Wie «smart» sind die Stromzähler der Zukunft?

Smart Meter, also fernsteuerbare elektronische Stromzähler mit der Fähigkeit zu bidirektionalem Datenaustausch, sollen über die kommenden Jahre flächendeckend bei Schweizer Stromkunden installiert werden. Sie werden als ein Baustein der Energiestrategie gepriesen und von manchen als Bedrohung für den Schutz der Privatsphäre betrachtet. Welche Nutzen und Risiken birgt die Technologie?

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Als Smart Meter werden sie bezeichnet: elektronische Stromzähler, die den Stromverbrauch im Viertelstundentakt erfassen und automatisch an den Energieversorger übermitteln. Bei Bedarf können sie auch zur Fernsteuerung der Elektrogeräte und Leuchten im eigenen Zuhause dienen. Sie wären ein zentraler Bestandteil von Smart Grids, den intelligenten Stromnetzen der Zukunft, in denen nicht nur Energie, sondern auch Daten in beide Richtungen zwischen Erzeuger und Verbraucher von Elektrizität fliessen würden. Mit den Smart Grids, so die Vision der Energiestrategie 2050 des Bundes, liesse sich die zunehmende Anzahl dezentraler Stromerzeuger (Photovoltaikanlagen, Windräder, Bockheizkraftwerke) leichter in das Stromsystem integrieren, ohne dass die Kosten für Netzausbauten allzu stark steigen.

Gesetzliche Grundlagen geschaffen

Mit dem revidierten Energiegesetz und den Anpassungen in der Stromversorgungsverordnung, die beide per 1. Januar 2018 in Kraft getreten sind, ist die rechtliche Grundlage für die flächendeckende Einführung von Smart Metern bereits geschaffen worden. Bis Ende 2027 sollen die intelligenten Strommesssysteme bei 80 Prozent aller Stromkunden an die Stelle der alten mechanischen Zähler installiert werden. Danach sollen nach und nach die restlichen 20 Prozent folgen, sobald das Ende ihrer Lebensdauer erreicht ist.

Die Schweiz folgt damit dem von der Europäischen Union bereits früher eingeschlagenen Pfad. In der EU sind Smart Meter schon seit einigen Jahren Pflicht, auch wenn einzelne Länder von ihrer Einführung absehen können, falls volkswirtschaftliche oder andere Gründe dagegen sprechen.

Volkswirtschaftlicher Nutzen gegeben

In der Schweiz trägt das Bundesamt für Energie (BFE) die Verantwortung für die Entwicklung einer Strategie zur Einführung der Smart Meter. Im November 2014 gab das BFE die Mindestanforderungen bekannt, welche die Smart Meter für deren Einführung erfüllen sollten. In demselben Bericht definierte das BFE Modalitäten, unter denen die Smart Meter eingeführt werden könnten.

Im Juni 2015 wurde eine Studie der Firma Ecoplan im Auftrag des BFE veröffentlicht, in der Kosten und Nutzen der Einführung der Smart Meter abgeschätzt wurden. Aus der Studie ging hervor, dass die flächendeckende Einführung der Smart Meter im Zeitraum 2015 bis 2035 mit volkswirtschaftlichen Nettomehrkosten (Mehrkosten minus Kosteneinsparungen) von 830 Millionen Franken einhergehen würde. Dem gegenüber stünden Stromeinsparungen bei den Endkunden sowie Einsparungen bei den Geschäftsprozessen der Elektrizitätsversorger in der Höhe von 1260 bis 1680 Millionen Franken. Letzterer Betrag bezieht sich allerdings auf den Fall, dass die Energiestrategie 2050 nicht umgesetzt wird.

Netto resultiert also demnach für die Schweizer Wirtschaft im Zeitraum 2015 bis 2035 ein finanzielles Plus von 430 bis 850 Millionen Franken, oder rund 20 bis 50 Millionen Franken pro Jahr. Die Kosten der Smart Meter, die zunächst von den Verteilnetzbetreibern getragen werden müssen, können von diesen auf die Stromkunden abgewälzt werden. Die Studie räumt allerdings auch ein, dass Smart Meter alleine keine Stromkosteneinsparungen herbeiführen werden. Erst durch intelligente Geräte, die eine zeitnahe Steuerung zulassen sowie durch gezielte Bemühungen vonseiten der Energieversorger, die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf die Einsparpotenziale zu lenken, könnten die möglichen Reduktionen im Stromverbrauch realisiert werden.

Baustein der Digitalisierung

Auf die Frage, inwiefern Smart Meter für die Energiewende in der Schweiz notwendig sind, gibt Matthias Galus vom BFE eine Reihe von Gründen an, die seiner Ansicht nach für die Smart-Meter-Technologie sprechen: «Smart Meter ermöglichen es, die vielen dezentralen Produktionsanlagen effizienter ins Energieversorgungssystem einzufügen, als es sonst stattfinden würde. Da durch Smart Meter mehr Informationen automatisiert und in kürzeren Zeiten verfügbar sind, lassen sich die vielen komplexen Prozesse in der Energieversorgung besser umsetzen. Sie tragen auch zu Einsparungen beim Energieverbrauch bei. Nicht zuletzt sind die Smart Meter eine Grundvoraussetzung für die weitergehende Digitalisierung im Strombereich.»

