«Licht ist eine Technik, die ganz nah am Menschen ist»

Fachkräfte für Lichtplanung sorgen für ideale Beleuchtung in Büroräumen, Industriehallen oder Restaurants, aber auch für sichere und gut sichtbare Strassen und Plätze. Was gehört alles zu ihrer Ausbildung?

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Ein Mann und eine Frau beugen sich am Bürotisch über Pläne

Gino Gabriele ist Leiter SLG College bei der Schweizer Licht Gesellschaft SLG und erklärt, was die angehenden Fachleute in den Modulen zur Lichtplanung lernen – und welche Rolle dabei das Thema Energieeffizienz, aber auch psychologische Faktoren einnehmen.

Lächelnder Mann mit graumeliertem Bart

Energie-Experten: Was machen Fachleute für Lichtplanung alles?

Gino Gabriele: Wir unterscheiden zwischen Lichtspezialistinnen und Lichtspezialisten für den Aussenbereich und Lichtplanerinnen und Lichtplanern für den Innenbereich: Erstere beleuchten Strassen und Plätze, aber auch Tunnel oder Sportanlagen. Im Fokus stehen dabei Sicherheit und Sichtbarkeit. Gleichzeitig sind Lösungen gefragt, die den Einfluss von künstlichem Licht auf Flora und Fauna möglichst klein halten.

Fachleute für Innenräume dagegen beschäftigen sich vorwiegend mit der Beleuchtung von Bürogebäuden, Industriehallen oder Restaurants. Sie schaffen ganze Lichtwelten und arbeiten viel mit Architektinnen und Architekten zusammen. Sie betrachten Licht nicht nur aus technischer, sondern auch aus physiologischer und psychologischer Perspektive.

Was ist mit physiologischer und psychologischer Perspektive gemeint?

Gabriele: Licht hat einen grossen Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit. Natürlich können wir auch in einem falsch beleuchteten Büro relativ lange arbeiten, unser Sehvermögen ist enorm anpassungsfähig – aber schlechte Bedingungen werden mit der Zeit sehr anstrengend. Kopfschmerzen und Augenbrennen sind nur zwei von vielen möglichen Konsequenzen einer falschen Beleuchtung.

Weinlokal mit geschmackvoller Einrichtung und vielfältigem Licht: Deckenspots, Dekolicht im Stil von Glühbirnen und Hängeleuchten, aber auch Tageslicht durch ein Fenster
In der Gastronomie ist die Beleuchtung mitverantwortlich für den Geschmack. (Foto: Shutterstock / Alexey Shmul)

Was die psychologische Seite betrifft, kann ich mich zum Beispiel gut an einen Restaurantbesuch mit der Familie zu Ostern erinnern: Die Atmosphäre wurde an diesem Abend immer unruhiger, und selbst das Essen schmeckte nicht wie sonst. Der Grund: Die ganze Zeit hatten die neu installierten Leuchten über uns geflimmert. Man darf nicht vergessen: Wir nehmen 80 Prozent aller Informationen aus unserer Umwelt über die Augen auf.

Aus welchen Bereichen kommen die angehenden Beleuchtungsplanerinnen und Beleuchtungsplaner?

Gabriele: Unsere Module werden von Innenausstattern, Landschaftsarchitektinnen und Küchenbauern besucht – die Mehrheit kommt aber aus Elektroberufen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie alle Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind. Es gibt leider immer noch keine Grundausbildung, und lange war die Lichtplanung auch kein eigener Beruf.

Früher wurden Aufgaben rund um die Beleuchtung meistens vom Elektriker übernommen.

Früher wurden Aufgaben rund um die Beleuchtung meistens vom Elektriker übernommen: Kreuz an die Decke, Kabel ziehen, Leuchte montieren. Hauptsache, es war am Schluss hell genug. Das reicht heute längst nicht mehr.

Lichtplanende berücksichtigen viel mehr Faktoren und gehen subtiler vor, minimalinvasiv, könnte man es auch nennen. Nehmen wir als Beispiel die Küche: Früher war sie einfach ein funktionaler Raum, heute geht es auch stark um Wohnlichkeit. Für genug Licht beim Kochen reicht eine Unterschrankleuchte oftmals vollkommen aus – doch bringt sie auch die Stimmung, die ich mir wünsche? Licht gehört neben Heizung oder Lüftung zu jenen Bereichen der Haustechnik, die ganz nah am Menschen sind.

