzt die Gemeinde Riehen bei Basel bereits seit rund 25 Jahren einen Aquiferspeicher für die Versorgung des Fernwärmenetzes.

Eisspeicher

Eisspeicher machen sich eine spezielle Eigenschaft von Wasser zunutze: Es setzt beim Phasenübergang von seiner flüssigen in die feste Form hohe Energiemengen frei. Die Umwandlung von Wasser zu Eis bei je 0 °C setzt zum Beispiel gleich viel Energie frei wie die Abkühlung von Wasser mit 80 °C auf 0 °C. Die bei der Eisbildung entstehende Wärme kann man deshalb zum Heizen nutzen. Umgekehrt gibt das Eis beim Schmelzprozess Kälte ab, mit der man kühlen kann. Angewendet wird diese Art der Speicherung etwa im Gebäudekomplex der Genossenschaft La Cigale in Genf.

Nutzwärmespeicher

Im Gegensatz zu den Niedertemperaturspeichern betreibt man Nutzwärmespeicher auf einem höheren Temperaturniveau, für Gebäudeheizungen oft im Bereich von 40 bis 90 °C. Dadurch kann die gespeicherte Wärme ohne Einsatz einer Wärmepumpe direkt genutzt werden. Der Nachteil ist, dass die Wärmeverluste während der Speicherung höher sind, weil der Temperaturunterschied zur Umgebung grösser ist.

Oberirdische Wärmespeicher

In oder neben Gebäuden verbaute Wärmespeicher bestehen häufig aus Stahl. Sie speichern in der Regel Wasser mit einer Temperatur zwischen 10 und 95 °C. Die Behälter haben aus Stabilitätsgründen meist eine zylindrische Form. Wenn der Speicher innerhalb eines beheizten Gebäudes steht, tragen die Wärmeverluste während der Heizperiode zur Beheizung bei. Im Freien sind die Verluste dagegen nicht nutzbar, und daher muss der Behälter dort möglichst gut gedämmt sein, um die Wärmeverluste gering zu halten. Die Kosten für den Speicher hängen stark von der Grösse ab (siehe Tabelle).

Kennzahlen «Swiss Solartank»

Kosten in CHF exkl. MwSt. Beispiel-Kennzahlen eines oberirdischen Nutzwärmespeichers: Varianten des «Swiss Solartank» der Firma Jenni mit integriertem Boiler, Solarwärmetauscher und Isolation. Quelle: Jenni AG

Volumen Höhe Durchmesser Preis ab
970 Liter 2.1 m 1 m 4'700
1920 Liter 2.3 m 1.4 m 5'800
3939 Liter 2.3 m 2 m 7'670
9400 Liter 5 m 2 m 10'500

Der Solartank von Jenni

Ein bekanntes Beispiel für einen oberirdischen Nutzwärmespeicher ist der «Swiss Solartank» von Jenni. Die Firma aus dem Emmental hat ein auf die Speicherung von Solarenergie ausgerichtetes Produkt entwickelt, das aber auch in Fernwärmenetzen oder Kälteanlagen zum Einsatz kommt. Der Solartank ist in diversen Grössen von 600 bis 280’000 Liter erhältlich. Er verfügt über einen integrierten Boiler, in dem die durch Kollektoren gewonnene Solarenergie über Wärmetauscher zum Erhitzen des Brauchwarmwassers genutzt wird. Damit der Solartank möglichst wenig Wärme verliert, ist eine gute Wärmedämmung nötig. Je nach Bedarf kann die Wärme so über mehrere Monate gespeichert und in der kalten Jahreszeit zur Beheizung des Gebäudes verwendet werden. Der Swiss Solartank kann mit diversen Systemen wie einer Wärmepumpe oder einer Holzfeuerung kombiniert werden.

Ein Swiss Solartank auf dem Weg zu seinem Einsatzort. Die Speicher der Firma Jenni sind in verschiedenen Grössen erhältlich. (Foto: Jenni Energietechnik AG)

Erdbeckenspeicher

Künstlich angelegte Erdbecken bieten viel Kapazität für die Speicherung von Wärme. Sie werden gegen das Erdreich abgedichtet und teilweise gedämmt, mit Wasser gefüllt und gegen oben gedämmt – heute oft mit einer schwimmenden Abdeckung. Dieser Speichertyp hat zwar eine tiefere Lebensdauer als andere, weil die Auskleidungsfolien nach rund 20 Jahren ersetzt werden müssen. Die Stromgestehungskosten sind aber dennoch tiefer als bei den meisten anderen Nutztemperaturspeichern. Die Wärmeverluste bei grösseren Anlagen  betragen über ein ganzes Jahr lediglich rund zehn Prozent. Erdbeckenspeicher sind insbesondere in Dänemark verbreitet, das bisher grösste realisierte Projekt umfasst 200’000 Kubikmeter Wasser.

Erdsonden- und Aquiferspeicher

Diese beiden Speichertypen können nicht nur als Niedertemperatur-, sondern auch als Nutztemperaturspeicher ausgelegt werden. Aquiferspeicher haben dabei den Vorteil, dass sie sich teilweise schon so tief unter der Erde befinden, dass sie natürlicherweise auf Nutztemperaturniveau betrieben werden können. Und selbst wenn man sie mit Wärmeenergie beladen muss, sind die Verluste aufgrund der höheren Umgebungstemperaturen wesentlich tiefer als bei Erdsondenspeichern.

Die Drake Landing Solar Community in Kanada versorgt sich über einen Erdsondenspeicher (hier die Verrohrung in der Bauphase), der auf Nutztemperaturniveau betrieben wird. (Foto: Drake Landing Solar Community)

Allerdings lassen sich Aquiferspeicher nur nach umfangreichen geologischen Abklärungen realisieren, was zu entsprechend hohen Kosten führt. Beide Speichertypen eignen sich für grosse Wärmeverbunde. Die Drake Landing Solar Community in Kanada beispielsweise betreibt einen Hochtemperatur-Erdsondenspeicher, der im Sommer solar beladen wird und in milden Wintern einen solaren Deckungsgrad von 100 Prozent erreicht.