Mit diesen alternativen Antrieben sollen Lkw klimaneutral werden
Wie lassen sich Waren klimafreundlich auf der Strasse transportieren? Neben Strom und Wasserstoff sind synthetische Treibstoffe Optionen für CO2-neutrale und emissionsarme Lkw-Antriebe. Besonders für Transporte über lange Distanzen sind die sogenannten E-Fuels vielversprechend.
Bei den Pkw scheint die Richtung klar: Sowohl die Autobauer als auch die Politik setzen auf Elektrofahrzeuge, um den motorisierten Verkehr klimaneutral zu machen. Bei den Lkw dagegen ist das Rennen um den Antrieb der Zukunft noch offen. E-Lkw galten lange als unwirtschaftlich und nicht praxistauglich. Nun bewegt sich allerdings etwas, sodass Elektromotoren auch beim Schwerverkehr bald Anteile gewinnen könnten.
Elektro-Lkw gewinnen auf kurzen Strecken
Interessant sind E-Lkw aber zunächst nur für städtische Umgebungen oder für kürzere Distanzen. Die Reichweite ist noch zu gering, die Ladezeiten sind zu lang, die grossen und schweren Batterien verringern die Nutzlast zu sehr, und die Ladeinfrastruktur ist noch zu lückenhaft. Bis auf Weiteres bieten sich daher andere Antriebstechniken an, um Waren über weite Strecken auf der Strasse energieeffizienter und klimafreundlicher zu transportieren.
Wasserstoff-Lkw mit Brennstoffzellen fahren längere Strecken
Auch Brennstoffzellen-Fahrzeuge fahren mit Elektromotor. Der benötige Strom wird allerdings nicht in Batterien gespeichert, sondern die Brennstoffzelle wandelt Wasserstoff in Strom um.
Solche Brennstoffzellen-Elektro-Nutzfahrzeuge, die mit Wasserstoff aus einem praktisch emissionsfreien Kreislauf betrieben werden, sind eine Alternative zu Elektro-Lkw mit Batterie für mittlere und längere Distanzen. Das Projekt von Hyundai und seinen Partnern ist in der Schweiz erfolgreich angelaufen, daher soll die Flotte in den kommenden Jahren von heute 46 auf 1600 Fahrzeuge ausgebaut werden.
Wasserstoff wird gasförmig getankt und steht dabei unter hohem Druck.
Der Nachteil: Bei der Produktion von Wasserstoff und der Rückumwandlung in Strom geht viel Energie verloren. Deshalb ist es effizienter, den Strom direkt in einer Batterie zu speichern. Doch mit dem heutigen Stand der Technik für E-Lkw wird Wasserstoff attraktiver, je grösser das Fahrzeug und je länger die zu fahrende Strecke ist.
Wasserstoff funktioniert auch in Verbrennungsmotoren
Wasserstoff lässt sich auch in Verbrennungsmotoren nutzen. Auch dabei wird kein CO2 freigesetzt, und es entstehen weniger Stickoxide (NOx), die sich zudem leichter herausfiltern lassen als beim Dieselantrieb. Leiser ist der Wasserstoffverbrennungsmotor obendrein. Die fehlende Rückumwandlung von Wasserstoff in Strom erhöht zudem den Wirkungsgrad bei diesem Konzept. Der Motor basiert auf vorhandener Technik, sodass Hersteller herkömmlicher Verbrennungsmotoren ihr Knowhow nutzen können. Das hat die deutsche Deutz AG getan und ihren ersten Wasserstoffmotor vorgestellt. Damit dieser dereinst im Transportwesen zum Einsatz kommt, sind allerdings spezielle Tanks und die entsprechende – teure – Infrastruktur nötig.
Effizienzvorteil an der Tankstelle
Wasserstoff wird gasförmig getankt und steht dabei unter hohem Druck. Für Nutzfahrzeuge mit grossen Tanks sind 350 bar üblich, für Pkw sind auch 700 bar möglich. Dank dem hohen Druck dauert der Tankvorgang nicht länger als an der Dieselzapfsäule – ein entscheidender Vorteil für die Langstrecke. Ein Vorteil allerdings, der mit zusätzlichem Energieaufwand für Lagerung und Betankung erkauft werden muss.
