Die interaktiven Anwendungen sonnendach.ch und sonnenfassade.ch zeigen für jede Immobilie der Schweiz, wie gut sich Dach und Fassaden für Photovoltaik nutzen lassen. Aufgrund dieser Daten schätzt das Bundesamt für Energie BFE das entsprechende Solarstrompotenzial der Schweizer Gebäude auf rund 67 TWh/Jahr.
Wer sich für den Bau einer Photovoltaikanlage entscheidet, muss abklären, ob sich diese auch wirtschaftlich betreiben lässt. Dazu müssen alle Standortfaktoren, die den Ertrag der Anlage beeinflussen, überprüft werden. Eine Solarzelle erzielt die höchsten Erträge, wenn die Solarstrahlung senkrecht auf sie trifft. Da sich der Sonnenstand aber im Tages- und Jahresverlauf ändert, schwankt die Einstrahlung bei fest montierten Solarmodulen. Es geht also darum, den optimalen Winkel zu finden, der in der Jahressumme die höchsten Energiegewinne bringt. Für europäische Breiten liegt dieser zwischen 30 und 35 Grad. Aber auch Abweichungen von dieser bevorzugten Neigung um 20 Grad gelten noch als günstig. Der Ertrag gegenüber dem Optimum reduziert sich nur um etwa 5 %.
Orientierung Süd nicht zwingend
Genauso entscheidend ist auch, in welche Himmelsrichtung das Dach zeigt. Ideal ist, wenn das Dach nach Süden orientiert ist. Aber die wenigsten Häuser stehen entsprechend günstig. Da der Minderertrag bei leichten Abweichungen aber nicht allzu gross ist, lässt sich dies oft mit einer grösseren Fläche ausgleichen. Ein direkt gegen Westen gerichtetes Dach mit einer Neigung von 30 Grad erbringt immer noch 75 % der maximalen Leistung.
Nach Süden ausgerichtete Dächer und Fassaden erhalten also am meisten Sonneneinstrahlung. In Zukunft wird aber um die Mittagszeit eher zu viel Strom produziert werden. Dies trotz hohem Verbrauch. Daher ist es sinnvoll, auch andere Expositionen zu nutzen und so die Stromproduktion besser über den Tag zu verteilen. Sinkende Preise bei Modulen und Zubehör machen auch Solarstromanlagen rentabel, die nach Osten oder Westen ausgerichtet sind.
Potenziale schnell bestimmen
Ist mein Hausdach geeignet für eine Solaranlage? Wie steht es mit den Fassaden? Diese Fragen lassen sich mittlerweile für jedes beliebige Gebäude in der Schweiz beantworten. Ein Solarpotenzialkataster gibt interaktiv und detailliert Auskunft. Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt des Bundesamts für Energie, des Bundesamts für Landestopografie swisstopo sowie des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz. Die beiden Plattformen www.sonnendach.ch sowie www.sonnenfassade.ch sind für die Öffentlichkeit frei zugänglich. Die Bedienung ist sehr einfach und praxisorientiert. Der Benutzer trägt die gewünschte Adresse ein oder lokalisiert sich. Als Resultat erfährt er sogleich, ob und in welcher Weise sich eine Dach- oder Fassadenfläche am gewählten Standort eignet. Eine Karte präsentiert das Gebäude sowie dessen geografisches Umfeld und zeigt, welche Dachfläche bewertet wurde. Per Mausklick lassen sich die Werte für benachbarte Flächen anzeigen. Die Beurteilung erfolgt jeweils in den drei Stufen «sehr gut», «mittel» und «gering». Zusätzlich werden der mögliche jährliche Ertrag und der Gegenwert in Franken ausgewiesen. Dies gilt sowohl für eine Abschätzung für Solarstrom als auch für Solarwärme. Zahlreiche weitere Hinweise und Erläuterungen runden das Informationsangebot ab. Ein Faktenblatt gibt zudem Aufschluss über das gesamte Solarpotenzial der Standortgemeinde des gewählten Objekts.
Sowohl Dächer …
Das BFE hatte bereits im September 2018 das Solarstrompotenzial der Schweizer Hausdächer mit 50 TWh pro Jahr beziffert (https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/news-und-medien/medienmitteilungen/mm-test.msg-id-72298.html). Bei dieser Berechnung wurden lediglich Dächer mit einer Grösse von mindestens 10 m2 und mit einer mindestens «guten» jährlichen Sonneneinstrahlung berücksichtigt. Der mögliche Ertrag der so definierten Dachflächen wurde anschliessend mit einer realitätsnahen Belegung mit Photovoltaikmodulen von 70 % berechnet.
Die Plattform sonnendach.ch verbessert die Datengrundlage für Solarstromanlagen in der Schweiz und ermöglicht, das Gesamtpotenzial genaue zu bewerten. Das BFE hat dieses für zwei Szenarien abgeschätzt: Im ersten Szenario, in dem alle Dächer nur für Solarstrom verwendet werden, beträgt das technische Potenzial rund 50 TWh/Jahr. Im zweiten Szenario wird pro Haus das beste Dachstück für Solarwärme verwendet und der Rest für Solarstrom genutzt. Hierbei beträgt das Potenzial für Solarwärme rund 17 TWh/Jahr und jenes für Solarstrom zirka 34 TWh/Jahr.