Strassentunnel mit zwei Fahrbahnen und Streifenförmiger Beleuchtung in der Deckenmitte, Verkehrsschildern sowie Lichtsignalen für Tempolimiten. Tageslicht ist vom Ausgang her zu erahnen.
Bei der Tunnelbeleuchtung steht die Sicherheit des Verkehrs an oberster Stelle. (Foto: Shutterstock / Alex Cimbal)

LED und Sensoren für mehr Licht-Effizienz

Energieeffizienz wird auch im Zusammenhang mit Licht ein immer wichtigeres Thema.

Gabriele: In keinem Bereich kann soviel und so einfach Strom gespart werden wie bei der Beleuchtung. Mit effizienten LED-Leuchtmitteln, wirkungsvollen Bewegungssensoren und optimaler Tageslichtnutzung lässt sich der Stromverbrauch für Beleuchtung massiv senken. Die Zeiten sind vorbei, in denen der Hauswart das ganze Schulgelände abschreiten musste, um alle Lichter zu löschen.

Viele Beleuchtungslösungen benötigen heute dank Sensorik halb so viel Energie wie früher.

Viele Beleuchtungslösungen benötigen heute dank Sensorik halb so viel Energie wie früher und sind gleich gut oder sogar besser. Bereits 2018 haben mehrere Branchenvertreter in Davos deshalb die Lichtinitiative energylight unterzeichnet, die auch von EnergieSchweiz unterstützt wird. Das erklärte Ziel des Projekts: 3,5 TWh oder 500 Millionen Franken pro Jahr einsparen.

Bis 2025 soll dank der Initiative energylight der Energiebedarf der Beleuchtung halbiert werden. (Grafik: SLG)

Lichtplanung kann man lernen

Wie hoch ist der Frauenanteil im Lehrgang Lichtplanung?

Gabriele: Leider haben wir immer noch viel zu wenige Lichtplanerinnen und Lichtspezialistinnen. Ihr Anteil liegt heute bei knapp 10 Prozent. Dabei sehen wir in unserem Lehrgang immer wieder, dass gerade Frauen das Thema Licht oft weiterdenken und nicht nur aus der technischen Warte betrachten. Das entspricht ganz unserem Wunsch, der Lichtgestaltung künftig mehr Platz in unseren Modulen einzuräumen.

Wo trifft man Lichtplanende später im Berufsalltag an?

Gabriele: Unsere Fachleute arbeiten mehrheitlich in Lichtplanungsbüros, der Beleuchtungsindustrie und in Elektroplanungsbüros. Beleuchtungstechnikerinnen und Beleuchtungstechniker sind aber auch für Energieunternehmen, Architekturbüros, Innenausstatter oder spezialisierte Ämter tätig. Der Beruf kann sowohl im Teilzeitpensum als auch Vollzeit ausgeübt werden, das hängt auch von der Leidenschaft für das Thema ab. Klar ist: Absolventinnen und Absolventen einer Berufsprüfung haben Vorteile, wenn es um Karrierechancen und Lohnentwicklung geht. Lichtplanende kommen aus der Praxis – und bringen eine Ausbildung für komplexe Aufgaben mit: Das macht sie zu begehrten Profis auf dem heutigen Arbeitsmarkt.

SLG Lehrgang für Lichtplanende

Die Weiterbildung der Schweizer Licht Gesellschaft SLG auf Stufe eidgenössischer Fachausweis gliedert sich in drei Module. Nach einem gemeinsamen ersten Modul zur Einführung in das Thema entscheiden sich die angehenden Fachleute für den Innen- oder Aussenbereich.

In den Modulen 2 und 3 wird das entsprechende Fachwissen vertieft und konsolidiert. Den Abschluss bilden die eidgenössischen Berufsprüfungen zu Lichtplaner und Lichtplanerin (Innen) oder zu Lichtspezialist und Lichtspezialistin (Aussen).

Wie lange dauert eine Weiterbildung in Lichtplanung?

Der modulare Aufbau ermöglicht, die Ausbildung im eigenen Tempo zu absolvieren; im schnellsten Fall dauert sie etwa 18 Monate. SLG-Mitglieder zahlen je nach Modul zwischen 3500 und 5500 Franken, dazu kommen 1700 Franken für die Berufsprüfung. Die Hälfte der Kurskosten wird nach absolvierter Berufsprüfung vom Staat zurückerstattet.

Die Ausbildung kann in Olten oder in Lausanne absolviert werden. Angehende Beleuchtungsplanende lernen in dieser Weiterbildung nicht nur nicht nur lichttechnische Grundlagen kennen, sondern erwerben auch Kenntnisse zu energieeffizienter Lichtplanung oder etwa zur Wirkung des Lichts auf die Psyche. Sie eignen sich ausserdem die fachlichen und methodischen Fähigkeiten an, um Beleuchtungsprojekte zu erarbeiten oder zu beurteilen.