Erfolgreiches Projekt: Ende 2020 brachte Hyundai die ersten Wasserstoff-Lkw vom Modell Xcient in die Schweiz. (Bild: Hyundai)
Vorhandene Technik weiterentwickeln und bestehende Infrastruktur nutzen
Vorhandene Motortechnik zu nutzen respektive zu modifizieren, um klimaneutrale Treibstoffe sauber zu verbrennen, ist grundsätzlich ein aussichtsreicher Ansatz, um die Emissionen im Fernlastverkehr rasch zu senken. Wenn man für die Verteilung und zum Tanken auch noch auf bestehende Infrastrukturen setzen könnte, wäre die Schubkraft für die Umstellung abermals grösser.
Ist Biodiesel klimafreundlich?
Je nach Ansatz kann auch der bestehende Fahrzeugpark mit einbezogen werden, wie es beispielsweise beim Biodiesel der Fall ist, der fossilem Diesel beigemischt wird (Diesel B7). Bis zu 7 Prozent Biodiesel verkraftet jeder Motor. Gewisse Lkw-Motoren können auch nachgerüstet werden für den Betrieb mit reinem Biodiesel (B 100). Da Biodiesel gemäss Schweizer Gesetzgebung nicht die Nahrungs- und Futtermittelproduktion konkurrenzieren darf, wird er hierzulande ausschliesslich aus Altspeiseölen aus der Gastronomie hergestellt. Dementsprechend klein ist das Potenzial.
Biodiesel reduziert den CO2-Ausstoss. Er ist fossilem Diesel aus ökologischer Sicht eindeutig überlegen, aber auch er verbrennt nicht schadstofffrei. Daher kann Biodiesel als gute Sofortmassnahme, aber nicht als langfristige Lösung für eine saubere Mobilität betrachtet werden.
Synthetische Treibstoffe aus erneuerbarer Energie
Eine Lösung für den Fernlastverkehr könnten synthetische Treibstoffe, sogenannte E-Fuels (oder Synfuels), sein. Hergestellt werden sie aus Wasserstoff und CO2. Wird das benötigte CO2 aus der Luft entnommen und stammt der Strom für die Produktion aus regenerativen Quellen, ist der Treibstoff fast klimaneutral. Heutige Tankstellen und Verbrennungsmotoren funktionieren auch mit E-Fuels. Und da sie sich beliebig mit Benzin und Diesel mischen lassen, können synthetische Treibstoffe bereits in der Übergangsphase zum Einsatz kommen.
Wird das benötigte CO2 aus der Luft entnommen und stammt der Strom für die Produktion aus regenerativen Quellen, ist synthetischer Treibstoff fast klimaneutral.
Vor- und Nachteile von E-Fuels
Ein Allheilmittel sind jedoch auch E-Fuels nicht. Auch sie haben Nachteile: Zum einen ist die Produktion enorm energieintensiv und heute noch sehr teuer. Zum anderen ist der Wirkungsgrad über den ganzen Prozess sehr bescheiden im Vergleich zum Elektroantrieb. Synthetische Treibstoffe haben, genau wie Wasserstoff, aber auch einen Vorteil gegenüber Batterien: Sie können elektrische Energie langfristig speichern. Die Lagerung und der Transport von E-Fuels sind einfacher und daher kostengünstiger als beim Wasserstoff.
Die Transport- und Lagerfähigkeit macht E-Fuels zu einem wichtigen Baustein des gesamten zukünftig regenerativen Energiesystems: Wenn Photovoltaik- oder Windkraftanlagen Überschüsse produzieren, können mit diesem Strom synthetische Treibstoffe produziert werden (Power-to-X). Dank des einfachen Transports kann dies durchaus auch im grossen Stil in der Wüste passieren, von wo aus der Treibstoff dann in die Schweiz importiert wird. Dies trägt unter anderem zur Versorgungssicherheit mit erneuerbarer Energie auch im Winterhalbjahr bei.
Synthetisches Methan als Lkw-Treibstoff
Die Entwicklung von synthetischen Treibstoffen läuft auf Hochtouren, so auch an der Empa in Dübendorf. Im Mobilitätsdemonstrator «move» wird unter anderem die Herstellung und Verwendung von synthetischem Methan als Treibstoff für Lkw erprobt. Der Prozess der Methanisierung ist seit über 100 Jahren bekannt – aber eben ineffizient. Bei den Umwandlungsprozessen geht viel Energie verloren: Von der aufgewendeten Energie kommen am Schluss nur 13 Prozent auf der Strasse an, bei Wasserstoff sind es 22 Prozent, bei Batterie-Elektrofahrzeugen sind es mit 73 Prozent drei bis fünf Mal mehr.
