Steuern für E-Autos – was kommt auf uns zu?

E-Autos werden heute gegenüber solchen mit Verbrennungs­motor steuerlich bevorteilt. Mit einem steigenden Anteil der E-Mobilität am Strassenverkehr kann das nicht mehr lange so bleiben. Wie also E‑Autos besteuern?

8 Min.
Langzeitbelichtung einer sechsspurigen Autobahn: rote Lichtstreifen führen rechts von uns weg, weisse kommen links auf uns zu

Die E-Mobilität verändert den Strassenverkehr. Die steigende Anzahl der batterie­elektrischen Fahrzeuge auf Schweizer Strassen hat nicht nur Auswirkungen auf die Energieinfrastruktur und die Umweltbilanz des Privatverkehrs, sondern auch auf seine Finanzierung. Denn diese funktioniert bis anhin wortwörtlich über die Zapfsäule: Die Mineralölsteuer, die mit jedem Liter verkauftem Benzin und Diesel automatisch erhoben wird, brachte im Jahr 2022 insgesamt gegen 4,4 Milliarden Franken ein. Dieses Geld kommt den Autofahrerinnen und Autofahrern zugute, denn es ist teilweise zweckgebunden für die Finanzierung der Strasseninfrastruktur. Wer tankt, finanziert also die Strassen mit. Doch was ist mit denen, die nicht tanken, aber trotzdem die Strasse nutzen?

Der Preis des Verkehrs

Mobilität kostet. 2019 betrugen die gesamten Verkehrskosten in der Schweiz 96,3 Milliarden Franken – pro Einwohnerin und Einwohner entsprach das über 11’000 Franken. Den grössten Anteil an diesen Kosten hatte der motorisierte Strassenverkehr mit 76,8 Milliarden Franken. Dort wiederum machten die Fahrzeuge den Löwenanteil der Kosten aus. Rund 62 Prozent der Strassenverkehrskosten entfallen auf die Autos von Frau und Herr Schweizer und die Transportunternehmen. Unfälle sowie Umwelt- und Gesundheitskosten verursachen je 13 Prozent, die Infrastruktur 11 Prozent.

Einen Grossteil der Kosten decken die Nutzerinnen und Nutzer selbst ab, rund 14 Prozent werden von der Allgemeinheit und der öffentlichen Hand getragen. Das ist wichtig, wenn über einen Ersatz der Mineralölsteuer geredet wird: Es geht um einen vergleichsweise kleinen Kostenanteil, der von den Nutzerinnen und Nutzern getragen und zweckgebunden ausgegeben wird. Betrachtet man die gesamten Kosten des Strassenverkehrs, trägt die Mineralölsteuer dazu nur wenige Prozent bei.

Quelle: BFS – Statistik der Kosten und der Finanzierung des Verkehrs (KFV) © 2022 BFS

Der Bund will die Ergänzung zur Mineralölsteuer

Einen solchen Ersatz könnte es heute bereits zumindest theoretisch geben. Mit dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds NAF im Jahr 2017 wurde die Möglichkeit für die Einführung einer Abgabe für E-Fahrzeuge geschaffen. Bisher wurde von ihr jedoch nicht Gebrauch gemacht. Im letzten Jahr hat der Bundesrat eine neue Abgabe vorgeschlagen, welche die Mineralölsteuer ergänzen und nur für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben gelten soll. Diese bisher schlicht «Ersatzabgabe» genannte Steuer wird in einem Bericht des Bundesamts für Strassen ASTRA beschrieben. Die Eckdaten:

  • Die Abgabe soll auf die gefahrenen Kilometer erhoben werden und nach Fahrzeuggewicht und Motorleistung differenziert werden. Damit entspricht sie dem Mechanismus der Mineralölsteuer: «Pay as you use» – wer die Strassen stärker (ab-)nutzt, zahlt mehr.
  • Die Abgabe soll die Mineralölsteuer ergänzen und nicht ersetzen. Dies, um negative Nebenwirkungen wie Tanktourismus zu vermeiden.
  • Die Abgabe soll ein Tarifmodell haben, das möglichst ähnlich der Mineralölsteuer aufgebaut ist. So sollen die zweckgebundenen Einnahmen mit zunehmendem Anteil von E-Autos möglichst konstant gehalten werden.
  • Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge sollen eine reduzierte Abgabe zahlen, damit sie nicht doppelt besteuert werden (auf die gefahrenen Kilometer und den getankten Treibstoff). Wie sich die Reduktion berechnet, ist noch offen.
  • Die Abgabe soll bis 2030 eingeführt werden, um keine Finanzierungslücke bei der Strasseninfrastruktur entstehen zu lassen.

