Abstimmung ist wichtige Form der Partizipation
Politische Partizipation kann vielerlei bedeuten: Sie reicht von Informationsbroschüren über Bürgerpanels und Fokusgruppen bis hin zur Volksabstimmung. Ökonomische Eingebundenheit wiederum kann Erträge aus der geplanten Anlage oder neue Arbeitsplätze für die Gemeinde umfassen – aber auch Investitionskosten.
Je mehr Bürgerinnen und Bürger von Beginn in ein Projekt involviert sind, desto grösser dürfte tendenziell die Akzeptanz ausfallen, vermuteten Stadelmann-Steffen und Dermont in ihrer Studie. Dabei gehe es vielleicht nicht nur darum, dass die eigenen Bedenken berücksichtigt würden und in entsprechende Anpassungen am Projekt mündeten, sondern ganz grundsätzlich um das Gefühl, dass man gehört werde und der Projektprozess fair verlaufe. Allerdings dürfte die politische und ökonomische Eingebundenheit nicht für jeden und jede gleich wichtig sein. Deren Gewicht hängt wohl auch davon ab, ob jemand bereits mit einer klaren Meinung an das Vorhaben herantritt.
Um ihre Hypothesen zu untersuchen, stützten sich die Autoren auf die Ergebnisse einer Umfrage mit mehreren tausend Personen. Sie stellten fest:
Gerade in der Schweiz reicht der Informationsaustausch zwischen Projektverantwortlichen und Bevölkerung in der Regel nicht aus, um die Akzeptanz zu erhöhen.
Diese nimmt nur zu, wenn man auch die Möglichkeit hat, über ein Projekt abzustimmen. Besonders gelte das für diejenigen Personen, die einem Vorhaben unentschlossen gegenüberstehen, schreiben Stadelmann-Steffen und Dermont. Aber auch für klare Gegner macht das Recht, die eigene Stimme abzugeben, einen Unterschied: Es hat das Potenzial, diese Gruppe in die Diskussion und den Projektprozess miteinzubeziehen. An der Haltung der Befürworter hingegen ändern die verschiedenen Varianten der Mitsprache nichts.
Unmittelbare Kosten haben mehr Einfluss als künftige Erträge
Die Folgen der wirtschaftlichen Partizipation einer Gemeinde verlaufen hingegen nicht immer so geradlinig, wie die beiden Forscher zu bedenken geben. Dabei würde man meinen, dass die Aussicht auf einen Zustupf für die Gemeindekasse selbst bei jenen die Akzeptanz von Energie-Projekten fördert, die mit Umweltfragen gar nicht viel am Hut haben. Zwar wirke sich der Ausblick auf einen finanziellen Gewinn gerade beim ambivalenten Teil der Bevölkerung tatsächlich positiv aus, so Stadelmann-Steffen und Dermont. Allerdings würden kurzfristige Kosten diesen Effekt wieder zunichte machen – selbst wenn sie deutlich tiefer ausfielen als der Nutzen auf lange Zeit. Hinzu kommt:
Sogar ausgesprochene Befürworter lassen sich von unmittelbar anstehenden Investitionen unter Umständen abschrecken.
Umgekehrt reicht bei Gegnern selbst die Aussicht auf finanzielle Erträge oftmals nicht aus, um sie von einem Projekt zu überzeugen. Eine mögliche Erklärung dafür liegt laut den Autoren in der grossen Unsicherheit, mit der diese künftigen Gewinne behaftet seien. Wie hoch die Erträge für die Gemeinde letztlich ausfallen oder wie viele neuen Stellen geschaffen werden, hängt von volatilen Faktoren wie Energiepreisen oder Marktregulierungen ab.
Standort und ökologische Auswirkungen der Anlage sind noch wichtiger
Politische und wirtschaftliche Partizipation spielen zweifelsohne eine Rolle, wenn es um die soziale Akzeptanz von lokalen Infrastrukturvorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien geht. Allerdings sei der Einfluss eher moderat, kommen Stadelmann-Steffen und Dermont in ihrem Beitrag zum Schluss. Projektbezogene Aspekte wie der Standort der neuen Infrastruktur oder deren ökologische Auswirkungen hätten nach wie vor deutlich mehr Gewicht.
Kommentare: Was denken Sie?
Orhan Üstün
Vor 3 Jahren
Man sollte diese Problematik nicht so komplex betrachten, obwohl die obigen Erklärungen weitgehend berechtigt sind: einer von Hauptgründen ist die Mentalität gewisser mehrheitlichen Schichten, nämlich Sturheit, Angst vor Veränderungen, eigensinnige Interessen, Unwissenheit, Besserwisserei usw. Ich erfahre seit über 50 Jahren öfters diese Problematik!!!
susanne roe
Vor 3 Jahren
Ein wichtiger Beitrag – und man hofft, dass die Wissenschaft auch bei der Stange bleibt und Technologieoffenheit nicht zum Unwort verkommt – wie im großen Nachbar»Kanton» Deutschland. Wo Musk fast zum Heilsbringer hochstilisiert wird – weil das ja Arbeitsplätze bringe… Von VW Chef Diess wird Musk zumindest hoch gelobt…
Jann Flütsch
Vor 3 Jahren
Ein guter Bericht,der die Sachlage exakt beschreibt. Unser Solarkraftwek in St.Antönien scheiterte bis anhin genau an diesen Problemen. Kurzfristige Gewinnoptimierung verhindern innovative Vorhaben, weil man der Zeit immer einen Schritt voraus sein muss. Die Investoren warten aber bis genügend Rendite angezeigt ist.
Die öffentliche Hand ist hier gefordert. Zumal die gesetzlichen Bestimmungen ja nun gegeben sind.