Redaktion: In welchen Bereichen arbeitet Ihr Unternehmen?
Meiler: Wir planen und realisieren Vorhaben zu komplexen, gesellschaftlichen relevanten Fragen in den Bereichen Energie, Umwelt, Bau und Verkehr. Diese haben oft eine Vorlaufzeit von bis zu 10 Jahren, in welcher die Projektentwicklung bis zur Baureife mit allen Beteiligten vorangetrieben wird. Der eigentliche Bau erstreckt sich anschliessend über rund 5 Jahre.
In welcher Form nutzen Sie BIM?
Einerseits beraten wir verschiedene Büros produktunabhängig bei der BIM-Einführung. Anderseits nutzen wir BIM zur Koordination aller Projektbeteiligten bei komplexen Projekten. Hierbei ist der iterative Planungsprozess elementar. Dazu nutzen wir Open BIM: aus verschiedenen Modellen der einzelnen Gewerke werden unterschiedliche Themen zusammengeführt. Es folgen die Qualitätssicherung, eine automatische Kollisionsprüfung, die Integration in das Gesamtmodell und Kollisionsauswertung. In der Koordinationsbesprechung werden die Problemfelder den verantwortlichen Planern zur Lösung übertragen. Im Abstand von drei Wochen resultiert daraus ein neuer Planrelease.
Nutzen Sie einen internen Leitfaden?
Der BIM-Ablaufplan (BAP) ist das Rahmenwerk und definiert die Arbeitsweisen. Ein BAP für alle Gewerke ist für unsere Projekte nicht zielführend. Wir unterteilen Bau, Verfahrenstechnik, Gebäudetechnik, Tiefbau, Baustelle, BIM-To-Field sowie Betrieb und Wartung. Was hinsichtlich der Energieeffizienz gewünscht wird, fliesst am Anfang in den Planungsprozess ein.
Um BIM erfolgreich zu nutzen, ist ein definierter Prozess zwingend. Auch die Planungstiefe einer Phase ist wichtig. Werden anfangs zu viele Details erfasst, ergibt sich bei Projektanpassungen unnötigerweise ein hoher Änderungsaufwand.
Leitfäden wie die vom SIA dienen zwar als Grundlage, doch gehen sie nicht ausreichend in die Tiefe, um speziellen individuellen Anforderungen der Projekte gerecht zu werden.
Welche Möglichkeiten bietet BIM hinsichtlich Energieeffizienz?
BIM löst keine Energiefragen, sondern erleichtert in einer frühen Phase das Variantenspiel. Wir haben das BIM-Modell inkl. Informationen zu den verschiedenen Materialien und Bauteilen, was das energetische Grundgerüst aufzeigt. Viele BIM-Tools ermöglichen den Export der Informationen, damit dann die Energieoptimierung mit spezieller Software möglich ist. Das 3D-Modell dient als Grundlage des Variantenspiels, ist aber nach wie vor auf das Fachwissen des Bedieners angewiesen.
Wie schätzen Sie das Potenzial zu Kosteneinsparungen während der Planungsphase mithilfe von BIM ein?
Kollisionsprüfungen in der Planungsphase reduzieren teure und ressourcenintensive Änderungen während der Bauausführung. Bei einem längeren Planungsverfahren mit vielen Änderungen – etwa durch Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen – resultieren daraus ebenfalls Kosteneinsparungen. Neue Auflagen oder Gesetze können schneller in ein digitales Modell integriert und Varianten durchgespielt werden. Der Umstieg von der 2D- zur 3D- bzw. BIM-Planung beschleunigt Planungsabläufe.
Welche Vorzüge von BIM sehen Sie für die Betriebsphase?
Es ist einfacher, die technischen Komponenten zu visualisieren und deren Daten dezentral zur Verfügung zu stellen. Angenommen, eine Verwaltung hat mehrere Gebäude mit situationsbedingter Wartung und ohne fixes Betriebspersonal. Mithilfe von Augmented Reality können etwa die Lüftungskanäle schneller gefunden und Schäden behoben werden.
BIM unterstützt Energieanalysen, die von Fachleuten durchgeführt werden müssen, aber ist nicht die Ursache eines energieeffizienten Gebäudes. Das grundlegende Konzept mit Dimensionierung, Planung und Auslegung des Gebäudes sowie der Haustechnik muss gut durchdacht sein.
Welche logistischen Vorteile bringt BIM?
BIM begünstigt die Bauablaufsimulation. Wir haben die Möglichkeiten, die Daten aus der Projektmanagementsoftware mit dem 3D-Modell zu verbinden. Ein Bauablaufplan begünstigt eine gute Logistik auf der Baustelle.
Inzwischen finden Materialtransporte an Zwischenlager ausserhalb von Zentren statt. Hersteller beliefern diese und Logistiker optimieren die Zeitabläufe. Eine grosse statt mehrere kleinere Anlieferungen spart Transportkosten, CO2 und behindert den Stadtverkehr weniger. Das Vorgehen ist auch bei dichter Bebauung mit wenig Parkfläche nützlich.
Stichwort: graue Energie.
BIM erlaubt ebenfalls das Variantenspiel mit Baustoffmengen, woraus sich Kosteneinsparungen und eine Verkleinerung des ökologischen Fussabdrucks ergeben können. Das grösste Potenzial versteckt sich in den Baumaterialien und Transportaufwendungen.
Welche Veränderungen wird BIM ausserdem bringen?
Automatisiertes Entwerfen für Standardentwurfsarbeiten wird mittelfristig ein Thema werden, sobald die notwendigen Werkzeuge kosteneffizient zur Verfügung stehen und wir ein durchgängiges Informationsmanagement über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes realisiert haben.
Warum müssen bei jedem Gebäude wiederkehrende Ausführungsdetails neu gezeichnet werden? Mit der gewonnenen Zeit könnte man sich wichtigen Fragen wie der Gestaltung und Energieeffizienz eines Bauwerkes widmen.
Entgegen der Erwartung, die Digitalisierung führe zu weniger direkter Kommunikation, intensiviert die Koordination mittels BIM-Modell die direkte Interaktion aller Projektbeteiligten.
Was sich zeigt ist, dass BIM unsere heutigen Arbeitsprozesse fundamental verändert. Wir unterstützen unsere Mitarbeiter in ihrer Entwicklung. Dazu haben wir erfahrene Coaches im Team, die unsere eigenen Mitarbeiter und diejenigen unserer Kunden begleiten.
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