Smarte Materialien für die Energiewende mit grünem Wasserstoff

Wie erreichen wir die Energiewende? Ein Lockdown nach dem anderen kann nicht die Lösung sein. Neue Studien zeigen, dass Strom aus Photovoltaik – in speicherbare Form gebracht – ein entscheidender Baustein für die Energieversorgung der Zukunft ist. Energie würde letztlich nicht mehr kosten als heute und auch bei wachsendem Gesamtbedarf sollten die Pariser Klimaziele erreichbar sein. Was trägt die OST dazu bei?

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Die Klimakrise macht wegen Corona keine Pause, es gilt, den Umbau unserer Energieversorgung voranzutreiben. Jede Krise ist aber auch eine Chance: Die angewandte Forschung und Entwicklung der Ostschweizer Fachhochschule OST nutzt sie, um Industriepartner und Fördergeber mit innovativen Konzepten zu überzeugen. Die in Rapperswil entwickelten «SmartCat»-Katalysatoren bieten vielversprechende Einsatzmöglichkeiten in Anwendungen wie Carbon Capture Utilization (CCU) und Power-to-X (PtX). Dank diesen «Smart Materials» können beispielsweise Biogasanlagenbauer erstmals eine 100-prozentige Umwandlung von Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoff (H2) zu erneuerbarem Methan erreichen. Ein Wirkungsgradrekord, der seinesgleichen sucht.

Energieumwandlung von erneuerbar zu speicherbar

Für die Energieversorgung der Zukunft gilt es, Strom aus erneuerbaren Quellen via Power-to-Gas-Prozesse (PtG) in einen speicherbaren Energieträger wie Wasserstoff umzuwandeln und damit langfristig speicherbar und verfügbar zu machen. Grüner Wasserstoff ist heute noch rar und teuer, auch wegen der Netzgebühren, doch je mehr Strom aus erneuerbaren Quellen verfügbar wird, umso billiger wird er sich durch Elektrolyse künftig erzeugen lassen. Für die Speicherung wäre die bestehende Gas-Infrastruktur eigentlich naheliegend.

Problem: Wasserstoff ins Gasnetz einspeisen

Heute darf im Schweizer Gasnetz ein geringer Anteil von maximal zwei Volumenprozent Wasserstoff mitgeführt werden. Aktuell gibt es Bestrebungen, diesen Wert auf 10 % zu erhöhen, um Wasserstoff überhaupt in signifikanten Mengen transportieren zu können. Zwar würden die Schweizer Erdgasnetze materialtechnisch höhere Anteile als die erlaubten zwei Volumenprozent vertragen, aber die eingesetzten Gasverbraucher wie Erdgasfahrzeuge, Kraftwerke oder Gasbrenner können nicht mit einem beliebigen Wasserstoffgehalt betrieben werden. H2-intensive Gase weisen zum Beispiel abweichende Zündtemperaturen und Flammengeschwindigkeiten auf oder reagieren mit Dichtungsmaterialien im Fahrzeugbau, so dass umfangreiche und teure Infrastrukturänderung im Energie- (Gaskraftwerke) und im Mobilitätssektor (Erdgasfahrzeuge) erforderlich wären.

Lösung: Erneuerbare Energieträger und Power-to-X

Da die Einspeisung von Wasserstoff ins Gasnetz trotzdem nur beschränkt möglich ist, wird die Umwandlung von H2 in synthetisches Erdgas (Methan, CH4) mittels einer CO2-Methanisierung diskutiert. Indem man erneuerbaren Wasserstoff zusammen mit CO2 zu Methan umwandelt, erschliesst sich der Vorteil, dass die bestehende Endverbraucher-Infrastruktur, die auf CH4 angepasst ist, verwendet werden kann.

Drei Viertel der Schweizer Bevölkerung wohnt in einer Gemeinde, die mit dem unterirdischen Gasnetz von rund 20’000 km Länge verbunden ist. (Foto: VSG)

Was sind Smart Materials?

An der OST in Rapperswil erforscht und entwickelt das Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik UMTEC neue Materialien, Katalysatoren und Verfahren für die Umwelt- und Energieverfahrenstechnik. Die Gruppe «Advanced Materials & Processes» von Prof. Dr. Andre Heel entwickelt Katalysatoren so, dass sich nicht nur Methan, sondern auch Methanol, Ameisensäure, Flugbenzin oder Kerosin und andere chemische Vorläufer für Treibstoffe und Chemikalien erzeugen lassen. Gerade die letztgenannten Substanzen weisen eine wesentlich attraktivere Wertschöpfungskette und Rentabilität auf, weil diese auf dem Rohstoffmarkt teurer sind als Methan. Mit der zunehmenden Einbindung von neuen Produkten stellen sich aber auch weitere Fragen, denen sich das UMTEC widmet: Woher stammt all das CO2 für diesen Prozess und wie lässt es sich dann wirtschaftlich und vor allem deutlich effizienter nutzen? Genau hier setzen die Entwicklungsarbeiten zu innovativen Materialien, Katalysatoren und Verfahrenskonzepten in Form einer sogenannten «Sorptionskatalyse» an. Smart sind die Katalysatoren, weil sie auf bestimmte Betriebsbedingungen «reagieren» und materialintrinsische Effekte ausgenutzt werden, die in ganz speziellen Eigenschaften resultieren: Hier ein ausserordentlich hoher Wirkungsgrad.

In einem weiteren Beitrag werden wir den SmartCat und seine Anwendungsmöglichkeiten genauer erklären:

Methanisierung von Wasserstoff: So funktioniert der SmartCat