Gibt es Alternativen zur Ersatzabgabe?

Doch wie sieht es mit Alternativen zur vorgeschlagenen Ersatzabgabe aus? Die Frage geht an Anne Greinus. Sie ist Geschäftsleiterin und Partnerin des Beratungsbüros INFRAS und hat den Bericht über die Ersatzabgabe mitverfasst. Kritisch sieht sie beispielsweise ein generelles Road-Pricing als Ersatz für die Mineralölsteuer: «Mit der Mineralölsteuer besteht eine sehr einfach zu erhebende Abgabe, die auch noch verursachergerecht ist. Wer mehr fährt und verbraucht, zahlt mehr. Pauschale Abgaben sind grundsätzlich weniger verursachergerecht, weil sie nicht die Leistung und die damit verursachten Kosten bepreisen. Das gäbe einen Anreiz, mehr zu fahren.»

Was wäre mit einer asymmetrischen Abgabe, die zunächst die Mineralölsteuer erhöht, um die Ausfälle durch den wachsenden E-Auto-Anteil zu ersetzen und E-Autos mit einem geringeren Beitrag zu belasten? Anne Greinus kann auch diesem Ansatz im Kontext der Ersatzabgabe nichts abgewinnen: «Auch das wäre nicht verursachergerecht. E-Fahrzeuge nutzen die Strassen und verursachen Infrastrukturkosten, aber auch Umweltkosten wie beispielsweise Lärmkosten. Sie würden allerdings ohnehin erst ab 2030 zahlen und noch einige Jahre profitieren.»

E-Fahrzeuge nutzen die Strassen und verursachen Infrastrukturkosten, aber auch Umweltkosten wie beispielsweise Lärmkosten.

Anne Greinus, Geschäftsleiterin und Partnerin INFRAS

Eine komplett andere Finanzierungsquelle wie etwa die Besteuerung des Ladestroms wurde im Rahmen des ASTRA-Grundlagenberichts nicht untersucht. Für Anne Greinus ist der Ansatz jedoch richtig, die Ersatzabgabe möglichst an der Mineralölsteuer zu modellieren: «Die Mineralölsteuer ist sehr effizient und verursachergerecht, weil der Verbrauch direkt besteuert wird. Schwerere und leistungsstärkere Fahrzeuge verbrauchen auch mehr Treibstoff und zahlen mehr Steuern.»

Die Ersatzabgabe in der Praxis

Stellt sich die Frage, wie eine solche fahrleistungsabhängige Abgabe in der Praxis funktionieren soll. Wäre die Erhebung eine Herausforderung? Anne Greinus verneint: «Die Erhebung stellt technologisch kein Problem dar.» Mit dem European Electronic Toll Service (EETS) gebe es sogar eine europäische Erhebungslösung, die bereits bei der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe LSVA zum Einsatz komme. «Neue Fahrzeuge sind zudem heute mit verschiedenen Systemen ausgestattet, die den Herstellern Daten liefern.» Herausfordernd sei allerdings die Akzeptanz bei der Erhebung der Fahrleistungen für eine fahrleistungsabhängige Abgabe für E-Autos. «Während im Güterverkehr mit der LSVA seit 2001 eine leistungsabhängige Abgabe erhoben wird, die breit anerkannt ist, ist es im Personenverkehr tendenziell schwieriger. Einerseits weil es die Betriebskosten der E-Fahrzeuge gegenüber heute etwas erhöht, andererseits weil es Bedenken betreffend Datenschutz und Privatsphäre gibt.» Der Datenschutz könne aber grundsätzlich gewährleistet werden, fügt sie an. Zu diesem Schluss kommt auch eine Studie im Auftrag des ASTRA von 2019.

