Hier kommen Schneesportler mit Sonnenkraft auf den Berg
Mit dem Beginn der Wintersportsaison stellen wir zwei Seilbahnanlagen vor, die komplett mit Photovoltaik versorgt werden und auch noch überschüssige Elektrizität liefern.
Mit dem Beginn der Wintersportsaison stellen wir zwei Seilbahnanlagen vor, die komplett mit Photovoltaik versorgt werden und auch noch überschüssige Elektrizität liefern.
Verfasst von Leonid Leiva
Der Solarskilift im bündnerischen Tenna und die Gondelbahn Gamplüt im Toggenburg machen als Paradebeispiele vor, wie Schneespass mit Umweltschutz vereinbar ist.
Nach den ersten Schneefällen ist die Wintersportsaison in der Schweiz eingeläutet. Also nichts wie hoch hinauf auf den Berg, denken nun die begeisterten Ski- und Snowboardfahrer*innen. Doch wie viel Energie kostet der Winterspass?
Gemäss Statistiken des Vereins Seilbahnen Schweiz verursacht jeder Gast eines Skiortes pro Tag einen durchschnittlichen Stromverbrauch von 5.3 Kilowattstunden(kWh). Auf das gesamte Jahr hochgerechnet ergibt das für alle Seilbahnbetriebe der Schweiz einen Elektrizitätskonsum von 183 Gigawattstunden, so viel wie alle Restaurants und Hotels der Stadt Zürich an Strom verbrauchen. Circa 55 Prozent davon gehen auf das Konto der Transportanlagen selbst, während die künstliche Beschneiung mit 32 Prozent zu Buche schlägt und Dienstleistungen wie Gastrobetriebe die restlichen dreizehn Prozent beanspruchen.
Dass Seilbahnen aber nicht nur Stromfresser, sondern gar Nettoproduzenten von erneuerbarer, sauberer Elektrizität sein können, zeigen zwei vorbildliche Anlagen in der Schweiz: ein Skilift im Safiental und eine Gondelbahn im Toggenburg. Sie sind beide weltweit die einzigen ihrer Art, die vollständig mit Solarstrom betrieben werden.
Der Solarskilift im bündnerischen Dorf Tenna wird am kommenden 17. Dezember sein fünfjähriges Jubiläum feiern. Die Photovoltaik-Panels sind hier auf Tragseilen oberhalb des Transportseils des Schleppliftes befestigt und werden alle zehn Minuten nach dem aktuellen Sonnenstand ausgerichtet. Dadurch steigt die Intensität des eingefangenen Lichts, denn die Sonne scheint immer senkrecht auf die Solarzellen. Konzipiert wurde diese Anlage für eine jährliche Stromproduktion von 90’000 Kilowattstunden. Doch in der aussergewöhnlich sonnigen Saison 2015/2016 erzeugte sie ganze 102’600 kWh. Da die Saison zudem wegen Schneemangels mit nur 55 Tagen sehr kurz ausfiel, lieferten die Panels fast 20 Mal so viel Strom, wie der Lift selber verbraucht. Mit dieser Strommenge stellt der Solarskilift genügend elektrische Energie für die Versorgung von 25 der 40 Haushalte der Dorfgemeinde Tenna bereit. Die anfängliche Investition in Höhe von 1.4 Millionen Franken wird laut Edi Schaufelberger, Präsident der Skiliftgenossenschaft, in circa drei Jahren amortisiert sein. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Anlage durch die Kostendeckende Einspeisevergütung von einem grosszügigen Tarif aus dem Jahr 2011 in Höhe von 47 Rappen pro kWh Strom profitiert. Zudem seien die Unterhaltskosten unbedeutend, weil der Betrieb bisher praktisch wartungsfrei verlaufe.
Ausschliesslich mit Solarenergie funktioniert auch der Betrieb einer Gondelbahn zwischen Wildhaus und der Alp Gamplüt im Toggenburg. Deren Betreiber, das Ehepaar Peter und Lina Koller, nutzen dazu seit 2008 jeden energetisch verwertbaren Quadratmeter Fläche, den das eigene Bergrestaurant sowie Hotel im Dorfkern von Wildhaus bieten.
In der vergangenen Wintersaison produzierten die Photovoltaikanlagen rund 50’000 Kilowattstunden, 30’000 davon wurden nach Angaben von Herrn Koller als Überschussenergie vor allem im Hotel verbraucht. Dank 34 Quadratmetern an Solarkollektorenfläche und in den Kellergeschossen untergebrachten Heisswasserspeichern mit einer Gesamtkapazität von 60’000 Litern sichert sich der Betrieb auch solar gewonnene Wärmeenergie für den Brauchwasser- und Heizbedarf. Doch damit ist der ökologische Ehrgeiz der Kollers noch längst nicht am Ende: Kürzlich haben sie noch eine Windkraftanlage in Betrieb genommen. Diese stellt nun zusätzliche 85 bis 90 kW Leistung bereit.
Die technischen Daten der Photovoltaikanlage auf Gamplüt sind hier zu finden.
Als Mitarbeiter der Faktor Journalisten (bis Januar 2019 ) verfasste Leonid Leiva zahlreiche Beiträge für Energie-Experten. Heute ist er Kommunikationsspezialist am IBM Forschungszentrum in Rüschlikon.
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