5G – Chance oder Risiko?

Der neue Mobilfunkstandard 5G bringt schnelleres Internet, höhere Download-Raten und Datenübertragung in Echtzeit. Das ermöglicht neue Anwendungen, weckt aber auch Bedenken. 5G-Tempo ist nicht nur angenehm beim Streamen von Filmen und Videos, sondern ermöglicht in gewissen Branchen ganz neue Anwendungsfelder. Bedenken betreffen etwa den Stromverbrauch oder potenzielle Auswirkungen auf die Gesundheit. Wir machen den Check.

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Was bedeutet 5G überhaupt? Das Kürzel steht schlicht für «5. Generation», also die fünfte Version des Mobilfunkstandards. Die neue Generation – in der Schweiz seit 2019 verfügbar – bringt wesentliche Verbesserungen mit sich. Die wichtigsten Vorteile von 5G:

  • höhere Datenübertragungsrate,
  • kürzere Reaktionszeit (Latenz),
  • höhere Kapazität, wodurch bis zu eine Million Endgeräte pro Quadratkilometer angeschlossen werden können,
  • tieferer Energiebedarf – gemäss Swisscom verbraucht die Übertragung von einem Megabyte Daten nur noch 0,2 Watt, was rund 80 % weniger ist als beim Vorgänger 4G.

Adaptive Antennen

Der 5G-Standard wurde nötig, weil sich die Datenmenge in der Schweiz gemäss Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) jedes Jahr verdoppelt. Für einen schnellen und zuverlässigen Mobilfunknetzzugang war daher ein Ausbau nötig. Dieser umfasst auch einen neuen Antennentyp, sogenannte «adaptive Antennen». Im Gegensatz zu den herkömmlichen Antennen senden sie nicht gleichmässig, sondern können die Mobilfunkstrahlen tendenziell in Richtung der Nutzenden verstärken und in andere Richtungen reduzieren. Anders formuliert: Sie fokussieren ihre Kapazität dorthin, wo Bedarf besteht. Damit wird gemäss Untersuchungen des BAKOM die gesamte Versorgungszone einer Antenne gleichmässig versorgt, was bei konventionellen Antennen nicht der Fall ist.

Während herkömmliche Antennen gleich stark in alle Richtungen strahlen (links), können adaptive Antennen ihre Strahlung gezielt abgeben (rechts). (Illustrationen: BAKOM)

5G-Anwendungen: Beispiele

5G soll nebst Verbesserungen auch neue Anwendungsmöglichkeiten bringen. Für gewisse Anwendungen ist es beispielsweise wichtig, dass das Mobilfunknetz über eine hohe Bandbreite verfügt. 5G erreicht eine Datenrate von bis zu 10 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s), was rund zehnmal schneller ist als bei 4G. Relevant ist das insbesondere, wenn grosse Datenmengen rasch übertragen werden müssen.

Operation mit VR-Brille

Ein Beispiel dafür sind Virtual Reality (VR) respektive Augmented Reality (AR). Mit 5G können sie über eine mobile Datenverbindung betrieben werden, was etwa in der Chirurgie Vorteile bringt. Dank der erhöhten Datenrate von 5G könnte die virtuelle Unterstützung in Zukunft auch im Operationssaal zum Einsatz kommen und den Chirurgen wortwörtlich ein besseres Bild von ihrer Arbeit liefern. Bereits heute setzt man VR und AR in der Ausbildung von Chirurgen ein.

Autonomes Fahren

In autonomen Fahrzeugen sitzen wir künftig nicht mehr selbst hinter dem Steuer, sondern lassen uns ohne unser Zutun von A nach B bringen. Davon erhofft man sich unter anderem mehr Komfort und Sicherheit, aber auch eine höhere Auslastung der Verkehrsinfrastruktur. Letzteres setzt voraus, dass die Fahrzeuge miteinander vernetzt sind: Sie tauschen permanent Daten untereinander aus und reagieren sofort, wenn beispielsweise eine Vollbremsung nötig ist. Autonom fahrende Autos würden so in geringeren Abständen als von Menschen gelenkte Fahrzeuge verkehren können und damit die Kapazität auf den Strassen erhöhen.

Dank 5G sollen autonom fahrende Autos in Echtzeit miteinander kommunizieren und aufeinander reagieren können. (Illustration: Shutterstock/Suwin)

Tiefe Latenzzeit

Damit dieses Szenario funktioniert, muss die Datenübertragung zwischen den Fahrzeugen jedoch extrem schnell sein. Bedingung dafür ist ein zuverlässiges Mobilfunknetz mit einer hohen Reaktionsschnelligkeit. Während 4G dazu nicht in der Lage ist, reicht die Schnelligkeit von 5G aus: Die sogenannte Latenzzeit (Verzögerungszeit) liegt bei nur noch 1 Millisekunde (4G: mehr als 60 Millisekunden). Zum Vergleich: Ein Wimpernschlag dauert im Schnitt rund 350 Millisekunden. Die Informationsübermittlung über 5G läuft also quasi in Echtzeit und bietet so die Chance, das autonome Fahren zu etablieren.

