Weitblick bei Entwurf und Planung
Innerhalb des Lebenszyklus einer Immobilie machen die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten einen wesentlichen Anteil aus. Sie betragen in der Nutzungsphase rund 80 Prozent, während die Erstellungskosten bei rund 20 Prozent liegen. Da auch die Gebäudetechnik mit ihren Regel- und Steuerungskomponenten regelmässig gewartet werden muss, ist es entscheidend, wie viel Technik eingebaut wird. Marvin King vom Institut für Gebäudetechnik und Energie IGE der Hochschule Luzern sagt dazu:
Nur, wenn der nötige Weitblick bei Entwurf und Planung vorhanden ist, entsteht ein Gesamtkonzept, das eine hohe Betriebssicherheit garantiert und gleichzeitig möglichst niedrige Wartungskosten verursacht.
Hierzu brauche es aber kompetente Fachplaner und Architekten, welche die Themen der Nutzung und Flexibilität und auch des Klimawandels frühestmöglich in die Planung integrieren würden. Eigentlich ist die in einem Gebäude eingebaute vernetzte Technik der Garant für Kontrolle, Berechenbarkeit und Effizienz. «In der Praxis scheitert dies aber gerade an der hohen Komplexität mancher Gebäudetechnik und an beladenen Energiekonzepten», weiss Marvin King. Beispielsweise sei die Verfügbarkeit von Ersatzbauteilen nach zehn Jahren oder mehr häufig ein grosses Manko bei High-Tech-Lösungen.
Nutzer will trotz Gebäudeautomation eingreifen können
Für Bauherrschaften wird die Bedienbarkeit von Gebäuden zunehmend wichtiger. Diese wiederum steht in engem Zusammenhang mit der Wartung von Anlagen und Komponenten. Aus Nutzersicht ist klar, dass die vorhandene Gebäudetechnik möglichst automatisch funktionieren soll. Erwünscht ist zudem, dass Voreinstellungen jederzeit auch selber übersteuert oder angepasste werden können. Ein mögliches Eingreifen hat für Nutzer in der Regel eine hohe Priorität, stellt aber für die Automation häufig ein Problem dar. Aus diesem Dilemma ergibt sich «less is more», beziehungsweise die Frage: Ist Low-Tech besser als High-Tech?
Low‐Tech als «Konstruktionsphilosophie»
Die Befürworter von weniger Technik in Gebäuden und Experten sind sich einig, dass keine präzise «Systemgrenze» zwischen High-Tech und Low-Tech besteht. Die Energieagentur St. Gallen hat den Versuch einer Definition unternommen:
Low-Tech Gebäude sind energieeffizient, ressourcenschonend und wirtschaftlich. Sie sind robust und auf eine lange Lebensdauer ausgelegt. Die noch notwendige, reduziert eingesetzte Gebäudetechnik ist einfach in Bedienung und Instandhaltung.
Low-Tech dank High-Tech
Daraus ergibt sich, dass ein Low-Tech-Gebäude keineswegs durch einfachere Planung und simple Komponenten realisierbar ist. Im Gegenteil: Für die frühen Phasen des Entwurfs ist High‐Tech wie beispielsweise dynamische Gebäudesimulation geradezu ideal, um Low-Tech-Gebäude zu planen.