Herr Schürch, Sie sind Leiter Solartechnik bei den EKZ. Welche Produkte im Bereich Solarenergie werden von Ihren Kunden im Moment vermehrt nachgefragt?
Marcel Schürch: Der Trend geht weg von der klassischen reinen Solaranlage hin zu einem System, welches dafür sorgt, dass der Solarstrom bestmöglich genutzt wird. Beispielsweise möchten unsere Kunden den Warmwasserboiler mit Solarstrom aufheizen. Oder den Solarstrom in einer Batterie zwischenspeichern. Gerade bei Neubauten stelle ich zudem ein steigendes Interesse am Betreiben einer Wärmepumpe oder dem Aufladen eines Elektrofahrzeuges mit Solarstrom fest. Unsere Kunden wollen sich bestmöglich mit ihrem eigenen Solarstrom versorgen und einen möglichst hohen Selbstversorgungsgrad erreichen. Wir haben dafür den Ansatz einer integralen Steuerung gewählt. Über das dazugehörige Portal «einfachSolar» haben die Kunden jederzeit vollen Zugriff auf ihre Steuerung. Sie können sich dort nicht nur über Produktion und Verbrauch informieren, sondern auch die Ansteuerung der Verbraucher bei Bedarf justieren.
Welche Fragen hören Sie häufig von Kundenseite?
Marcel Schürch: Der Renner ist die Frage nach der Batterie und ob sich diese rentiere. Eine vollständige finanzielle Amortisation ist derzeit kaum möglich. Rund die Hälfte der totalen Installationskosten müssen abgeschrieben werden. Das Spannende daran ist aber, dass wir den Eigenverbrauch einer Solaranlage mit einer Batterie- und Boileransteuerung auf bis zu 60% hoch bringen. Für die Kunden, die ihren Solarstrom bestmöglich nutzen möchten, ist das höchstinteressant.
Die Batteriekosten sind zudem in den letzten Jahren deutlich gesunken, wobei sich diese Tendenz fortsetzt. Zukünftig wird sich wohl nicht mehr die Frage stellen, ob eine Batterie installiert werden sollte, sondern nur noch welche.
Gibt es neue Technologien, die demnächst auf den Markt kommen?
Marcel Schürch: Bei den Solarmodulen gibt es kleinere jährliche Entwicklungen. Die Technik ist aber seit Jahren bewährt und die Effizienz nur noch minim steigerbar. Grosse Fortschritte sind noch in den Ansteuerungen der verschiedenen Haushaltskomponenten zu erwarten. Eine Waschmaschine lässt sich zwar schon heute ansteuern, aber die Handhabung ist noch umständlich. Entwicklungspotenzial besteht auch noch darin, eine E-Mobil-Batterie als Zwischenspeicher für die Energieversorgung des Haushalts zu nutzen. Dies dürfte irgendwann der Fall sein.
Welche Entwicklungen werden uns zukünftig noch erreichen?
Marcel Schürch: Ganz spannend werden die nächsten Jahre im Bereich des Solarstrom-Vertriebs. Es ist durchaus denkbar, dass sich Nachbarn den Strom gegenseitig verkaufen können. Sei es nun mit Hilfe eines Zwischenspeichers in Form einer Batterie oder direkt. Gut möglich, dass sich so ganze Areale in vollständiger oder teilweiser Autarkie bilden. Die Aufgabe des Elektrizitätswerkes wird es dann sein, die Steuerung dieser Netzwerke sicherzustellen und nicht mehr nur den Strom zu liefern.
Ergeben sich aufgrund der Annahme der Energiestrategie 2050 Veränderungen? Wenn ja, welche?
Marcel Schürch: Die Annahme der ES2050 war ein klares Zeichen der Schweizer Bevölkerung, dass etwas getan werden muss. Die Schweiz setzt auf erneuerbare Energien und es ist davon auszugehen, dass sie diese auch in Zukunft tatkräftig unterstützen wird. Denn nebst dem Vorteil der einheimischen Stromproduktion bieten die erneuerbaren Energien einer Vielzahl an Unternehmern die Möglichkeit, weitere Arbeitsplätze in der Schweiz zu schaffen.
Verzeichnen Sie eine Zunahme an Verkäufen aufgrund der Energiestrategie 2050?
Marcel Schürch: Ja, die Nachfrage ist gestiegen. Die Annahme der Energiestrategie 2050 war in Zürich eine Art Initialzündung für viele Kunden, welche nun überzeugt sind, dass Solarenergie einen wichtigen Part in der Stromproduktion der Schweizer Zukunft einnimmt.
Wo liegen die Herausforderungen beim Bau von Solaranlagen?