Vergleich der Antriebstechniken: Das Speichern von Strom in einer Batterie ist wesentlich effizienter als die zweistufige Umwandlung in Gas und zurück in Elektrizität. (Grafik: Transport & Environment 2017)
Um den Wirkungsgrad zu erhöhen, aber auch um den Prozess zu vereinfachen, setzt die Empa wie auch die Ostschweizer Fachhochschule auf ein neuartiges, von ihnen weiterentwickeltes verfahrenstechnisches Konzept: die sorptionsverstärkte Methanisierung. Dabei entsteht nahezu 100-prozentiges Methan – im Gegensatz zum herkömmlichen Verfahren, bei denen das Reaktionsprodukt auch noch Wasserstoff enthält, der wieder abgetrennt werden muss. Damit kann das Methan direkt ins Gasnetz eingespeist werden.
Mitte 2023 sollen die ersten Lkw an der «move»-Tankstelle das mit Sonnenenergie erzeugte Methan tanken.
Mit der Elektromobilität, der Wasserstoffmobilität und synthetischen Treibstoffen werden im Mobilitätsdemonstrator «move» der Empa in Dübendorf drei technische Pfade zur CO2-Reduktion im Strassenverkehr untersucht. «Alle diese Konzepte haben energetische, betriebliche und wirtschaftliche Vor- und Nachteile. Um sie richtig einzusetzen, braucht es ein vertieftes Verständnis des Gesamtsystems», wird Christian Bach, Leiter der Empa-Abteilung Fahrzeugantriebssysteme, zitiert.
An ihrem Mobilitätsdemonstrator in Dübendorf erforscht und testet die Empa gemeinsam mit Partnern Optionen für eine nachhaltige Mobilität. (Bild: Empa)
Ein Lkw wird mit Flüssiggas (LPG/LNG) betankt – das kann schon heute Erdgas und zunehmend auch Biogas sein. (Foto: Volvo Trucks)
Sauberer Lkw-Treibstoff Dimethylether?
Ein weiteres Empa-Projekt beschäftigt sich mit Dimethylether (DME) als alternativem Lkw-Treibstoff. Die Chemikalie ist weit verbreitet, etwa als Treibgas in Spraydosen oder als Bestandteil von Kältemitteln in Kühlanlagen. Dimethylether wird kostengünstig und fast verlustfrei aus Methanol hergestellt. Es hat ähnliche Eigenschaften wie Flüssiggas und die Infrastruktur für Transport und Lagerung existiert bereits weltweit. Weil DME im Gegensatz zu Wasserstoff nicht unter hohem Druck getankt und mitgeführt werden muss, sind die Tanks der Tankstellen und Lkw einfacher und kostengünstiger.
DME verbrennt sehr sauber und mit geringer Russbildung. Es beeinträchtigt aber die Motorschmierung, weshalb die Empa-Forschenden einen Dieselmotor für den Betrieb mit reinem DME umgerüstet haben. Auch ein speziell auf DME angepasstes Motoröl wird von einem Partner-Unternehmen entwickelt. So soll der Versuchsmotor fundierte Daten zu Brennverfahren, Effizienz und Umweltfreundlichkeit von DME im Nutzfahrzeugsektor liefern.
An der Empa wird nicht nur die Nutzung von Dimethylether (DME) als Treibstoff erforscht, sondern auch, wie sich DME möglichst effizient herstellen lässt – ohne den Zwischenschritt Methanol, sondern direkt aus Wasserstoff und CO2. Die Hoffnungen liegen auch hier auf der sorptionsunterstützten Katalyse: Als Reaktion auf den Kontakt mit aktiven Kupferpartikeln verbinden sich Wasserstoff und CO2 zu Methanol oder Dimethylether. Dabei entsteht auch Wasser, das aber wieder herausgezogen werden muss, damit möglichst grosse Mengen an DME oder Methanol entstehen. Um das Wasser zu absorbieren, nutzen die Empa-Forschenden Zeolithe. Solche Minerale werden beispielsweise auch als Trockenmittel in manchen Geschirrspülern eingesetzt.
Wie sich im Labor zeigte, reagieren Wasserstoff und CO2 bei einer bestimmten Temperatur hauptsächlich zu DME. Die Herausforderung liegt nun darin, das Verfahren so zu optimieren, dass sich die DME-Herstellung mittels sorptionsgestützter Katalyse nicht nur energietechnisch, sondern auch wirtschaftlich lohnt.
