Klima: Beim Heizen sind grosse Schweizer Städte schlecht unterwegs

Zürich hat sich zum Klimaschutz verpflichtet und strebt die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft an. Doch in einigen Bereichen ist die Stadt sehr schlecht unterwegs. Zum Beispiel beim Ersetzen alter Heizungen mit umweltfreundlicheren Systemen.

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Vom gesamten Energieverbrauch der Schweiz gehen etwa 45 Prozent auf das Konto von Gebäuden. Und diese verbrauchen etwa zwei Drittel der Energie zum Heizen. Das geschieht heute noch vor allem auf klimaschädliche Weise mit fossilen Energieträgern: 57 Prozent der Mehrfamilienhäuser und 47 Prozent aller Einfamilienhäuser werden mit Heizöl beheizt.

Natürlich ergibt es keinen Sinn, eine fossile Heizung rauszureissen und der Umwelt zuliebe zu ersetzen. Denn in diesen Anlagen selbst steckt ja auch Energie, die man für deren Herstellung aufgewendet hat – sogenannte graue Energie. Aber irgendwann gibt die fossil betriebene Heizung den Geist auf, oder sie ist so veraltet, dass sie ersetzt werden muss. Das wäre der ideale Zeitpunkt, um auf erneuerbare Energien umzusteigen. Also Erdsonden, Wärmepumpen, Holz – oder auch Fernwärme aus der Abfallverbrennung. Wird das in der Praxis gemacht?
Nein.

Ersatz für Öl- und Gasheizungen: Gas- und Ölheizungen

Beziehungsweise viel zu selten. Das zeigt der Schlussbericht des Programms Energieforschung Stadt Zürich.
Hier werden alte Gasheizungen in 91 Prozent der Fälle mit einer neuen Gasheizung ersetzt. Alte Ölheizungen werden entweder in mehr als der Hälfte der Fälle durch Gasheizungen ersetzt, ein Viertel wieder durch eine Ölheizung. Insgesamt heisst das in 88 86 Prozent aller Fälle: fossiles Heizsystem raus, fossiles Heizsystem rein.

Statistik 2010 bis 2018: Energieträger der neuen Heizung

Prozentangaben beziehen sich auf die ersetzten Heizungen

Anzahl ersetzte Heizungen   Gas Heizöl  Holz Fernwärme Wärmepumpe
4063 Gasheizungen 91 % 1 % 0 % 3 % 6 %
4666 Ölheizungen 54 % 26 % 0 % 6 % 13 %
   7 Holzheizungen 29 % 0 % 71 % 0 % 0 %
8736 Heizungen total 71 % 14 % 0 % 5 % 10 %
Die Wahl des Energieträgers beim Heizungsersatz zwischen 2010 und 2018 in der Stadt Zürich. Nicht enthalten sind Wechsel von nicht-fossilen zu fossilen und zu nicht-fossilen Energieträgern. (Datenquelle: Energieforschung Stadt Zürich)

Allerdings steht Zürich mit dieser miesen Bilanz nicht alleine da. Im Forschungsprogramm wurden die Resultate mit Basel, St. Gallen und Winterthur verglichen.

Wärmepumpen in Städten noch kaum ein Thema

In grösseren Städten ist beim Heizungsersatz der Ersatz von fossilen durch erneuerbare Energieträger die Ausnahme. Einzig in dem vergleichsweise ländlichen Köniz wird der Wechsel von fossil zu erneuerbar beim Heizungsersatz öfter vollzogen, wobei dort vor allem Wärmepumpen und Holzheizungen zum Einsatz kommen. Aber auch hier erfolgt immer noch über die Hälfte der Heizungswechsel von fossilen zu fossilen Systemen.
Das ist ganz und gar keine Klimapolitik.
Aber warum ist das so?

Vergleich der Energieträgerwechsel auf Gebäudeebene zwischen Zürich, Basel, St. Gallen, Winterthur und Köniz zwischen 2010 bis 2018 (Winterthur 2014 bis 2018). (Grafik: Energieforschung Stadt Zürich)

Alternativen nicht geprüft und schlecht informiert

Im Forschungsprogramm wurden 530 Personen in der Stadt Zürich befragt, welches die wichtigsten Faktoren bei der Wahl des Heizsystems sind. Gut die Hälfte der Befragten hat vor dem Ersatz der Heizung nicht mal geprüft, ob für sie ein erneuerbarer Energieträger überhaupt in Frage kommt. Die meisten Eigentümer wissen nicht, ob beispielsweise der Einsatz einer Wärmepumpe an ihrem Standort möglich wäre.

Neben der schlechten Information hemmen noch weitere Faktoren den Umstieg auf klimafreundlicheres Heizen: die Höhe der Investitionskosten, die zu erwartenden Unterhalts- und Betriebskosten sowie technisch ungünstige Voraussetzungen des Gebäudes.

Behörden, Fachleute und Verwaltungen müssen frühzeitig informieren

Um dem Klimakurs der Stadt Zürich mehr Schub zu geben, müssen die Eigentümerschaften besser informiert werden, sensibilisiert. Und zwar nicht, wenn die Heizung schon kaputt ist, sondern möglichst frühzeitig, damit man Zeit zum Entscheiden hat. Das ist besonders leicht bei institutionellen Eigentümerschaften, denn die sind erstens gut organisiert, leicht zu finden, und wenn man einen überzeugt hat, hat man gleich eine ganze Anzahl Wohnungen auf klimafreundlich umgestellt.

Nach der Zürcher Forschungsoffensive muss nun die Informationsoffensive folgen. Aber nicht nur die Stadt muss informieren, auch alle Fachleute aus der Heizungsbranche sowie die Hausverwaltungen müssen ihre Kunden beim Wechsel der Heizung auf die Alternativen aufmerksam machen und nicht einfach das alte System durch ein veraltetes ersetzen. Damit die Stadt Zürich die Klimaziele, die die Bevölkerung abgesegnet hat, erreicht.