Das Haus ohne Heizung
Heizkosten senken und Graue Energie sparen: Mit dem Baustoff Stroh ist beides möglich. Das zeigt ein Einfamilienhaus aus Stroh im Zürcher Oberland.
Heizkosten senken und Graue Energie sparen: Mit dem Baustoff Stroh ist beides möglich. Das zeigt ein Einfamilienhaus aus Stroh im Zürcher Oberland.
Verfasst von Susanne Bucher
Die Mauer des dreistöckigen Hauses besteht aus gepressten Strohballen von 1,20 Meter Dicke. Einen Teil der Last trägt das Stroh selbst, den anderen Teil übernimmt ein Gerüst aus Holz. Auf das Stroh wurden Trockenplatten – ein Gemisch aus Lehm und Schilf – aufgebracht und diese nochmals mit Lehm verputzt. Nach Süden ist das Einfamilienhaus komplett verglast. In den kühleren Jahreszeiten, heizt die flachstehende Sonne das Haus via Fensterfront auf. Ein Boden aus Granit, darunter eine 10 bis 15 Zentimeter dicke Schicht Kies, speichert die Wärme und gibt sie kontinuierlich wieder ab.
«Wenn es draussen minus 10 Grad kalt ist, die Sonne aber gleichzeitig scheint, wird es im obersten Stock 25 Grad oder sogar noch wärmer», sagt Thomas Pfyl, der das Haus 2011 gebaut und seither mit seiner vierköpfigen Familie bewohnt. Neben der Sonne heizt auch das Leben im Haus die Räume auf. Die Menschen selbst geben Wärme ab wie auch das Kochen, Waschen und die Beleuchtung. Das Haus mit seinen dicken Strohmauern und den dreifach verglasten Fenstern lässt die Wärme nicht mehr raus. Dennoch herrscht nie stickige Luft. «Das Haus atmet. Das merkt man besonders gut, wenn es draussen windet. Dann riecht es im ganzen Haus nach Stroh», erzählt der Hausbesitzer. Dadurch herrsche in seinem Haus ein deutlich besseres Klima als in einem konventionellen. Die Auswirkungen sind spürbar: «Unsere Kinder schlafen besser und sind gesünder, seit wir hier wohnen.»
Unsere Kinder schlafen besser und sind gesünder, seit wir hier wohnen.
Thomas Pfyl, Strohhaus-Besitzer
Und was passiert, wenn es im Winter neblig ist und die Sonne zwei, drei Wochen nicht scheint? «Dann kühlt das Haus auf 19 bis 20 Grad ab», so Pfyl weiter. Kälter wird es nie. Eine Heizung gibt es infolgedessen nicht. So lassen sich Heizkosten nicht nur senken, sondern ganz aus dem Budget streichen.
Mit dem Baustoff Stroh kann man also dank hervorragender Dämmwerte die Heizkosten senken, aber es hat noch weitere Vorteile. So steckt in den Strohballen kaum graue Energie. Kornfeld mähen, Stroh pressen und transportieren – das ist alles. «Für den Bau eines Strohhauses braucht es sieben Mal weniger Energie, als beim Bau eines konventionellen Hauses», sagt Architekt Werner Schmidt. Der Spezialist hat bereits 32 Strohhäuser gebaut und war auch für die Planung des Hauses Pfyl verantwortlich.
Ein weiterer Pluspunkt: Stroh lässt sich zu hundert Prozent wiederverwenden, beziehungsweise schadstofffrei in den natürlichen Kreislauf zurück führen. «Ich kenne keinen modernen Baustoff, der all dies erfüllt», sagt Thomas Kamm, Architekt und Dozent an der HTW Chur. Er befasst sich seit 2004 intensiv mit dem Baustoff Stroh und verfolgt seither die aktuellen Forschungsergebnisse. Sehr gute Wärmedämmung, kaum Primärenergieverbrauch, schadstofffrei und wiederverwendbar, gutes Brandverhalten, insgesamt also eine sehr energieeffiziente Angelegenheit – Thomas Kamm ist sicher: «Stroh ist als Baustoff extrem zukunftsfähig.»
Titelfoto
Aufbau Braun Disentis / Atelier Werner Schmidt
Gesunde Häuser
Architekt Werner Schmidt
Architekturbüro für nachhaltiges, autarkes und ökologisches Bauen
Kommentare: Was denken Sie?
Walter Bürki
Vor 8 Jahren
Sehr interessant!
a liebe Gruess an Thomas Pfyl (ehemaliger Arbeitskollege)
Fabian Grenu
Vor 5 Jahren
Ich möchte mein Haus bauen lassen und ich recherchiere nach der Möglichkeit, wie ich die Heizkosten sparen kann. Ein Haus ohne Heizung hört sich wirklich kalt an. Was Thomas Pfyl mit den Strohmauern für sein Haus gemacht hat, lohnt sich zu probieren. Ich bin offen für neue Ideen!