Verschiedene Möglichkeiten für klimafreundliche Lkw-Antriebe
E-Mobilität, Wasserstoff-Fahrzeuge und E-Fuels: An der Empa wird in mehrere Richtungen geforscht. Denn derzeit verspricht der Einsatz verschiedener Antriebstechniken für unterschiedliche Distanzen am ehesten eine effektive Reduktion der CO2-Emissionen von Lkw. Zudem sind klimafreundliche Nutzfahrzeuge nicht nur im Kontext der Mobilität, sondern auch auch als Teil der regenerativen Energieversorgung insgesamt zu betrachten, wie das Beispiel der synthetischen Treibstoffe aus überschüssigem Solarstrom zeigt.
Entscheidend für die Klimabilanz von Fahrzeugen wird künftig aber nicht der Antrieb sein, sondern der Strommix. Ob mit elektrischer Energie, Wasserstoff oder synthetischen Treibstoffen – ein Lkw kann nur klimaneutral unterwegs sein, wenn genügend Strom als Ausgangsprodukt mit regenerativen Energien erzeugt worden ist.
Klimaneutraler Fernverkehr – das sind die Optionen
Die Empa hat einen Überblick der für die Langstrecke geeigneten Antriebsvarianten mit Vorteilen und Nachteilen zusammengestellt:
Treibstoff
Tank-Infrastruktur
Fahrzeugtechnik
Motortyp
Anmerkung
Oberleitung
teuer
teuer
Elektro
Für die letzte Meile abseits der Autobahn ist ein zweites Antriebssystem nötig.
Wasserstoff
teuer
teuer
Elektro
Bei gasförmiger Betankung geringe Reichweite im Vergleich zu Diesel. Flüssigbetankung ist noch nicht erprobt.
Power to Gas
vorhanden
günstig
Benzin/Gas
Effiziente Methanisierung von Wasserstoff wird noch erforscht.
Power to Liquid
vorhanden
günstig
Diesel
Hohe Verluste bei der Syndiesel-Produktion im Fischer-Tropsch-Verfahren.
Dimethylether
günstig (wie LPG)
günstig
Diesel
Motortechnik wird noch erforscht.
Jede klimafreundliche Antriebsvariante für Lkw hat Vor- und Nachteile. (Quelle: Empa)
Die Ansätze sind allesamt interessant. Je nach Einsatz sollte sich das effizienteste System durchsetzen: Stichworte Well-to-Wheel, Speicherungsfähigkeit etc.
Den vermeintlich schlechten Wirkungsgrad z.B. einer Brennstoffzelle isoliert zu betrachten, verleitet zu Fehlschlüssen (Nebenbei sei daran erinnert, dass ein Fahrzeug bei gleichem Gesamtgewicht auf der Strasse nur schon 10mal mehr Energie benötigt als auf der Schiene…).
Es ist leider schon jetzt zu beobachten, dass die Politik fragwürdige Anreize schafft (Befreiung von Verkehrsabgaben und LSVA, um 2t erhöhtes Gesamtgewicht): Wenn ein Sattelzug fast 6 Tonnen Batterien mitschleppt und dafür rund ein Viertel zusätzliche Fahrten nötig werden, darf man das nicht ausser Acht lassen…
Kommentare: Was denken Sie?
M.O.
Vor 3 Jahren
Die Ansätze sind allesamt interessant. Je nach Einsatz sollte sich das effizienteste System durchsetzen: Stichworte Well-to-Wheel, Speicherungsfähigkeit etc.
Den vermeintlich schlechten Wirkungsgrad z.B. einer Brennstoffzelle isoliert zu betrachten, verleitet zu Fehlschlüssen (Nebenbei sei daran erinnert, dass ein Fahrzeug bei gleichem Gesamtgewicht auf der Strasse nur schon 10mal mehr Energie benötigt als auf der Schiene…).
Es ist leider schon jetzt zu beobachten, dass die Politik fragwürdige Anreize schafft (Befreiung von Verkehrsabgaben und LSVA, um 2t erhöhtes Gesamtgewicht): Wenn ein Sattelzug fast 6 Tonnen Batterien mitschleppt und dafür rund ein Viertel zusätzliche Fahrten nötig werden, darf man das nicht ausser Acht lassen…