Die Akzeptanz von Abgaben hänge insbesondere davon ab, wie diese verwendet würden, meint Anne Greinus. «Die Revision des CO2-Gesetzes wurde im Juni 2021 abgelehnt. Vor diesem Hintergrund kommt der Bericht an den Bundesrat vom 29. Juni 2022 zum Schluss, dass eine Abgabe für E-Fahrzeuge in der Schweizer Bevölkerung eine höhere Akzeptanz hätte als eine CO2-Lenkungsabgabe für fossile Treibstoffe.» Bei reinen Lenkungsabgaben, so Greinus, sollten die Einnahmen ganz oder mehrheitlich zurückerstattet werden, ähnlich der CO2-Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe. «Da die Einnahmen der vorgeschlagenen Ersatzabgabe hauptsächlich für die Strasseninfrastruktur verwendet werden, dürfte sie eine hohe Akzeptanz haben.»

Ein Blick in die Zukunft und über die Grenze

E-Autos werden nicht nur auf Schweizer Strassen immer zahlreicher. Auch in anderen europäischen Ländern diskutiere man deshalb über alternative Finanzierungsmöglichkeiten der Strasseninfrastruktur, meint Anne Greinus. «In Norwegen und in der Schweiz sind die Diskussionen zur Kompensation der Einnahmenausfälle nach unserer Einschätzung am weitesten vorangeschritten, aber Lösungen sind noch nicht definiert. In Deutschland sind diese Diskussionen auch im Gange.» In Frankreich, Österreich und Italien sei die Finanzierung der Strasseninfrastruktur teilweise anders gelöst, so Greinus. Sie verweist auf die dort praktizierte Autobahn-Maut. «Diese Finanzierung ist unabhängig von der Antriebstechnologie, weshalb die Diskussionen um Ersatzabgaben meines Wissens dort weniger ausgeprägt sind. Es kommt also stark auf das heutige Finanzierungssystem im jeweiligen Land an.»

Es ist richtig, schwerere Fahrzeuge, die die Infrastruktur tendenziell auch mehr abnutzen und höhere Umweltkosten verursachen, höher zu besteuern

Anne Greinus, Geschäftsleiterin und Partnerin INFRAS

Eine eigentliche Verkehrswende darf man von einer Ersatzabgabe indes nicht erwarten. Da sie eben keine Lenkungsabgabe ist, kann sie die Art der Fahrzeuge auf Schweizer Strassen kaum beeinflussen, insbesondere den Trend zu immer grösseren Autos. «Trotz Mineralölsteuer und damit verbrauchsabhängiger Besteuerung werden die Fahrzeuge immer grösser und schwerer», meint Anne Greinus und ergänzt: «Es ist aber richtig, schwerere Fahrzeuge, die die Infrastruktur tendenziell auch mehr abnutzen und höhere Umweltkosten verursachen, höher zu besteuern als kleine, leichte Fahrzeuge.» Und letztlich brauchen auch kleinere Fahrzeuge, sollten sie sich doch dereinst durchsetzen, intakte Strassen.

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  • Burri Werner

    Vor 1 Jahr

    Ich fahre seit rund 5 Jahren elektrisch und fände es OK meinen Beitrag an den Strassenunterhalt zu bezahlen, solange es strecken- und gewichtsabhängig ist.
    Ich lade zu Hause mit Solarüberschuss.
    Mit 36’000 Km habe ich ca. 2’100 Liter Treibstoff gespart.
    Das wären ca. 1540 Fr Mineralölsteuer.

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  • Lucas

    Vor 1 Jahr

    Ich frage mich wie diese KM erhoben werden sollen ? Und wenn ich im Ausland fahren zahle ich die dann auch, Verbrennerfahrer zahlen ja beim Tanken im Ausland auch keine Abgaben in der CH ? Gibt es da Ideen ?