Marcel Schürch: Eine Solaranlage hat eine Lebensdauer von 30 Jahren und mehr. Das Dach sollte entsprechend für einen solchen Zeitraum vorbereitet sein. Ist es schon älter als 40 Jahre, muss wohlüberlegt sein, ob nicht doch zuerst eine Dachsanierung (Dämmung, Ersatz der Ziegel) sinnvoll wäre. Denn ist die Solaranlage erst installiert, sollte diese wenn möglich nicht mehr bewegt werden.
Was raten Sie einem Kunden, der eine Solaranlage kaufen möchte? Wie soll er dabei vorgehen?
Marcel Schürch: Die Solaranlage sollte mindestens den Jahresstromverbrauch des Haushaltes decken können. Deshalb muss er zuerst abklären, ob überhaupt eine genügend grosse Solaranlage aufs Dach passt. Auf einem geeigneten Portal wie zum Beispiel einfachSolar kann er dann prüfen, ob auch die Kosten im Einklang mit den Vorstellungen sind. Zufriedene Kunden gibt es bereits: Familie Illi aus Stallikon optimiert dank den EKZ schon heute den Eigenverbrauch ihres Solarstroms.
Existieren falsche Vorstellungen über Solarenergie, die Sie bei dieser Gelegenheit einmal ausräumen möchten?
Marcel Schürch: Eine Solaranlage ist sehr viel günstiger, als viele meinen. Mithilfe der Einmalvergütung und der Steuerabzüge kostet diese auf einem Einfamilienhaus nur noch knapp mehr als 10’000 Franken.
Gibt es etwas, das Sie uns sonst noch mitteilen möchten?
Marcel Schürch: Es gibt viele Faktoren, welche den Wert einer Solaranlage in Zukunft positiv beeinflussen können. Ich bin überzeugt, dass sich der Strom über die Jahre (wir reden bei einer Solaranlage von einem Zeitraum von 30 Jahren) verteuern wird. Je teurer der eingekaufte Strom, umso mehr lohnt sich der Eigenverbrauch der Solaranlage und umso rentabler wird diese. Zudem gibt es bereits jetzt Bestrebungen, den Verkauf von Solarstrom an Dritte zu ermöglichen. Dies ist heute schon innerhalb eines Grundstückes der Fall, dürfte aber weiter geöffnet werden. Dank diesen Entwicklungen lässt sich die Solaranlage noch rascher amortisieren. Zusätzlich werden wir in Zukunft vermehrt Elektroautos fahren, welche wiederum Strom benötigen. Und nicht zu vergessen, die Einmalvergütung ist aktuell (noch) erhältlich. Alles in allem ist heute der perfekte Zeitpunkt, sich eine Solaranlage anzuschaffen!
Kommentare: Was denken Sie?
Isabelle Nuenninghoff
Vor 7 Jahren
Ich habe über meinen FB-Feed von der EWZ Innovationsidee der «Solar-Cloud» gelesen und dafür gestimmt. Was halten Sie von dieser Idee eines «Energiekontos» zur Selbstnutzung beim eigenen Energieversorger? Aus meiner Laiensicht ein super interessantes Konzept, aber was sagt der Eyperte?
Energie-Experten
Vor 7 Jahren
Guten Tag Frau Nuenninghoff
Sind Sie sicher, dass Sie die Idee in Zusammenhang mit den EWZ wahrgenommen haben? Das Prinzip der Solar-Cloud ist uns vom Energieunternehmen E.ON in Deutschland bekannt. Dieses bietet seit Anfang April 2017 eine Solar-Cloud an. Solarproduzenten können ihren überschüssigen Strom ins Netz einspeisen und – nicht physikalisch, aber in der Summe – zu einem anderen Zeitpunkt wieder nutzen. Das Prinzip dieses virtuellen Speichers gleicht einem Bankkonto, auf welches man Geld einzahlt und später wieder bezieht. Dort erhält man auch nicht zwingend die gleichen Banknoten zurück. Für diesen Dienst zahlt man eine monatliche Gebühr. Die Idee ist sicher interessant, vor allem, wenn es zukünftig möglich ist, Elektrofahrzeuge unterwegs mit dem eigenen Solarstrom zu tanken. Wer heute schon mehr seines eigenen Solarstroms nutzen möchte, kann dies dank einer Steuerung oder Heimbatterie ganz einfach machen. Dabei wird z.B. mit der Steuerung der Boiler automatisch dann eingeschaltet, wenn genügend Solarstrom auf dem eigenen Dach produziert wird. Dieser Strom muss nicht eingespeist und später wieder aus dem Netz bezogen werden. So spart man Geld ohne Komforteinbusse und nutzt tatsächlich auch physikalisch den eigenen Solarstrom. Heimbatterien, die den überschüssigen Strom im Keller speichern können, werden übrigens zunehmend günstiger.