Vernetzte Sensoren für das Internet of Things (IoT)

Ein wesentlicher Vorteil von 5G dürfte die verbessere Vernetzung von Geräten und Maschinen untereinander sein. Wichtig ist dies auch in der Industrie, wo man so Produktionsabläufe weiter automatisieren kann (Industrie 4.0). Ein System von miteinander verbundenen Sensoren überwacht permanent, ob die Produktion plangemäss und den Qualitätsanforderungen entsprechend verläuft. Das Mobilfunknetz muss dazu nicht nur schnell sein und eine hohe Datenübertragungsrate haben, sondern auch viele vernetzte Geräte gleichzeitig verwalten können. 5G ist diesbezüglich deutlich leistungsfähiger als die Vorgängerversionen.

Präzisionslandwirtschaft dank 5G

Nebst der Industrie dürfte die Landwirtschaft einer der Bereiche sein, in denen 5G zu einem weiteren Automatisierungsschritt führt. Auch hier stehen Sensoren im Zentrum, die miteinander vernetzt werden und gewisse Aktionen selbständig auslösen. Vom Melk- und Fütterungsroboter über die Wetterstation bis hin zum Gatter auf der Weide kommen zahlreiche Anwendungen infrage. Ausserdem können Tiere und Pflanzen durch Sensoren besser überwacht werden. Ein Beispiel sind Halsbänder für Kühe, die verschiedene Parameter wie die Aktivität des Tiers oder Gesundheitsdaten messen. Probleme lassen sich so frühzeitig identifizieren, was für das Vieh angenehmer und für den Landwirt günstiger ist. Ähnlich funktionieren Sensoren auch bei Pflanzen, wo sie beispielsweise Schädlingsbefall oder Bedarf für Bewässerung und Dünger feststellen. Statt mit dem «Rasensprenger-Prinzip» können Pflanzenkulturen so aufgrund von Daten präziser bewirtschaftet werden.

Roboter übernehmen immer mehr Aufgaben in der modernen Landwirtschaft. (Illustration: Shutterstock/Scharfsinn)

Umweltauswirkungen von 5G

5G soll nicht nur neue Funktionen und Anwendungen ermöglichen, sondern auch den Stromverbrauch des Mobilfunknetzes senken. Eine gemeinsame Studie von Universität Zürich und Empa hat untersucht, wie sich 5G auf die Treibhausgasemissionen der Netzinfrastruktur auswirkt. Sie zeigt, dass die 5G-Technologie im Jahr 2030 pro Gigabyte (GB) übertragenem Datenvolumen rund 4,5 Gramm CO2-Äquivalent verursachen wird. Damit liegen die Emissionen 85 % tiefer als bei den heute aktiven Standards (2G bis 4G) mit etwa 30 Gramm pro GB.

Tiefere Treibhausgasemissionen

In der Studie haben die Forschenden auch geprüft, welchen Einfluss 5G auf die Treibhausgasemissionen in den verschiedenen Anwendungsfeldern hat. Untersucht wurden flexibles Arbeiten, Smart Grid, automatisiertes Fahren sowie die Präzisionslandwirtschaft. Gemäss den Berechnungen könnten dank 5G in diesen Bereichen in einem optimistischen Szenario bis zu 2,1 Megatonnen (Mt) CO2-Äquivalent pro Jahr eingespart werden. Im erwarteten Szenario beläuft sich der Wert auf 0,6 Mt, im pessimistischen Szenario auf 0,1 Mt.

Rebound-Effekt vermeiden

Die Untersuchung identifizierte jedoch auch zwei Risiken: den Rebound-Effekt (höhere Nachfrage führt zu zusätzlichen Emissionen) und den Bedarf an zusätzlicher Informations- und Kommunikationstechnik (z. B. Laptops, Sensoren, Drohnen). Dies könnte zu weiteren Treibhausgasemissionen von bis zu 0,16 Mt CO2-Äquivalent pro Jahr führen, was mehr ist als die Emissionen für Erstellung und Betrieb der gesamten Infrastruktur für 5G. Die Autoren der Studie schliessen daraus, dass Massnahmen nötig sind, um zusätzliche Emissionen zu vermeiden. Nur so wird 5G tatsächlich einen positiven Effekt auf das Klima haben.

5G ein Gesundheitsrisiko?

Immer wieder werden Befürchtungen laut, 5G habe negative Auswirkungen auf die Gesundheit. So wurde etwa kritisiert, dass die elektromagnetische Strahlung der Antennen zu gesundheitlichen Schäden führen könnte. Studien zeigen, dass im gängigen Frequenzbereich bis 4 GHz keine gesundheitlichen Risiken nachgewiesen werden können. Allerdings soll dieser Bereich erhöht werden, um zusätzliche Frequenzen nutzen zu können.

Wir nehmen wesentlich mehr Strahlung vom Mobiltelefon auf als von den Mobilfunkantennen. (Foto: Pixabay/Niek Verlaan)

Für den höheren Frequenzbereich fehlen Erfahrungswerte und damit wissenschaftlich belastbare Untersuchungsresultate, Fachleute rechnen aber ebenfalls nicht mit einer gesundheitlichen Gefährdung. Sie weisen zudem darauf hin, dass 90 Prozent der Strahlung, die ein Mensch aufnimmt, vom eigenen Mobilgerät stammen und nicht von der Antenne.

90 Prozent der Strahlung, die ein Mensch aufnimmt, stammen vom eigenen Mobilgerät und nicht von der Antenne.

Wer seine persönliche Strahlenbelastung reduzieren will, sollte gemäss einem Experten der Universität Zürich (PDF-Link) sein Handy möglichst selten bei sich tragen oder in den Flugmodus stellen. Das persönliche Verhalten hat also einen deutlich grösseren Einfluss auf die Strahlendosis als die Aufstellung von Antennen.