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    • Thomas Elmiger
      Thomas Elmiger

      Thomas Elmiger

      Vor 1 Jahr

      Danke für diese gute Frage. Wir haben die Antwort wohl beim oben erwähnten Stichwort EETS gefunden und auch gleich verlinkt. Die Erfassungsgeräte kommunizieren mit dem Zoll, so dass sich Fahrten im Inland und im Ausland wohl problemlos unterscheiden lassen. Das ist sicher ein Vorteil, wenn ein europäischer Standard zur Anwendung kommt. Das Video dazu findet sich auch hier: https://youtu.be/IPC3Dex3McQ

  • Sigi

    Vor 8 Monaten

    Habe meinen alten Diesel Wagen gegen ein E- Auto ersetzt. Der angeblich «grüne Kanton Luzern» verlangt 200.- Fr. mehr für die Motorfahrzeug Verkehrs Steuer. Den Strom beziehen wir zum Glück von der Photovoitaik Anlage vom Dach. Investition 40000.- Fr.
    Muss ich das e-Auto unterwegs aufladen bezahle ich plus/minus 1.- Franken pro kWh folgedessen 15-20 Fr. pro 100 km
    Das heisst mit dem e-auto bezahle ich mindestens schon 40% mehr als mit fossilen Brennstoffen.
    Würde nie mehr ein e-Auto kaufen.
    Du wirst für das Umweltdenken auf allen Ebenen im bestraft.

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    • Thomas Elmiger
      Thomas Elmiger

      Thomas Elmiger

      Vor 8 Monaten

      Der Kanton Luzern berechnet die Motorfahrzeugsteuer in Abhängigkeit von der Leistung des Motors (Steuer-PS), ein Steuerrechner ist verfügbar [1]. Somit ist der Motor des E-Autos nun wohl «sportlicher» oder eben leistungsstärker als es der Diesel war. Mit dem PV-Strom können Sie sehr günstig laden und auch die Service-Kosten dürften tiefer ausfallen als bei einem Verbrenner. In Zukunft müssten Diesel und Benzin immer teurer werden, während die Strompreise 2025 wieder etwas sinken dürften. Auf längere Zeit fahren viele mit dem E-Auto günstiger.
      [1] https://strassenverkehrsamt.lu.ch/Strassenverkehr/steuern_gebuehren/steuerberechnungen

  • Sigi

    Vor 8 Monaten

    Vielen Dank Herr Elmiger für die prompte Antwort. Wenn Sie schreiben der Service für E-Auto sei günstiger. Das bezweifle ich sehr. Wenn ich das schweizer Pflichtenheft anschaue. Hyundai CH verlangt einen alljährlichen Service. Alle 12 Monate /30000 km (sonst erlösche die Garantie) 1. Jahre-Kontrolle: Gläser, Sichtkontrollen Carosserie, Scheibenwischer, Pneudruck, Licht, Bremsscheiben. AWagen reinigen. 350.- Fr. Folgejahre ca 600.- Z.B. übriges Europa nur alle 2 Jahre vorgeschrieben. Mein Diesel war etliches günstiger. Würde echt nie mehr einen Stromer kaufen und rate es auch jedem Freund ab. Liebe Grüsse Sigi
    Ps. Probefahrt mit 150 kmh! Habe ich auf meinem App sehen….

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  • Meyer

    Vor 5 Monaten

    Ich habe Verständnis, dass wir E-Fahrer mit an die Kosten der Strasseninfrastruktur beteiligen müssen. Allerdings bereitet mir das auch Sorgen, da dann Kosten pro 100km höher sein wird, als mit einem Benziner/Diesler. Ich kann aktuell zum Glück zu Hause laden. Aber für solche die auswärts laden, sind die Ladepreise z.T. überrissen teuer (aktuell bis 1CHF/kWh). Auch wenn die Strompreise runtergehen sollten, diese Firmen werden sicherlich kaum, resp. nur marginal ihre Preise nach unten anpassen. Folge: Die Gesamtkostenbilanz pro km mit E-FZ wird dann zunehmend unattraktiv im Vergleich zum Verbrenner.
    Frage: Herrscht mittlerweile Klarheit, ab wann die neue Besteuerung eingeführt werden soll? Wird das noch vor 2030 sein?

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