… als auch Fassaden
Seit April 2019 liegt auch das Solarstrompotenzial der Hausfassaden vor: Es liegt bei 17 TWh pro Jahr. Bei der Berechnung hat das BFE alle mindestens 20 m2 grossen Fassaden mit einer mittleren bis hervorragenden Sonneneinstrahlung berücksichtigt. Diese weisen zudem einen bestimmten Mindestabstand zu Arealen mit schützenswerten Ortsbildern der Schweiz (ISOS – Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz) auf. Das Ertragspotenzial der so definierten Fassadenflächen wurde dann mit einer Belegung mit Photovoltaikmodulen von 45 bis 60 % je nach Gebäudetyp berechnet.
35-mal mehr Solarstrom
Der gesamte theoretisch mögliche PV-Ertrag der Schweizer Gebäude liegt gemäss Solarpotenzialkataster bei 67 TWh pro Jahr. Zum Vergleich: 2018 betrug die Solarstromproduktion in der Schweiz zirka 1,9 TWh. Zusätzlich zum Potenzial der gesamten Schweiz berechnete das BFE die genannten Szenarien auch für sämtliche Gemeinden und macht die Ergebnisse als Faktenblätter und Open Government Data verfügbar.
Sonnendach.ch und sonnenfassade.ch sind Teil des Beratungsangebots von EnergieSchweiz.
Die Verkaufszahlen bei Photovoltaik stiegen 2018 gegenüber dem Vorjahr um 12 % auf 271 MW, was etwa einer Fläche von 253 Fussballfeldern (zirka 1,7 Mio. m2 neu installierter Module) entspricht. Der Anteil der Solarstromproduktion am Stromverbrauch der Schweiz lag bei 3,4 % (2017: 2,9 %). Damit konnte gemäss Swissolar eine Trendwende nach zwei sehr schwierigen Jahren eingeleitet werden, aber der Zubau liegt immer noch deutlich unter dem bisher höchsten Wert von 2015 mit fast 340 MW. Swissolar sieht die Gründe für die positive Entwicklung bei den Massnahmen, die aufgrund der Energiestrategie 2050 in Kraft getreten sind. Hierzu gehören die neuen Förderbestimmungen und – verfahren für PV-Anlagen mit Einmalvergütung (https://pronovo.ch/de/foerdermittel/einmalverguetung-eiv/). Ebenso die MuKEn 2014 (https://www.endk.ch/de/energiepolitik-der-kantone/muken), die beim Heizungsersatz verlangen, dass mindestens ein Teil der Wärme mit erneuerbaren Energien erzeugt wird. Hierzu werden sogenannten Standardlösungen vorgeschlagen.
Die jüngsten praxisnahen Plattformen und Tools sind für Sanierungswillige eine wertvolle Hilfe, wenn es darum geht, Potenziale abzuschätzen und Ideen für energieeffiziente Lösungen umzusetzen.
Um eine Photovoltaik-Anlage sinnvoll zu betreiben, müssen die Dachflächen unbeschattet und in einem guten baulichen Zustand sein. Das Dach muss in der Lage sein, die Anlage über den Zeitraum von mindestens 25 Jahren zu tragen. Bei bestehenden Gebäuden ist eine Dachsanierung ein idealer Zeitpunkt, um gleichzeitig auch eine PV-Anlage zu installieren.
Wie bei allen Technologien sinken auch bei der Solarenergie die Preise, sobald die Produktionsmengen steigen. Im langjährigen Durchschnitt reduzierten sich die Kosten jährlich um rund 6 bis 7 %. Die Investitionskosten für Aufdach- und Flachdachanlagen (bis 10 kW) liegen aktuell zwischen 20’000 und 26’000 Franken (entsprechend rund 335 bis 430 Franken/m2). Gut in die Gebäudehülle integrierte Anlagen sind etwa 20 % teurer.
Gemäss revidiertem Artikel 18a des Raumplanungsgesetzes (RPG) sind «genügend angepasste» Solaranlagen grundsätzlich bewilligungsfrei. Anderseits muss der elektrische Anschluss an das Netz geregelt werden. Das örtliche Elektrizitätswerk verlangt in der Regel mindestens ein Anschlussgesuch, eventuell ergänzt mit einer Deklaration bezüglich des Oberwellenverhaltens der Wechselrichter. Künftig besteht eine Plangenehmigungspflicht beim eidgenössischen Starkstrominspektorat ESTI nur noch für Anlagen mit einer Wechselstromleistung über 30 kW. Hingegen ist für die Elektroinstallation ein Sicherheitsnachweis erforderlich. Ebenso sind periodische Kontrollen vorgeschrieben.
Erste Beratungen für den Bau einer PV-Anlage erteilen Verbände, Institutionen und Stellen der öffentlichen Hand wie Swissolar, www.swissolar.ch; EnergieSchweiz, www.energie-schweiz.ch, AEE Agentur für Erneuerbare Energien: www.aeesuisse.ch oder die Konferenz Kantonaler Energiedirektoren/Energiefachstellen, www.endk.ch.
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