Smart Meter sind eine Grundvoraussetzung für die weitergehende Digitalisierung im Strombereich.

Galus ist zudem der Überzeugung, dass sich die Smart Meter trotz des relativ geringen Einsparpotenzials langfristig auszahlen werden: «Das BFE hat dazu mehrere Studien durchgeführt. Sie zeigen ein Einsparpotential in der Schweiz von circa zwei Prozent (Durchschnitt über alle Verbrauchsektoren). Vor dem Hintergrund der internationalen Erkenntnisse aus der Praxis ist dies eine eher konservative Annahme. Doch auch mit durchschnittlich zwei Prozent machen Smart Meter volkswirtschaftlich langfristig Sinn.»

Technisch ausgereift

Die Technologie sei jedenfalls technisch ausgereift, ist Galus überzeugt: «Elektronische Zähler sind seit langem auf dem Markt. Sie sind also erprobt. Für die erforderliche Messgenauigkeit gibt es in der Schweiz – wie auch in allen anderen Ländern – klare, gesetzliche Vorgaben, deren Einhaltung durch das Eidgenössische Institut für Metrologie (METAS) regelmässig kontrolliert wird.» Man gehe derzeit von einer Lebensdauer der Smart Meter von circa 10 bis 15 Jahren aus. Galus zählt zudem weitere Vorteile in Bezug auf die Zuverlässigkeit der Geräte: «Störungen in den Smart Metern können, im Gegensatz zu heute, aus der Ferne automatisch erkannt werden. Dann werden die Geräte repariert.» In Bezug auf den Stromverbrauch der Geräte selbst weist Galus darauf hin, dass Smart Meter auch unter die Geräteeffizienz-Richtlinie der EU fallen.

Die Gefahr, dass durch technische Störungen der Geräte Fehler in der Stromrechnungen entstehen, werde mit der neuen Technologie verringert: «Daten der Endkunden werden schon heute gespeichert und auf ihre Plausibilität geprüft. In Zukunft ist dies noch besser durchführbar, sind doch mehr Informationen vorhanden», sagt Galus. André Müller von der Firma Ecoplan weist darauf hin, dass Stromzähler aktuell nur einmal im Jahr abgelesen werden. Mit den Smart Metern sei die frühzeitige Erkennung von Störung und somit deren Behebung leichter.

Sorge um den Datenschutz

Da die Smart Meter alle 15 Minuten den Stromverbrauch erfassen und an den Energieversorger übermitteln, haben manche die Sorge geäussert, dass aus den detaillierten Stromverbrauchsdaten empfindliche Informationen über die Privatsphäre der Nutzer ohne deren Zustimmung an Dritte gelangen können. So liesse sich anhand des Stromverbrauchsprofils einer Person oder eines Haushalts herausfinden, wie deren Tagesablauf aussieht. Umgekehrt wäre mit dieser Information zum Beispiel zu erkennen, wann jemand für längere Zeit abwesend ist.

Zur Abwägung der Interessen von Energieversorgern und deren Kunden sagt Matthias Galus: «Zeitnahe und qualitativ gute Daten sind wichtig für neue Geschäftsmodelle und eine verbesserte Effizienz der Prozesse im Energieversorgungssystem. Jedoch gilt es auch, die Verbraucher zu schützen. Die Abwägung der Interessen von Verbrauchern und Systembetreibern wurde in umfangreichen Arbeiten untersucht.»

Galus verweist dann auf den gesetzlichen Rahmen zum Schutz der privaten Daten: «Der Bund hat klare Vorgaben an den Umgang mit den Daten aus den Smart Metern zum Schutz der Verbraucher auf Stufe Gesetz und Verordnung erlassen. Sollte ein Datenmissbrauch stattfinden, würde der Eidgenössische Daten- und Öffentlichkeitsbeauftragte aktiv.»

André Müller von Ecoplan verweist auf Artikel 8d der Stromversorgungsverordnung, der neu den Datenschutz in Bezug auf Smart Meter regelt. Demnach ist die Bearbeitung der viertelstündlichen Verbrauchsdaten vonseiten des Netzbetreibers nur für Messung, Steuerung, Ausgestaltung von Tarifen sowie Netzbilanzierung und Netzplanung zulässig. Die Bereitstellung der Daten an Dritte im Strommarkt sei möglich, aber nur wenn die Daten in geeigneter Form aggregiert und pseudonymisiert werden, sodass keine Rückschlüsse auf die Identität der Verbraucher anhand detaillierter Daten möglich wären. Detaillierte Daten dürfen nur unter ausdrücklicher Zustimmung des Kunden weitergegeben werden. Dies gelte auch dann, wenn die Daten zu Forschungszwecken genutzt werden sollen. Die Daten dürfen zudem nur einmal am Tag ausgelesen werden und müssen nach einem Jahr gelöscht werden. Für die Datensicherheit müssen die Energieversorgungsunternehmen sorgen.

Schliesslich nimmt Matthias Galus Stellung zu möglichen Gesundheitsrisiken in Verbindung mit der Verwendung von Smart Metern: «Die Geräte befinden sich zumeist im Keller und damit weit weg von den Endverbrauchern. Die Grenzwerte für nicht-ionisierende Strahlung von Geräten sind unter anderem in der Verordnung für Nichtionisierende Strahlung (NISV) geregelt und vorgegeben. Sie sind einzuhalten.»