Gerhard Varga
Vor 7 Jahren
Ich hab mal eine Frage, gerne möchte ich auf mein Dach eine Photovoltaikanlage bauen inkl. Stromspeicher im Keller. Nun hab ich gehört dass anscheinend die vielen kleinen Anlagen ein Problem darstellen weil sie zuviel produzieren und damit das Netz instabil werden lassen, das ist dann ein Problem. Nun möchten die EWZ’s die kleinen privaten Photovoltaikanlagen übers Netz steuern können, also wie die Umschaltung Hochtarif/Niedertarif, die iIde sei anscheinend 30/70/100 oder sogar ganz auf Null. Hier ist das Problem vorhanden da nicht alle Hersteller von Wechselrichtern und vor allem Batteriehersteller dies können. Meine Frage nun ist, wenn ich keinen Strom ins Netz einspeisen möchte, also den ganzen Strom nur für mich verbrauche oder halt nicht bin ich ja quasi autark, wenn aber die Sonne nicht schein möchte ich gerne mein Haus übers Netz betreiben, darf man das ja oder nein. Mein Hersteller wunsch wäre E3DC Systeme.
Energie-Experten
Vor 7 Jahren
Guten Tag Herr Varga
Ihre PV-Anlage können Sie getrost ans Netz anschliessen. Das Netz wird dadurch nicht instabil. Erst in einigen Jahren werden die Herausforderungen für die Netzbetreiber zunehmen. Lesen Sie dazu auch unseren Bericht «Wie Regelenergie das Netz stabilisiert»: https://www.energie-experten.ch/de/wohnen/wohnen/wie-regelenergie-das-netz-stabilisiert.html
Hinsichtlich des Zugriffes auf sogenannte Flexibilitäten durch Elektrizitätswerke hat sich durch die Inkraftsetzung des 1. Massnahmenpaketes zur Energiestrategie 2050 etwas geändert. Unter Flexibilitäten versteht man schaltbare Lasten wie z.B. Boiler, Nachtspeicherheizungen, Wärmepumpen aber auch Speicher. Während in der Vergangenheit der Netzbetreiber bestimmen konnte, ob und in welchem Ausmass er auf diese Flexibilitäten zugreift, bestimmt nun der Kunde. Wendet der Netzbetreiber für den Zugriff dabei neue Steuersysteme an, muss er den Kunden um Erlaubnis fragen und die Vergütung für den Zugriff regeln. Hat der Netzbetreiber bestehende Steuersysteme im Einsatz, so kann er weiterhin im gleichen Umfang auf die Flexibilitäten zugreifen, solange der Kunde dies nicht ausdrücklich untersagt. Wir nennen das im Fachjargon „Opt-Out“. Sie haben somit zumindest das Recht, jeglichen Zugriff durch den Netzbetreiber auf Ihre Anlagen (PV-Anlagen, Speicher, etc.) zu verweigern. Möglicherweise ist dies allerdings mit einem höheren Tarif verbunden. Darüber sollten Sie sich vorher informieren. Geregelt ist das Ganze im Artikel 8c der Stromversorgungsverordnung (StromVV).
Die Batterie E3DC, welche Sie kaufen möchten, ist mehr für den Eigenverbrauch optimiert. Sie lässt keinen Eingriff auf das Batteriebetriebsmanagement zu. Ob Ihnen Ihr Elektrizitätswerk Vorgaben in Bezug auf das Batteriemodell macht, müssen Sie individuell abklären. Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Haushalte im Versorgungsgebiet der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich von dieser Art der Lastregelung nicht betroffen sind.
Ich hoffe, Ihnen damit einen Anhaltspunkt gegeben zu haben.
Freundliche Grüsse
Ihre Energie-Experten
Gerhard Ströhle
Vor 4 Jahren
Welche Batterie Technologie ist heute Stand der Technik? Es gibt Batterien die werden mit AC, andere wiederum mit DC Strom geladen. Welche Technologie macht mehr Sinn?
Energie-Experten
Vor 4 Jahren
Hallo Herr Ströhle. Im Bereich Stromspeicher setzen unsere Kollegen bei EKZ i.d.R. auf Lithium-Ionen-Batterien. Vorteile:
• Lange Lebensdauer dank intelligenter Ladestrategie
• Batterierwirkungsgrad von über 99%
• Batterie schaltet schnell ein und aus
• Wartungsfrei
• Anschluss an dreiphasige Wechselrichter möglich
Mehr dazu unter https://www.ekz.ch/de/private/strom-produzieren/batterie.html#batterieekz
Der DC-Speicher wird vor dem Wechselrichter installiert und speichert direkt den Gleichstrom aus der Anlage. Die Umwandlung in Wechselstrom erfolgt erst bei der Abgabe an das Hausstromnetz. Dadurch werden Umwandlungsverluste minimiert und ein Gesamtwirkungsgrad von 93 % beim Laden und Entladen ist möglich. Der Stromspeicher kann auch nachgerüstet werden.
Sicher gibt es auch gute Gründe für andere Lösungen, am besten lassen Sie sich von Spezialisten für Ihre individuelle Situation beraten.